Schwarz
und betonte dabei jedes Wort, als würde sie mit einem Schwachsinnigen reden.
»Ich habe versprochen herauszufinden, was mit Ewan Taylor geschehen ist.«
Katarina Kraus schüttelte den Kopf.
Kara stand auf. »Wenn du mir helfen willst, dann frag Hofman, welche Rolle Sibirtek bei alldem spielt und was das ›Kabinett‹ ist.«
Aufgebracht verließ Kara die Alte Markthalle. Es dauerte nicht lange, da bereute er schon, dass er Katarina Kraus gegenüber so hitzig reagiert hatte. Schließlich stand sie auf seiner Seite, immerhin war sie eigens nach Finnland gereist, um ihn zu warnen. Es ärgerte ihn, dass es so lange dauerte, bis die Teile in diesem Puzzlespiel am richtigen Platz lagen. Immer, wenn er ein Problem gelöst hatte, tauchten zwei neue auf.
Es hatte aufgehört zu regnen. Kara beschloss, zum Hotel »Vaakuna« zu laufen; an sonnigen Frühlingsnachmittagen konnte man im Park der Esplanadi einen sehenswerten Überblick über das einheimische schöne Geschlecht gewinnen. Plötzlich vibrierte sein Telefon in der Hosentasche, Kara fluchte, als er den Namen auf dem Display blinken sah – Birou.
»Du solltest doch berichten, jeden Tag. Und nun sagt mir meine Sekretärin, dass du in Finnland unter dem Verdacht stehst, ein Drogenvergehen …«
Kara unterbrach seinen Vorgesetzten. »Diese Drogengeschichte ist einfach lächerlich, die Polizei hat irgendein altes Versteck im Bad meines Hotelzimmers gefunden. Mach dir deswegen keine Sorgen. Denk lieber darüber nach, dass der ehemalige Direktor von Fennica gestern, kurz bevor wir uns treffen wollten, gestorben ist.« Diese Neuigkeit ließ Birou verstummen. Kara berichtete in einem Zug über die Ereignisse der letzten Tage, ließ aber unerwähnt, dass laut Katarina Kraus auf seinen Kopf eine Belohnung ausgesetzt war. Birou stellte Fragen und wollte vieles noch genauer wissen, es hörte sich so an, als würde er Notizen machen. Dann herrschte für einen Augenblick Stille in der Leitung.
»Von jetzt an bist du vom Dienst beurlaubt«, verkündete Birou. »Jemand, der unter dem Verdacht eines Drogenvergehens steht, kann nicht im Namen des UNODC auftreten. Du lieferst innerhalb einer Stunde einen Rapport zu diesen Anschuldigungen, und ab jetzt berichtest du unaufgefordert einmal täglich, oder du kehrst nach Wien zurück und räumst dein Büro aus. Das sind deine Alternativen. Und vergiss nicht, dass du nur noch knapp sechs Tage Zeit hast, diesen Misthaufen umzugraben«, sagte Birou in resolutem Ton und beendete das Gespräch.
Birou staunte, dieser Kara hatte ja etwas zuwege gebracht, das waren brauchbare Ergebnisse. Natürlich wusste er, dass Kara einen scharfen Verstand besaß, aber nach seiner Kenntnis hatte er keinerlei Ermittlungserfahrung.
In seinem Zimmer im Haus E erhob sich der Chef des UNODC, zog die Nadelstreifenweste zurecht und rückte die Krawatte von Hermès gerade. Auch von diesen Informationen Karas konnte er profitieren. Natürlich würde er sie als seine eigenen Resultate ausgeben; das fehlte noch, dass Kara das Verdienst für eine Art Durchbruch bei den Ermittlungen zu dem Raketenanschlag und dem Ultimatum zugesprochen bekam, einen Helden würde er niemals loswerden.
Kaum dass er diesen Einfall hatte, hielt er seinen Plan auch schon für völlig plausibel. Karas Informationen über Sibirtek und diesen Herrn Hofman würde er nicht nur dem UN-Generalsekretär, sondern auch Betha Gilmartin vom SIS übermitteln und Kara erst dann abschieben, wenn der ihm keinen Nutzen mehr brachte. So würde er in den Augen des Generalsekretärs einen kompetenten Eindruck erwecken und Betha Gilmartin einen Gefallen tun, bevor er ihren Schützling ins Gefängnis schickte oder zumindest aus dem UNODC hinausjagte. Genau so sah einfallsreiche Diplomatie aus. Es widersprach zwar seinen Prinzipien, selbst aktiv zu werden, aber Kara zwang ihn mit seinen Aktionen zum Handeln. Der Mann schaufelte sich mit verblüffendem Eifer selbst sein Grab, er nahm Bestechungsgelder an, war in Metamphetamin-Geschichten verwickelt … Gut so.
Gilbert Birou setzte seine Cartier-Brille auf und griff zur »Le Monde«. »In der Bretagne werden einfachere Gerichte gegessen als anderswo in Frankreich«, las Birou und verzog den Mund. Das wusste er schon seit fünfzig Jahren. Er beschloss, einen Tisch im »Le Ciel« zu reservieren, er hatte dort noch nicht wieder vorbeigeschaut, seit das Restaurant vom »Falstaff-Magazin« einundneunzig Punkte von hundert möglichen erhalten hatte.
***
Kati
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