Schwarz wie Samt
hatte nie einen Zweifel gehegt, dass es dabei bleiben würde.
Er hatte sich wieder auf seinen Ebenholzstuhl gesetzt mit einem Buch in der Hand. Er sah mich nicht an und blickte konzentriert auf die aufgeschlagenen Seiten. Ich wusste, dass es keinen Sinn hatte, weiter in ihn zu dringen. Er würde mir keine vernünftige Antwort geben.
Am nächsten Morgen hatte ich einen Termin im Krankenhaus zu einer Untersuchung. Ich hatte zwei Wochen gebraucht, bis ich einen europäischen Arzt ausfindig gemacht hatte, der gynäkologische Untersuchungen durchführte. Meine Blutungen waren seit zwei Zyklen ausgeblieben und ich hatte es auf den Stress und die Klimaumstellung geschoben. Doch allmählich kamen mir Zweifel, ob ich nicht doch schwanger war. Außerdem hatte ich in den letzten Tagen immer wieder leichte Schwindelanfälle, die zwar sofort wieder vorüber gingen, mich aber doch etwas beunruhigten.
Salman hatte ich von meiner Vermutung noch nichts mitgeteilt, denn mich plagten schreckliche Zweifel. Was, wenn ich durch die Sache mit Marek schwanger geworden war? In meiner Unvorsichtigkeit hatte ich nicht verhütet und auch die Pille hatte ich nie genommen, da ich mir eigentlich von Salman ein Kind wünschte. Ich musste unbedingt mit einem Arzt darüber sprechen. Vielleicht war es möglich, als Weiße auch von einem Schwarzen ein weißes Kind zur Welt zu bringen.
Hier in Kairo erschien es mir wie ein böser Traum, dass ich mich hatte so hinreißen lassen. Doch im Rückblick konnte ich die Sache mit Marek auch so erklären, dass ich schrecklich enttäuscht von Salman war und Marek mir in diesem Augenblick genau das gegeben hatte, was ich brauchte: Zuwendung und Selbstbestätigung. Aber es war nun einmal geschehen und ich musste sehen, wie ich die Angelegenheit geregelt bekam.
Der Arzt im Klinikum war zu meiner Überraschung ein Schwarzer, obwohl er Keller hieß. Bevor er die Untersuchungen durchführte, sprach er lange mit mir. Ich erzählte ihm von meinem Verdacht der Schwangerschaft und fragte auch nach der Möglichkeit, evtl. ein weißes Kind zu bekommen.
Dr. Keller lächelte mich an und sagte: „Ich bin auch mit einer weißen Frau verheiratet und habe drei Kinder. Zwei davon haben meine Hautfarbe und unser jüngstes Kind hat die Hautfarbe meiner Frau.“ Damit war meine Frage beantwortet. Es war also alles möglich.
Er untersuchte mich sehr gewissenhaft und als ich aus dem Labor noch einmal zu ihm gerufen wurde, sagte er mit ernster Miene: „Die gute Nachricht zuerst: „Sie sind schwanger, ich gratuliere!“ Dann senkte er seine Stimme: „Leider habe ich am Muttermund eine Veränderung festgestellt, die unbedingt weiterer Untersuchungen bedarf. Es kann sich um eine harmlose Wucherung handeln, aber wir müssen der Sache unbedingt auf den Grund gehen. Dazu ist ein stationärer Aufenthalt von ein bis zwei Tagen sinnvoll.“
Dr. Keller war aufgestanden und rief nach einer Schwester. Er sagte zu ihr gewandt: „Bitte geben Sie Frau Martinez so bald wie möglich einen Termin für eine Gewebeprobe und nehmen sie ihr nochmal Blut ab.“
Ich saß wie versteinert auf meinem Stuhl. Dr. Keller ging auf mich zu und streckte mir die Hand entgegen: „Vereinbaren Sie einen Termin und dann sehen wir uns bald wieder. Machen Sie sich keine Sorgen, wir werden es abklären!“, sagte er in freundlichem Ton, indem er mich sanft aus seinem Sprechzimmer schob. Die Schwester nahm mich mit in ein kleines Zimmer, das voll gesteckt mit Aktenordnern war. Sie blätterte in einem Terminkalender und schlug mir drei Termine vor. Wie in Trance entschied ich mich für den frühesten Zeitpunkt. Dann stach sie noch einmal in meinen Arm und füllte mehrere Ampullen mit Blut.
Als ich wieder auf der Straße stand und der Verkehr an mir vorbei rauschte, merkte ich erst, dass ich am ganzen Körper nassgeschwitzt war. Was sollte das heißen: „Ich hatte eine Wucherung?“ Dieses eine Wort hatte mich in Panik versetzt. Von den Gesprächen, die meine Mutter in ihren Freundinnen geführt hatte, war es mir in Erinnerung geblieben. Es hatte nie etwas Gutes verheißen. Sie hatten es im Zusammenhang mit Krebs genannt und hinter vorgehaltener Hand und gedämpfter Stimme von bösartigen Wucherungen gesprochen. Was wenn auch meine Wucherung bösartig war? Würde ich trotzdem ein Kind bekommen können? Plötzlich drängten sich mir tausend Fragen auf, die ich dem Arzt hätte stellen können, doch es war zu spät.
Immer noch schwitzend und zittrig lief ich zu einem
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