Schwarzbuch Bundeswehr - Überfordert, demoralisiert, im Stich gelassen -
ob er dich kenne, dieses bejahten die meisten. Dann wurden sie gefragt, ob sie etwas Negatives über dich berichten könnten, das verneinten nahezu alle. Daraufhin sagten sehr viele, sie könnten viel Positives über dich berichten. Ihnen wurde gesagt, uns interessieren keine positiven Dinge, wir wollen nur die negativen wissen.«
Ein klares Beispiel, wie Kritik durch Desavouierung der Kritiker zu unterdrücken versucht wird, und dafür eigens Institutionen eingerichtet und Personen abgestellt werden, die solche Schmutzkampagnen aus dem Boden stampfen. In meinem Fall ging dies so weit, dass damals an sämtlichen Standorten der Bundeswehr ein Aushang am Schwarzen Brett zu lesen war, der vor dem Buch und meinen Berichten warnte, jenen Soldaten, die trotz dieser Warnung wagten, das Buch zu lesen, brachte dies zusätzliche Sonderdienste ein, wie mir Soldaten mitteilten. Zuerst wurde der Überbringer der kritischen Nachrichten diskreditiert, und dann wurden diejenigen bestraft, die sich über diese Kritik an ihrem Arbeitsumfeld informieren wollten. Auf die Idee, sich einmal mit den kritischen Aussagen direkt auseinanderzusetzen, verfiel niemand.
Unkontrollierter Informationsfluss erscheint solchen Strippenziehern stets ungebührlich und höchst gefährlich – nicht etwa, weil die Kritik berechtigt sein könnte und öffentlich wird, sondern aus dem einfachen Grund, dass ihre Machenschaften nicht mehr so reibungslos in den Hinterzimmern der Macht umgesetzt werden können. Illegal sind solche Steuerungen und Einflussnahmen natürlich nicht – sonst wären ja alle Lobbyisten längst arbeitslos –, sie machen nur deutlich, wie Politik häufig funktioniert, auch in einer parlamentarischen Demokratie und selbst im hochsensiblen Bereich der Wehrpolitik, in dem es um nichts Geringeres geht als um die Sicherheit unseres Landes.
6.4 Die Wahrheit ist nicht gewollt
Auch zum Thema Öffentlichkeitsarbeit nimmt der van-Heyst-Bericht eine klare Position ein, die bei den Verantwortlichen im Verteidigungsministerium für ziemliche Aufregung gesorgt haben muss. Würden die Empfehlungen umgesetzt, wäre die Vertuschung der Wahrheit schwieriger, das gezeichnete Bild der Bundeswehr realistischer und der Rechtfertigungszwang der obersten Militärs vor der Öffentlichkeit größer.
Der Bericht schlägt vor:
»… offensiver gezielt Befehlshaber und Kontingentführer oder deren Sprecher für die Informations- und Pressearbeit zur Verfügung zu stellen, um militärische Lageeinschätzungen der Öffentlichkeit mit Kompetenz aus erster Hand zu vermitteln.«
Eine auch vom Bundeswehrverband schon seit Langem geäußerte Überlegung, damit endlich die Kommunikation zwischen Bundeswehr, Politik, Staatsbürgern und auch Medien besser wird: Gebt dem Führer vor Ort die Möglichkeit, die Öffentlichkeit ehrlich zu informieren, nichts hilft mehr als eine realistische Lagebeschreibung, damit die Bürger die Anliegen der Bundeswehr verstehen und respektieren.
Doch genau das scheint nicht wirklich gewollt zu sein, selbst die Soldaten, die für die Medienabteilung der Bundeswehr arbeiten, beklagen, dass sie in vielen Fällen nur eingeschränkt berichten dürfen. Als Beleg soll ein Auszug aus dem Bericht des Wehrbeauftragten Reinhold Robbe dienen, der genau diese Zensur der Wirklichkeit zum Thema hat. »Die Soldaten klagen hinsichtlich der Presse- und Informationsarbeit der Bundeswehr, so sei beispielsweise das Zusammenwirken mit einigen Presse- und Informationszentren mitunter recht schwierig und unkooperativ. Andererseits beklagten aber auch gestandene Presseoffiziere, dass die Pressepolitik deutlich rigider gehandhabt werde, als dies früher der Fall war, und ihre Spielräume vor Ort immer kleiner würden. Zudem fühlen sich einige Presseoffiziere auch nicht gut genug ausgebildet, überfordert oder klagten über personell unterbesetzte Informationszentren. Redakteure der Bundeswehrmedien sagten mir auch, dass ihnen daran gelegen sei, dass ihren Gesprächspartnern – häufig Mannschaften, Unteroffiziere und Feldwebel – aus deren Aussagen und Berichten über ihre Situation keine Probleme entstehen. Dies sei jedoch zunehmend schwierig, auch weil teilweise Kommandeure versuchten, Einfluss auf die Berichterstattung zu nehmen und es für die Bundeswehr keine festgeschriebenen Grundlinien der Pressearbeit gebe.«
Da haben wir es wieder: Viele Presseoffiziere spüren, wie wichtig es wäre, ein ehrliches Bild der Bundeswehr zu kommunizieren. Da
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