Schwarz wie Samt
verschwiegen hatte, kochte ich vor Wut fast über. Ihre Selbstgerechtigkeit ging mir auf die Nerven und ich hatte im Moment das Gefühl, dass unsere Beziehung am Nullpunkt angelangt war.
Hoffentlich würde mein Vater heute nicht genau so reagieren. Dann schoss es mir durch den Kopf: Er war nicht einmal mein Vater. Trotzdem war er immer mein Vertrauter gewesen. Warum sollte sich das geändert haben? Ich wünschte mir so sehr, dass wenigstens er Verständnis für mich haben würde. Von meiner Krankheit würde ich weder meinem Vater noch meiner Mutter auch nur ein Sterbenswort erzählen.
Ich musste eingeschlafen sein, denn es war schon dunkel, als es an meiner Zimmertüre klopfte. Mein Vater kam strahlend herein und rief: „Wie schön, dass du uns so überraschend besuchst!“ Er umarmte mich und drückte mich fest an sich. „Du fehlst uns so!“, sagte er und sah mir dabei in die Augen. Ich begann zu schluchzen und er sah mich bestürzt an: „Was ist denn los, um Himmels Willen“, sagte er erschrocken.
Ich konnte zunächst kaum sprechen. Als ich mich etwas beruhigt hatte, sagte ich: „Ich bekomme ein Baby!“
„Aber das ist doch wundervoll!“, antwortete er strahlend und strich mir über das Haar.
„Ja, du findest es vielleicht gut, aber Mama ist entsetzt!“, sagte ich leise.
„Das kann doch nicht sein, sie ist nur überrascht.“, antwortete er mit überzeugter Stimme. Ich war so froh, dass sich zwischen ihm und mir nichts verändert hatte. Er war noch immer mein Vater, egal wem ich meine Erzeugung zu verdanken hatte. Jetzt hatte ich auch endlich einen Begriff für Jacob: mein Erzeuger. Denn der Begriff „Vater“ war alleine für Hermann reserviert.
Mein Vater sagte, indem er mich vom Bett hochzog: „Jetzt komm mit hinunter, wir wollen ein bisschen feiern.“ Widerwillig ging ich mit. Meine Mutter saß auf ihrem Sessel und hatte bereits ein Glas Champagner vor sich stehen.
Sie sagte, als sie uns beide sah: „Arven, es tut mir leid. Meine Nerven sind zur Zeit etwas überreizt!“ Als ob das eine Entschuldigung für ihr Verhalten gewesen wäre. Sie hielt mir ein Glas mit Champagner hin und mein Vater stieß mit mir an. Er sagte: „Auf uns und darauf, das alles gut wird!“ Dabei zwinkerte er mir verschwörerisch zu. Ich versuchte so gut es ging, meinen Zorn hinunterzuschlucken und vermied es, meine Mutter anzusehen. Natürlich musste ich erzählen, wie wir in Kairo wohnten und meine Mutter nickte zufrieden, als sie hörte, dass ich eine Haushaltshilfe eingestellt hatte.
Mein Vater erkundigte sich nach Salmans Studium und war erfreut zu hören, dass er bald fertig war und Geld verdienen würde. Ich konnte ihm allerdings nicht sagen, wo Salman arbeiten würde. Das wusste ich selbst noch nicht, denn ich war in der letzten Zeit zu sehr mit mir beschäftigt gewesen und hatte wohl nie richtig zugehört, wenn Salman mir von seinen Plänen erzählt hatte. Aber das behielt ich für mich.
Meine Mutter wollte wissen, warum ich unbedingt zu Dr. Abdella wollte und ob es in Kairo keine guten Ärzte gab.
„Ich habe Vertrauen zu ihm“, sagte ich, „und außerdem kennt er mich gut, die Ärzte in Kairo sind ganz anders!“ Damit ließ ich es bewenden. Von meiner Krankheit erzählte ich lieber nichts. Der Abend klang ohne weitere Misstöne aus und als ich mich zur Nacht verabschiedete, sagte mein Vater: „Bis morgen, meine Kleine!“ So hatte er mich schon lange nicht mehr genannt und ich fühlte, dass wenigstens er auf meiner Seite stand.
Am nächsten Morgen erwachte ich schweißgebadet. Das Klima in Kenia war mörderisch und trotz der geschlossenen Vorhänge hatte sich mein Zimmer bereits um 9 Uhr so aufgeheizt, dass ich kaum Luft bekam.
Ich zog die Jalousien hoch und blickte hinunter in den Garten. Mr. Martinez war zwischen den Rosen beschäftigt. Er trug seinen breitkrempigen Sonnenhut und war auf den Knien im Beet unterwegs. Ich beschloss, ihn nach dem Frühstück Hallo zu sagen und ihm Grüße seines Sohnes zu überbringen. Er war die gute Seele dieses Hauses, auch wenn es niemand so recht erkannte. Durch seine tägliche Beschäftigung mit der Pflege der Pflanzen war unser Grundstück im Laufe der Jahre zu einem Schmuckstück geworden, das bei allen Besuchern Bewunderung hervorrief. Ein paar hohe Bäume direkt vor unserem Eingang spendeten Schatten und die Rabatten leuchteten jetzt im Sommer in Rot und Weiß so strahlend, dass man fast davon geblendet wurde. Jasminduft zog durchs Haus und der Blick
Weitere Kostenlose Bücher