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Schwarz wie Samt

Schwarz wie Samt

Titel: Schwarz wie Samt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maya Trump
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auf den Springbrunnen, der etwas versteckt zwischen dem Glashaus und der hohen Buchshecke plätscherte, verzauberte mich. Warum konnte nicht alles in diesem Haus so harmonisch sein wie der Garten?
    Meine Mutter erwartete mich mit dem Frühstück. Sie sagte kein Wort mehr zu dem gestrigen Vorfall und wir bemühten uns beide um einen sachlichen Ton. Mein Vater war bereits wieder im Amt und hatte mir auf meinem Frühstücksteller ein Kuvert hinterlassen. Ich öffnete es und hielt ein Geldbündel in Händen und dazu eine Karte mit seiner Schrift: „Mein Liebes“, stand darauf: Verbringe einen schönen Tag und kauf dir eine hübsche Kleinigkeit! Dein Vater. Ich war gerührt von so viel Fürsorge. Er hatte gespürt, wie unglücklich ich war und wollte alles wieder gut machen.
    Ich sagte zu meiner Mutter, die mich beobachtet hatte: „Papa ist unglaublich!“ „Ja, das ist er.“, antwortete sie überzeugt. Ich wagte nicht zu fragen, wie er mit der Nachricht, dass ich nicht seine Tochter war, umgegangen war. Die Beziehung zwischen den beiden erschien mir so normal wie eh und je. Meine Eltern waren Weltmeister, wenn es darum ging, Gefühle zu verbergen oder zu schauspielern. Die internationalen Auftritte hatten beide geprägt: Man sah ihnen nur selten an, wenn etwas nicht stimmte.
    Am Nachmittag hatte ich meinen Termin bei Dr. Abdella. Er erwartete mich in seiner Praxis. Als ich dort ankam, wurde ich sofort am Wartezimmer vorbeigeschleust, das voll von Farbigen war. In einem kleinen Privatzimmer empfing er mich. Er ging mit offenen Armen auf mich zu und sagte: „Ich freue mich, Sie wieder in Nairobi zu sehen. Hier ist es doch am schönsten!“, dabei zwinkerte er mir freundschaftlich zu.
    Mir stand der Schweiß auf der Stirn und meine Gefühlslage war alles andere als froh. Der Doktor ließ mich zunächst Platz nehmen, bevor er mir seine üblichen Fragen stellte: Nebenbei maß er meinen Blutdruck, nahm etwas Blut ab und hörte mich ab. Er behandelte mich wie ein kleines Mädchen, das zum ersten Mal beim Doktor war. Es gab nicht die Routine, die ich in Kairo kennen gelernt hatte. Als ich ihm erzählte, was mir die Ärzte in Kairo gesagt hatten, wiegte er bedenklich seinen Kopf hin und her. „Dann werden wir wohl oder übel einen Abstrich machen müssen“, sagte er.
    „Was hat denn die Untersuchung in Berlin ergeben?“ Dass er mir vor einem Jahr vorgeschlagen hatte, mich dort noch einmal gründlich untersuchen zu lassen, fiel mir erst jetzt wieder ein. In all dem Durcheinander mit meiner Erbschaft hatte ich es immer wieder verschoben und anschließend völlig vergessen.
    Ich log: „Da wurde nichts weiter festgestellt!“
    „Nachdem sie jetzt schwanger sind, können wir keinen Eingriff am Muttermund vornehmen“, sagte er, indem er mich zu seinem Untersuchungsstuhl führte. Aber wir werden wenigstens nachsehen, ob es sich verändert hat.“
    Die Untersuchung dauerte nicht lange, aber als Dr. Abdella mir in die Augen sah, erkannte ich, dass die Ärzte in Kairo doch die Wahrheit gesagt hatten. Er schwieg zunächst und hielt für einen langen Augenblick meine Hand. Dann sagte er: „Diese Veränderungen sind wirklich stark gewachsen und ich fürchte, dass ein Eingriff sofort notwendig ist. Gehen Sie in eine gute Klinik in Deutschland. Sie dürfen nicht mehr länger warten.“ Als mich Dr. Abdella verabschiedete, gab ich ihm meine Adresse in Kairo, damit er mir den ausführlichen Laborbefund dorthin schicken konnte. Ich wollte auf keinen Fall, dass der Brief an meine Eltern geschickt wurde.
    Am gleichen Nachmittag besuchte ich noch Salmanns Vater in unserem Garten. Er war gerade dabei, sich im Glashaus seine normale Kleidung anzuziehen, als ich ihn begrüßte. Er sah mich freundlich an und sagte: „Wie schön, dass Salman bald wieder Vater wird! Auch ich freue mich sehr und hoffe, dass es ihnen gut geht.“ Salman hatte also bereits seinem Vater davon berichtet, ohne dass er mir etwas davon gesagt hatte. Wie wichtig musste ihm dieses Kind sein, schoss es mir durch den Kopf.
    Mr. Martinez sah unter seinem Strohhut noch kleiner aus, als er wirklich war. Seine Haut schien aus zähem Leder zu sein, seine Wangenknochen wurden davon knapp umspannt. Wenn er lachte, entblößte er lange gelbe Zähne und seine kleinen Augen wurden zu schmalen Schlitzen. Ich konnte noch immer nicht verstehen, wie ein so hässlicher Mann einen so schönen Sohn haben konnte. Aber vielleicht ging Salman nach seiner Mutter, die ich nie kennen gelernt

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