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Schwarz

Schwarz

Titel: Schwarz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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an und öffnete die Knöpfe seiner grünen Uniformjacke. Mit schiefem Nacken betrachtete er das Gästehaus. Die Leute aus den westlichen Ländern ließen sich schöne Häuser bauen und versteckten sich hinter Mauern und Wächtern, als wollten sie sich von den minderwertigen Sudanesen abgrenzen. Sie aßen in westlichen Restaurants, ließen westliche Waren einfliegen und hatten auch meist nur untereinander Kontakt. Wenn er etwas zu sagen hätte, dann würden im Sudan nur Araber leben.
    Plötzlich klingelte sein Handy. Der Zweite Vizepräsident Rashid Osman grüßte ihn höflich, bevor er deutlich wurde. »Ich habe gehört, dass man dir die Untersuchung des gestrigen Mordes an dem UN-Mitarbeiter übertragen hat. Du verstehst ja wohl, wie wichtig der Fall ist? Es muss um jeden Preis dafür gesorgt werden, dass die UN und die internationale Gemeinschaft zufrieden sind, wir brauchen ihre Unterstützung gerade jetzt. Wie ist die Lage, hast du schon jemanden im Verdacht?«
    Baabas wunderte sich, dass Osman ihn anrief und nicht den Chef von
Al-amn al-ijabi
, es dauerte eine Weile, bis er seine Gedanken geordnet hatte. »Die kriminaltechnischen Untersuchungen wurden abgeschlossen, aber die Ergebnisse sind leider ziemlich dürftig. Das Verbrechen ist während des Haboob passiert, anscheinend hat niemand etwas gehört oder gesehen, was mit dem Mord zusammenhängt. Auch die Überwachungskameras in dem Gästehaus, in dem sich Taylor aufhielt, haben nur den Sandsturm aufgezeichnet. Taylors Computer wurde in der Wohnung gefunden, aber nach Ansicht unserer Experten war seine Festplatte … gelöscht. Wir überprüfen noch einen Hinweis, wonach Taylor kurz vor seinem Tod im Restaurant ›Amwaj‹ zusammen mit einer Frau aus einem westlichen Land gegessen haben soll. Zu der Zeit hat es auf der Airport Road in der Nähe des ›Amwaj‹ einen leichten Verkehrsunfall gegeben, aber das muss nicht unbedingt mit Taylor in Verbindung stehen.«
    »Und das Beweismaterial, ihr werdet doch wohl irgendetwas am Tatort gefunden haben?«, fragte der Vizepräsident ungehalten.
    »Taylor wurde erschossen, und einem der beiden Wächter des Gästehauses hat man die Kehle durchgeschnitten. Keine der beidenMordwaffen wurde gefunden. Die Wachstube, ihre Umgebung und Taylors Wohnung sind voll von Fingerabdrücken, Fasern und anderen möglichen Beweisstücken, es wird lange dauern, das alles zu untersuchen. Aber wir arbeiten natürlich daran, rund um die Uhr. Darf ich übrigens fragen, was dich an dem Fall so sehr interessiert, im Sudan sind doch in den letzten Jahren ziemlich viele UN-Mitarbeiter ums Leben gekommen.«
    Vizepräsident Osman antwortete nicht. »Hast du denn gar nichts, keinen einzigen Verdächtigen, keinerlei Hinweise?«
    Baabas zögerte einen Augenblick. »Ein UN-Mitarbeiter namens Leo Kara könnte ungefähr zur Tatzeit in Taylors Wohnung gewesen sein, wir haben dafür … bestimmte Beweise gefunden. Der Wächter am Eingang hat Kara jedoch nicht gesehen. Auf einen ausländischen Täter deutet auch hin, dass Taylor mit Neun-Millimeter-Kugeln der Marke Black Talon von Winchester erschossen wurde. Die mussten schon Anfang der neunziger Jahre vom Markt genommen werden, die Wirkung der Geschosse mit Hohlspitze war zu arg. Sie sind heutzutage sehr selten, vielleicht können wir die Spur zurückverfolgen.«
    »Na, dann darfst du deinen Posten ja vielleicht behalten«, sagte der Vizepräsident und legte auf.
    Weshalb ließ Osman seinen Ärger an ihm aus, warum griff er ihn an? Osman war der schlimmste Befürworter einer nachgiebigen Politik in der gegenwärtigen Regierung. Auf Versammlungen der Afrikanischen Union und der UNO predigte der Liebling des Westens Demokratie, Frieden und ein harmonisches Zusammenleben aller sudanesischen Stämme. Versuchte die Marionette des Westens ihn, einen arabischen Soldaten, der sich im Kampf die Hände schmutzig gemacht hatte, loszuwerden? Die westlichen Länder waren ja auf die Idee gekommen, den Janjaweed und Beni Halba die Schuld an den Ereignissen in Darfur zu geben. Wenn Osman glaubte, dass er kampflos auf seine Karriere verzichtete, dann war der Mann nicht nur schwach, sondern auch dumm.
    Doch die trotzigen Durchhalteparolen beruhigten Baabas nicht. Er wusste, dass Osman ihn in die Mangel nehmen würde, wenn es ihm nicht gelänge, den Mord an Taylor aufzuklären. Noch schlimmer war aber, dass ihm auch eine Lösung des Falls zum Verhängniswerden könnte. Was geschah, wenn hinter dem Mord etwas steckte, was

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