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Schwarz

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Titel: Schwarz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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musste sich eingestehen, dass die aktuellen Ereignisse seinen Verstand überforderten. Er saß in einem Transporthubschrauber Puma SA 330, der über dem internationalen Flughafen von Khartoum ratterte, und schaute durch das Fenster hinunter auf die Soldaten der sudanesischen Armee, das waren Tausende, wahrscheinlich eine ganze Division. Was zum Teufel war los? Stimmten Leo Karas Behauptungen, war einer der sudanesischen Machthaber tatsächlich in den Raketenanschlag von Kenia verwickelt? Und wenn es wirklich mehrere Raketen waren, gäbe es dann bald neue Terroranschläge?
    Die Kufen des Hubschraubers setzten auf dem Asphalt auf, und Baabas stieg aus, sobald sich die Türverriegelung öffnete. Er hatte Rashid Osman aus El Obeid angerufen, ihm von Leo Karas Nachrichten berichtet und den Befehl erhalten, auf schnellstem Wege nach Khartoum zu kommen. Es war ihm ein Genuss, Kara in der Savanne schmoren zu lassen, bis er bereit wäre, zu reden. Der Soldat würde ihn bewachen. Er wollte Kara nicht in eine Armeekaserne und auch nicht in die Räume des
Al-ijabi
bringen lassen, je weniger Leute von seiner Rückkehr in den Sudan wussten, umso besser. Noch im Laufe dieses Tags würde Kara sterben.
    Baabas ging, den Kopf leicht geneigt, in das alte Backsteingebäude der Armee, das abgerissen werden sollte, um Platz für die Erweiterung des Flughafens zu schaffen. Seine Verwunderung nahm noch zu, hatte man hier eine Kommandozentrale eingerichtet? Seit wann erledigte Osman seine dienstlichen Angelegenheiten mit Hilfe der Armee? Das Kriegshandwerk passte nun wirklich nicht zu Osman, der ständig vom Frieden faselte.
    Die Türen zu den Räumen des Vizepräsidenten öffneten sich erst, nachdem Baabas sein Anliegen zwei Adjutanten erklärt hatte. DerBefehlshaber der sudanesischen Armee, General Mustafa al-Nuri verabschiedete sich gerade von Osman. Kurz schaute er Baabas an, die Neugier in seinem Blick verwandelte sich jedoch sofort in Gleichgültigkeit, als dem General klar wurde, dass der Besucher ein »Niemand« war.
    »Oberst Baabas, habe ich richtig verstanden, dass du wieder denselben UN-Mitarbeiter verhaftet hast, dessen Freilassung ich schon zweimal befohlen habe?«, fragte Osman verärgert und machte sich nicht die Mühe, Baabas die Hand zu geben. General al-Nuri verließ den Raum.
    Osman fuhr fort, bevor Baabas den Mund aufmachen konnte. »Du begreifst nicht, was für kritische Zeiten wir gerade durchleben. Wir können jetzt keinen einzigen zusätzlichen Störfaktor gebrauchen.« Der Saum der Galabija flatterte, als der erregte Vizepräsident in dem spartanisch eingerichteten Büro auf und ab ging.
    »Willst du, dass ich den Mann gehen lasse?«, erkundigte sich Baabas erstaunt.
    Osman winkte in Richtung Tür. »Ich will, dass du wieder deine Kamele hütest. Oder deine Soldaten. Geh und verprügle irgendjemanden. Oder mach einfach wieder das, was du getan hast, bevor dich irgendein Idiot beim
Al-amn al-ijabi
eingestellt hat.«
    Schnell den Rettungsring ins Wasser, beschloss Baabas. »Vorher berichte ich aber noch, was der Mann von der UN gesagt hat. Demnach weiß der britische SIS, dass die Machthaber des Sudan den Raketenanschlag von Kenia organisiert haben. Khartoum kann angeblich jeden Augenblick besetzt werden. Sie wissen auch, wer Nazir ist und wo sich die restlichen Raketen befinden.«
    Osman wurde ganz still. Er starrte Baabas wie ein Orakel an und setzte sich an den Metalltisch. »Stimmen diese Informationen?«
    Baabas nickte. »Ich glaube nicht, dass der Mann lügt. Er hat erst nach schmerzhaftem Zureden gesprochen, und eine SMS auf seinem Telefon bestätigt das, was er behauptet.«
    »Vielleicht bist du doch von Nutzen«, sagte Osman und überlegte einen Augenblick. »Flieg nach El Obeid zurück und verhör den Mann weiter. Wir können ja immer behaupten, dass er bei einem Anschlag der SPLA umgekommen ist.«
    »Es würde das Verhör erheblich erleichtern, wenn ich wüsste, was im Gange ist.«
    »Versuch es aus deinem Opfer herauszuquetschen«, schlug Osman vor.
    »Mit Vergnügen«, erwiderte Oberst Abu Baabas und verließ den Raum mit verblüffter Miene. Was war denn bloß mit dem Vizepräsidenten los? Osman verhielt sich plötzlich wie ein richtiger Mann und hatte ihm eben praktisch die Erlaubnis gegeben, Leo Kara umzubringen.
     
    Auf den Raketenanschlag am nächsten Morgen hatte Rashid Osman lange gewartet, seit 1990. Er hatte seine Rache und die Gründung eines von westlichem Einfluss freien Staatenbundes der

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