Schwarz wie Samt
hatte.
Die letzten zwei Tage meines Aufenthalts in Nairobi vergingen wie im Flug und ich sehnte mich wieder nach Salman und nach dem angenehmen Klima in Kairo. Mein Platz war neben Salman. Nachdem ich seinen Namen in meinem Elternhaus kaum erwähnen konnte, ohne von meiner Mutter mit Missachtung bestraft zu werden, gab es kaum mehr etwas, über das ich mich mit ihr unterhalten konnte. Meine Vorfreude auf das Kind teilte sie auch nicht und so fühlte ich mich überflüssig.
Allein, um den Luxus dieses Heims zu genießen, war ich nicht nach Nairobi gekommen. In diesen paar Tagen war mir klar geworden, dass ich hier nicht mehr zu Hause war. Doch um meinen Vater tat es mir leid. Er hatte alles getan, um mir den Aufenthalt so angenehm wie möglich zu machen. Von dem Geld, das er mir geschenkt hatte, hatte ich mir einen bodenlangen Mantel aus Antilopenfell gekauft, den ich wahrscheinlich erst wieder in Berlin anziehen konnte. Er war schon jetzt ein Erinnerungsstück an ihn und seine Großzügigkeit. Ich verließ Nairobi in dem Bewusstsein, dorthin vielleicht nie mehr zurückzukehren. Der Blick aus dem Flugzeug beim Start der Maschine, als in der Ferne der Kilimandscharo aufragte, erschien mir wie ein Bild aus einer Welt, die ich soeben für immer verlassen würde. Ich lehnte mich in meinem Sitz zurück und schloss die Augen. So wollte ich dieses Land in Erinnerung behalten.
Wir hatten einen unruhigen Flug. Es gab Sturm und Gewitter. Das Flugzeug flog von einer Turbulenz in die andere. Neben mir saß eine junge Afrikanerin, die anscheinend zum ersten Mal flog. Sie krallte sich an ihrem Sitz fest und war kreidebleich. Ich versuchte sie zu beruhigen, aber mir selbst ging es auch nicht besonders gut. Ich hatte Rückenschmerzen, die immer schlimmer wurden, je näher wir Kairo kamen.
Als ich das Flugzeug verließ, war ich diejenige, die kaum mehr gehen konnte. Die junge Afrikanerin stützte mich und übergab mich Salman, der bereits auf mich wartete.
„Was ist mit dir los?“, fragte er mit besorgtem Gesichtsausdruck. „Ich weiß es nicht, mir ist der Flug anscheinend nicht bekommen. Wir hatten starke Turbulenzen!“, sagte ich. Salman führte mich zu einem Taxi und wir fuhren nach Hause. Die Schmerzen hatten sich inzwischen auch auf den Bauch ausgebreitet und ich sagte zu Salman, als er mir aus dem Taxi half: „Schnell, ich muss mich unbedingt hinlegen.“
Mit Mühe schafften wir es noch in unsere Wohnung, dann brach ich zusammen. Salman legte mich auf unser Bett und ich krümmte mich vor Schmerzen. Dann fühlte ich plötzlich, wie es zwischen meinen Beinen feucht wurde. Ich hatte zu bluten begonnen. Salman rannte zum Telefon, um eine Ambulanz zu rufen. Doch es war bereits zu spät. Als die Sanitäter eine viertel Stunde später kamen, hatte ich mein Kind bereits verloren. Salman bestand darauf, dass ich doch ins Hospital gebracht wurde. Ich fügte mich, denn es ging mir so schlecht, dass ich Angst hatte, zu verbluten. Obwohl ich Salman gerne an meiner Seite gehabt hatte und ihn flehentlich angesehen hatte, wendete er sich ab und ich fuhr allein in der Ambulanz ins Hospital.
Ich wurde wieder von Dr. Keller untersucht. Er sah mich nur bedenklich an, sprach aber kaum mit mir. Am Schluss der Untersuchung sagte er: „Wir werden sofort eine Ausschabung machen müssen, um sicher zu gehen, dass nichts zurückgeblieben ist.“ Ich nickte nur, denn ich wusste, dass es keinen Sinn hatte, sich dagegen zu wehren. Ich hatte mein Baby verloren und alles andere war mir im Moment egal. Ich hatte nicht gedacht, dass es mich so schwer treffen konnte. Dieses Kind war in meiner Fantasie bereits aufgewachsen, zur Schule gegangen. Ich hatte es vor mir gesehen, wie Salman mit ihm spielte, wie ich ihm abends Geschichten vorlas.
Die Ärzte wollten mich nach der Ausschabung für eine weitere Behandlung in der Klinik behalten, doch ich verließ sie auf eigene Gefahr. Die Mahnung von Dr. Keller klang mir noch in den Ohren, als ich zuhause ankam: „Warten Sie nicht zu lange, es könnte sonst zu spät sein!“
Salman hatte mich jeden Tag für eine Stunde besucht, so lange ich in der Klinik war. Als ich endlich wieder daheim war, bekam ich ihn kaum mehr zu Gesicht. Er war ständig mit seinen Kollegen unterwegs und kam meistens erst, wenn es dunkel war. Bis auf eine Prüfung hatte er alle erfolgreich abgeschlossen, doch die letzte war auch die schwierigste. Es ging um prominente Justizfälle, für die die Prüflinge neue Verfahren ersinnen
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