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Schwarz

Schwarz

Titel: Schwarz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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vor, den Blick auf diese merkwürdige Frau geheftet. »Ganz zu Anfang müssen wir die Spielregeln vereinbaren. Über Sibirtek zu sprechen könnte nämlich riskant werden. Kann ich mich darauf verlassen, dass du mich nicht verrätst, wenn ich dir erzähle, was du wissen willst?«
    »Ich gebe dir mein Wort, was könnte ich denn sonst auch versprechen. Aber wenn du nichts sagst, dann verspreche ich, den Behördenvon dir zu erzählen. Ich bin nicht deinetwegen hierher gereist, sondern um die Wahrheit über Sibirtek zu hören.«
    Henri Pohjala war es gewohnt, schnelle Entscheidungen zu treffen. Wenn er nicht mit ihr redete, dann müsste er aus Kapstadt fliehen und sein Leben neu organisieren. Vor allem aber würde das »Kabinett« erfahren, dass er lebte. Das wäre der Beginn einer Verfolgungsjagd …
    »Gut. Was willst du wissen?«
    ***
    »Meine … Kunden nehmen beim Verhör höchst selten aus eigenem Antrieb eine so vorteilhafte Stellung ein. Das ist wirklich sehr freundlich«, spottete Oberst Abu Baabas, der eine grüne Armeeuniform trug. Er wischte sich unter dem Zugband seines Baretts den Schweiß von der Stirn und befahl dem Soldaten, der neben ihm stand, mit einer Handbewegung, ein Stück weiter weg zu gehen. Baabas musste wegen seines steifen Nackens den Rücken nach hinten beugen, um zu sehen, wo der Fallstrick, der Karas Fußgelenk umspannte, befestigt war. Er schnippte mit dem Fingernagel an das straff gespannte Drahtseil und lauschte dem hohen Ton wie ein Geiger, der sein Instrument stimmt.
    Das Blut drängte in Karas Kopf, selbst die geringste Bewegung sandte Schmerzstrahlen in seinen ganzen Körper. Er lag auf dem Rücken, das an die Akazie gebundene Bein ragte in den Himmel. Der Schmerz kam in Wellen und folgte dem Rhythmus der Atmung. Er war Baabas vollkommen ausgeliefert, niemand wusste, wo er sich befand. Das würde er nicht heil überstehen. Dieses kalte Gefühl der Leere hatte er seit dem Oktober 1989 nicht mehr erlebt, wahrscheinlich war es Angst. Und das, obwohl er es nicht einmal als sonderlich unangenehm empfand, dass sein Leben in Gefahr war.
    »Wer hat dir gesagt, dass ich komme?«, fragte er leise.
    Baabas hob das Handy auf, das aus Karas Tasche gefallen war, setzte sich einen Meter neben Kara in den Sand und zündete sich eine Zigarette an. »Diesmal kannst du sicher sein, dass du mir alles über die Ermordung Ewan Taylors und des Witwenmachers erzählen wirst.«
    »Hast du Schwachkopf in El Obeid gewartet, seit ich den Sudan verlassen habe, oder hat dir jemand gesagt, dass ich komme?«, fragte Kara mit heiserer Stimme. Baabas hob die Hand, griff nach dem Seil und zog daran wie an der Notbremse im Zug.
    Blut spritzte, als das Stahlseil tiefer in Karas Fleisch eindrang, er schrie vor Schmerz auf, ihm wurde schwarz vor Augen.
    »Die Temperatur liegt bei etwa vierzig Grad im Schatten, du hast kein Wasser, dein Bein blutet, und deine Stellung scheint auch nicht sehr bequem zu sein. Willst du wirklich ein paar Stunden hier liegen bleiben, bis du reif bist, von allein zu reden?«, sagte Baabas und ließ seinen Zeigefinger auf dem Draht hin und her gleiten.
    Kara wusste, dass er einen derartigen Schmerz nicht mehr lange aushalten würde, er war erschöpft und schwach, der Blutverlust machte sich schon bemerkbar. Er musste Baabas irgendetwas erzählen und rief sich Bethas Nachricht und ihr letztes Telefongespräch ins Gedächtnis.
    »Die UN, der britische SIS … die Behörden wissen, dass die sudanesische Staatsführung den Raketenanschlag von Kenia organisiert hat. Sie kennen auch die Verstecke der Raketen und die Identität von Nazir. Die westlichen Staaten werden Khartoum jeden Augenblick angreifen«, sagte er und hoffte, dass die Lüge bei Baabas Eindruck hinterließ.
    Der Oberst riss seine Froschaugen weit auf, schraubte sich hoch und legte die Hand auf das Drahtseil. »Du lügst.«
    »Es hatte die erhoffte Wirkung«, dachte Kara, jetzt müsste er nachlegen. »Wenn du es noch schaffen willst, den Besatzungstruppen zu entgehen oder deine Vorgesetzten zu warnen, von denen so ein kleines Licht wie du sicher genug hat, dann solltest du jetzt sofort etwas unternehmen. Lies die letzte SMS auf meinem Telefon, wenn du mir nicht glaubst.«
    Baabas lächelte höflich, las die Nachricht von Betha Gilmartin und wurde ernst. Dann zerrte er an dem Drahtseil und erteilte dem Soldaten im Takt von Karas Schmerzensschreien Anweisungen.

32
    Sonntag, 10. Mai
    Abu Baabas hielt sich keineswegs für dumm, aber er

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