Schwarz wie Samt
meiner Haut zu brennen und Schweiß brach mir aus allen Poren. Als wir die Einfahrt über den knirschenden Kies hinauffuhren, sah ich meine Mutter bereits am Fenster stehen. Sie hatte nach mir Ausschau gehalten. Ich stieg aus und wir umarmten uns, wie wenn nichts zwischen uns vorgefallen wäre. Ich spürte, dass sie keinen Groll mehr gegen mich hegte. Vielleicht würde sie irgendwann einmal auch Salman so in die Arme schließen. Mein Vater war natürlich beschäftigt, ihn würde ich erst abends sehen. Im Haus war es kühl und meine Mutter hatte ein kleines Festmahl für uns vorbereiten lassen. Ich genoss die wunderbaren frischen Früchte, die feine Pastete aus Antilopenfleisch und den üppigen Nachtisch.
Das Essen, das Shalima für uns gelegentlich kochte, konnte man damit natürlich nicht vergleichen. Es gab immer nur Fisch oder Fleisch mit Gemüse und dazu Hirse oder Reis. Sie kannte nichts anderes und ich konnte nicht kochen. Ich hatte auch keine Lust, es zu erlernen. Salman war Gott sei Dank nicht anspruchsvoll. Er aß immer kommentarlos auf, was Shalima uns vorsetzte. Deshalb genoss ich es umso mehr, so verwöhnt zu werden. Meine Mutter sah mir vergnügt zu, wie ich eine Portion nach der anderen vertilgte. Sie sagte am Ende: „Schön, dass es dir bei uns so gut schmeckt. Du isst ja heute für zwei!“ Ahnte sie etwa, dass ich schwanger war? Ich musste lachen und antwortete: „Du weißt gar nicht wie recht du hast!“
Meine Mutter reagierte erstaunt: „Heißt das, dass du ein Kind erwartest?“
Ich stand auf und ging um den Tisch herum, dabei spannte ich mein Kleid um meinen Bauch und streckte ihn richtig nach vorn. „Sieht man es schon?“, fragte ich mit Augenzwinkern. Das Gesicht meiner Mutter wechselte die Farbe von weiß nach rot und sie versuchte ihre Gesichtszüge in den Griff zu bekommen, doch obwohl ihre Mimik ein Lächeln zeigte, waren ihre Augen kalt wie Eis.
Sie war auch aufgestanden und umarmte mich. Dabei fühlte ich, wie ihr Körper sich versteifte und sie versuchte, ein unterdrücktes Schluchzen zurückzuhalten.
„Aber Mama“, sagte ich, das ist doch kein Grund zur Trauer. Freust du dich denn nicht, Großmutter zu werden?“
Sie ließ mich abrupt los und sah mir entsetzt ins Gesicht: „Großmutter“, echote sie mit schriller Stimme. „Das kann ich mir wirklich nicht vorstellen!“
„Es ist nun mal so“, sagte ich resigniert und setzte mich auf die Couch. „Ich bin auch hierher geflogen, um euch diese Nachricht persönlich zu überbringen und ich hatte gehofft, dass ihr euch darüber freut!“
Meine Mutter blickte geistesabwesend zum Fenster hinaus, wie wenn sie meine Antwort gar nicht gehört hatte. Dann sagte sie kaum vernehmlich: „Musstest du uns das antun?“
Ich konnte nur den Kopf schütteln über so viel Ignoranz. Ohne es verhindern zu können, liefen mir die Tränen herunter. Ich hatte so gehofft, dass sie sich darüber freuen würde. „Wenn das so ist“, sagte ich, werde ich nicht lange bei Euch zu Gast sein. Ich will nur noch mit Vater sprechen heute Abend, und dann seid ihr mich bald wieder los.“
Meine Mutter sah mich stumm an. Sie konnte sich einfach nicht damit abfinden, dass ich mit Salman verheiratet war.
„Hast du gedacht, dass sich Salman irgendwann in Luft auflöst und ich wieder zu euch nach Hause komme?“, fragte ich gereizt. „Ich werde morgen Dr. Abdella wegen einer Diagnose aufsuchen und dann fliege ich mit dem erstbesten Flug, den ich bekommen kann, wieder zurück.“ Ich wartete keine Antwort ab und stand auf, um in mein Zimmer zu gehen, bis ich die Stimme meines Vaters hören würde.
Ich war froh, dass mein Zimmer noch unverändert war. Das Bett hatte seinen üblichen Bezug mit Rüschen und Spitzen, die goldgelben Vorhänge waren geschlossen, um die Sonne abzuhalten und auf meinem Nachttisch lag eine Schachtel mit kandierten Früchten. Ich legte mich auf mein Bett und starrte an die Decke. Trotz der Hitze fröstelte ich und zog mir das Betttuch über die Beine. Wenn ich die Reaktion meiner Mutter vorausgeahnt hätte, wäre ich nicht nach Nairobi gekommen. Ich hätte so dringend jemanden gebraucht, der mir erzählt, wie eine Schwangerschaft verläuft und auf was ich achtgeben sollte. Doch das mit meiner Mutter zu besprechen, die mein Kind schon jetzt ablehnte, war einfach unmöglich. Ausgerechnet sie musste mir Vorwürfe machen. Wenn ich daran dachte, wie übel sie mir und meinem Vater mitgespielt hatte, indem sie uns jahrelang die Wahrheit
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