Schwarzbuch Bundeswehr - Überfordert, demoralisiert, im Stich gelassen -
vor allem nach dem gerade aus dem Bundeswehrplan Vorgestellten – überraschenden Vorbemerkung der Bundesregierung.
»Die Bundeswehr verfügt in Afghanistan über eine moderne, auftragsgerechte Ausrüstung. Es ist zwar zutreffend, dass es vereinzelte Klagen aus der Truppe über Mängel aufgrund von konkreten Einsatzerfahrungen gibt. Die daraus abgeleitete zusammenfassende Bewertung, dass viele vermeintlich moderne Ausrüstungsgegenstände der Bundeswehr nicht den Anforderungen der Zeit entsprechen, wird nicht geteilt. Identifizierte Fähigkeitslücken werden im Rahmen laufender Projekte verringert bzw. geschlossen. Dabei wird dem Schutz des Personals im Einsatz höchste Priorität eingeräumt. Eine daran ausgerichtete Ausrüstungsplanung orientiert sich an der aktuellen Einsatzrealität, aber auch an möglichen zukünftigen Anforderungen an die Streitkräfte. Ausrüstung wird deshalb oftmals schrittweise und in kleinen Stückzahlen eingeführt, um in laufenden und zukünftig möglichen Einsätzen gleichermaßen handlungsfähig zu sein.«
Im Klartext: Die Soldaten im Einsatz verfügen nicht über die Kompetenz, die Ausrüstung zu beurteilen. Deswegen interessieren ihre Klagen die Bundesregierung auch nicht. Gleichzeitig gesteht sie bestimmte »Fähigkeitslücken« ein, für die nun Ausrüstung besorgt werden soll (obwohl doch eigentlich alles vorhanden ist!); doch diese Ausrüstung wird nur in kleiner Menge zur Verfügung gestellt, da die Regierung den Gesamtbedarf nicht kennt und die Soldaten nicht gleich alles verbrauchen sollen.
Und nun gehen die Experten der Bundesregierung in die Detailanalyse von Ausrüstungsgegenständen, von denen hier dem Leser lediglich drei präsentiert werden, die er nach bisheriger Lektüre dieses Buches zumindest zum Teil schon kennt, die diesmal den Umgang der Regierung mit der Bundeswehr zeigen sollen und nicht, wie an anderer Stelle, den Umgang der Waffenindustrie und ihrer Militärexperten mit der Bundeswehr. Sämtliche folgenden Zitate sind offizielle Statements der Regierung in Antwort auf die genannte Kleine Abgeordnetenanfrage.
»Es ist zutreffend, dass die Nachtsichtbrille Lucie nicht mit dem Hauptkampfvisier des G 36 und G 36 A kombinierbar ist.«
Übersetzt: Kein Soldat kann nachts mit der aufgesetzten Nachtsichtbrille, die eh nur die wenigsten haben, mit seiner Waffe auch kämpfen, sobald er das Standard-Hauptkampfvisier auf seiner Waffe trägt.
»Zur Verbesserung der Nachtkampffähigkeit ist bereits 2001 das Laserlichtmodul ( LLM ) eingeführt worden. Es kann in Verbindung mit der Nachtsichtbrille Lucie Ziele markieren und beleuchten.«
Bedeutet: Wenn man etwas beleuchtet oder markiert, ist die Wahrscheinlichkeit extrem hoch, dass der Gegenüber einen umso besser sehen kann und man beschossen wird. Dann kann man eben auf den auch möglichen Infrarotbereich umschalten. Leider ist aber auch der Infrarotlaser nur zu sehen, wenn man die Nachtsichtbrille Lucie aufgesetzt hat. Und falls auch der Gegner eine Nachtsichtbrille trägt, nutzt dem Soldaten der Infrarotlaser genauso wenig wie der normale – er gibt stets ein Ziel ab wie ein gut beleuchteter Weihnachtsbaum. In diesem Punkt kann man einem Soldaten heute nichts mehr vormachen.
Ein weiteres Beispiel für dreiste Unwahrheit, diesmal zum System Infanterist der Zukunft (IdZ ): »Die Ausstattung IdZ wird in der Truppe als Hochwertausstattung und wesentliche Steigerung des Einsatzwertes wahrgenommen. Verbesserungsbedarf bei den einzelnen Komponenten des Basissystems IdZ wird auf der Basis der Einsatzerfahrungen bereits beim Basissystem umgesetzt und/oder in der laufenden Projektierung des sogenannten ›Erweiterten Systems IdZ ‹ berücksichtigt.«
Heißt: Gleich nach einem fragwürdigen Lob über den grünen Klee eröffnet die Bundesregierung, dass sie bereits beschlossen hat, das System wieder umzubauen. Wer nachlesen möchte, wie es um die behauptete »wesentliche Steigerung des Einsatzwertes« bestellt ist, braucht nur einige Seiten zurückzublättern; dazu wurde bereits das Nötige geschrieben.
Nach dem Statement über den Einsatz des Laserlichtmoduls macht die Regierung weitere lebensgefährliche Vorschläge: »… grundsätzlich ist vorgeschrieben, die Schutzweste zu tragen, Ausnahmen sind bei Fahrzeugen neuester Generation wie zum Beispiel Dingo (teilgepanzertes Fahrzeug) zulässig, bei dem das Tragen der Schutzweste nicht vorgeschrieben ist«.
Im Klartext: Erstens sorgte auch der Dingo in jüngster Zeit
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