Schwarz
ist wirklich kein Vergnügen …«
Kraus und Kara unterhielten sich bis zum Ende des Spiels über alles Mögliche. Das 2:2-Unentschieden bot keinen Anlass zu großem Jubel auf den Zuschauerrängen, es sorgte aber doch für Zufriedenheit bei den Anhängern der sudanesischen Mannschaft, die als Außenseiter ins Spiel gegangen war. Kara bemerkte, wie die Reserviertheit von Katarina Kraus verschwand, als sie sich näher kennenlernten. Es schien so, als stünde hier zumindest ein Mensch auf seiner Seite.
***
Auf der Stirn Zbigniew Górskis perlte der Schweiß. Er stützte sich mit den Ellbogen auf seinen Schreibtisch und starrte auf ein Foto von Leo Kara.
Durch sein beharrliches Bemühen hatte er den englischen Sicherheitschef des Hotels »Regency« dazu überreden können, sich die Aufzeichnungen der Überwachungskameras des Hotels am Tag der Ermordung von Ewan Taylor anschauen zu dürfen. Als Gegenleistung hatte Górski versprochen, das »Regency« als Erstes über alle Änderungen der Sicherheitslage in Khartoum zu informieren. Überraschenderweise entsprach Karas Behauptung, er sei vor dem Sandsturm in die Bar des »Regency« geflüchtet, der Wahrheit. Górski hatte anhand der Kameraaufzeichnungen ermittelt, dass Kara die heftigste Phase des Haboob, die Zeit von ziemlich genau drei bis vier Uhr nachmittags, in der Bar verbracht hatte.
Mindestens genauso schwierig war es gewesen, den zweiten entscheidenden Beweis zu finden. Nach langem Drängen hatte er von Oberst Abu Baabas die Aufzeichnungen der Überwachungskameras in Taylors Gästehaus vom Tag des Mordes erhalten. Der Oberst glaubte offenbar, dass sich darauf nichts Wichtiges entdecken ließe. Górski hatte die Elektronikspezialistin im Khartoumer UN-Haupt quartier , eine für die Kommunikationsverbindungen verantwortliche junge Koreanerin, gebeten, auf den vom Sandsturm verdunkelten Bildern etwas zu suchen, was helfen würde, den Mord an Taylor aufzuklären. Und die Computerexpertin hatte erfolgreich gezaubert.
Górski hielt ein unscharfes, körniges Bild vor seine Augen, auf dem ein Mann die Fensterläden seines Zimmers schloss. Man konnte erkennen, dass es sich um Ewan Taylor handelte. Die Aufnahme stammte von 15:16 Uhr. Da Baabas’ Leute nach dem anonymen Anruf um 15:52 Uhr Ewans Wohnung gestürmt hatten, war völlig klar, dass Leo Kara, der zur selben Zeit in der Bar des »Regency« gesessen hatte, Ewan Taylor nicht ermordet haben konnte.
Zbigniew Górski hatte beweisen wollen, dass Kara bei den zeitlichen Angaben zum Tag des Mordes gelogen hatte, und nun war es ihm stattdessen gelungen, dem Mann ein wasserdichtes Alibi zu verschaffen. Im Normalfall half er einem Kollegen gern aus der Patsche, aber Kara war eine Ausnahme. Am liebsten hätte er den Wirrkopf in seinem eigenen Saft schmoren lassen. Und er war bei weitem nicht der Einzige, der sich wunderte, wie der Persönliche Assistent des UNODC-Generaldirektors sich benahm. Kara schloss mit niemandem Bekanntschaft, verhielt sich arrogant und verstieß bei jeder Gelegenheit gegen die Vorschriften. Górski konnte sich nicht entscheiden, ob er die Unterlagen in seiner Schublade begraben oder Kara aus der Klemme helfen sollte.
Plötzlich fiel ihm Pater Jacek ein, der Pfarrer der Nikolaikirche in Gdansk, und er dachte an 1981, als die Solidarnost eine große Streikwelle vorbereitete. Pater Jacek hatte sie mit dem dritten Vers aus dem dreizehnten Kapitel des Römerbriefes ermutigt: »Denn vor denen, die Gewalt haben, muss man sich nicht fürchten wegen guter, sondern wegen böser Werke.«
Zbigniew Górski wandte sich widerwillig seinem Computer zu und begann, einen Bericht über Leo Kara zu schreiben.
7
Sonntag, 26. April
Das sechsundfünfzig Hektar große Gelände des UN-Hauptquartiers im kenianischen Gigiri glich eher einem Urlaubsparadies als der Arbeitsstätte von zweitausendeinhundertzweiunddreißig Menschen: Gartenwege schlängelten sich durch weite Rasenflächen, künstliche Teiche glitzerten, und am Horizont waren die dichten, grünen Wipfel des Karura-Waldes zu sehen. Es fiel schwer, zu glauben, dass die Millionenstadt Nairobi mit ihrem Menschengewimmel nur zehn Kilometer entfernt lag.
Die sengende Sonne blendete so sehr, dass Julia den Schirm ihrer geblümten Mütze tiefer in die Stirn zog, obwohl sie sich sonst weigerte, die Mütze überhaupt aufzusetzen. Die Mädchen zu Hause in Hamburg würden das nie glauben: Sie hatte gerade Affen, Antilopen, wildlebende Schweine und mindestens eine
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