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Schwarzbuch Kirche - Und führe uns nicht in Versuchung

Titel: Schwarzbuch Kirche - Und führe uns nicht in Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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Heiligen Kirche gebracht hatte, unter dem Namen Pius V . zum Papst gewählt worden. Er behielt die Ordenstracht der Dominikaner, die weiße Soutane, bei, die seither von allen Päpsten getragen wird. Dieser Papst, auch gegen sich selbst streng, befand es aus religiösen Gründen für notwendig, das »verweichlichte« christliche Abendland gegen die Türken zu mobilisieren. Immerhin gelang es ihm, unter dem Namen Heilige Liga ein Bündnis des Kirchenstaats, Spaniens, Genuas und Venedigs zu schmieden. Für den übernatürlichen Beistand sollte jeden Tag um die Mittagsstunde die Gottesmutter angerufen werden.
    Die Flotte unter dem Kommando Don Juans d’Austrias konnte am 7 . Oktober 1571 die Osmanen bei Lepanto (Nafpaktos) im Golf von Korinth schlagen. Dieses Ereignis brachte weniger militärisch denn propagandistisch die Wende im Kampf des Abendlandes gegen die osmanische Expansion. Die Kirche trug hierzu bei, indem der Tag des Sieges von Lepanto der Gottesmutter Maria, deren überirdische Hilfe den Sieg geschenkt habe, gewidmet und als Feiertag festgelegt wurde. Dieser Feiertag wird bis heute als »Rosenkranzfest« am 7 . Oktober begangen. Und die Glocken aller Kirchen läuten jeden Tag mittags zum Angelus-Gebet, bis heute. Die annähernd 37 000 Toten, die diese Schlacht auf beiden Seiten forderte, sind hingegen vergessen. Deus lo vult!
     
     

Mit Senfgas gegen Äthiopien: Der (vorläufig) letzte Kreuzzug
     
    Die Kreuzzüge sind lange her. Fünfhundert und mehr Jahre sind vergangen, seit sich die Kirche an einem der wichtigsten Grundsätze ihres Gründers, dem Gebot der Feindesliebe, versündigte, seit sie sich als kriegerische, ganz diesseitige Macht in das blutige Spiel der Welt einmischte oder es sogar bestimmte, seit sie Leiden, Verfolgung und Tod vieler Hunderttausender Menschen verursachte. Kann man es also der Kirche heute noch vorwerfen? Doch, man kann und man muss, denn, um es mit Brecht zu sagen: »Der Schoß ist fruchtbar noch, aus dem das kroch.«
    Noch im 20 . Jahrhundert lebte der alte Geist der Kreuzzüge in der Kirche fort. Er ging Allianzen ein mit Kolonialisten und Diktatoren. Und wieder litten Hunderttausende, ja Millionen Menschen furchtbares Leid und kamen grauenhaft zu Tode. Ein nicht nur in Mitteleuropa weitgehend unbekannt gebliebenes Kapitel religiös verbrämter Kriegszüge ist der italienische Äthiopienfeldzug.
    Benito Mussolini, der sich schon mit der Wahl der Fasces , der Rutenbündel, als Zeichen seiner Partei auf das alte Rom bezogen hatte, strebte die Wiederbelebung des antiken Imperium Romanum an. Die okkupierten Gebiete in Libyen wurden 1934 zur Kolonie erklärt, das am Roten Meer gelegene Eritrea besaß man bereits seit 1890 . Von dieser Kolonie aus überfiel am 3 . Oktober 1935 ein italienisches Heer unter der Führung des Generals Emilio De Bono, eines alten Kampfgefährten des »Duce«, mit gut 400 000 Mann das Kaiserreich Abessinien beziehungsweise Äthiopien. Neben Liberia war dies das einzige afrikanische Land, das niemals kolonisiert worden war.
    Die Äthiopier kämpften tapfer, waren jedoch schlecht ausgerüstet, nicht einmal genug Stiefel gab es. Mussolini ging es trotzdem nicht schnell genug voran, er ersetzte General De Bono durch Pietro Badoglio, der vor keinem Kriegsverbrechen zurückscheute und nach fünf Monaten rücksichtsloser Kriegsführung am 9 . Mai 1936 als Sieger durch Addis Abeba paradieren konnte. Obwohl durch das auch von Italien unterzeichnete Genfer Protokoll ausdrücklich verboten, setzte Badoglio massiv Senfgas ein, das von Flugzeugen abgeworfen wurde, nicht nur gegen Soldaten, auch großflächig gegen die Zivilbevölkerung. Ein Augenzeuge: »Geblendet, die schmerzverzerrten Gesichter von Blasen übersät, rissen sich die Menschen die Kleider vom Leib und steckten sich Stoff in die Nasenlöcher, ehe sie jämmerlich verbrannten.«
    Das Rote Kreuz hatte den Italienern Kartenmaterial zur Verfügung gestellt, auf dem die zu schützenden Krankenhäuser markiert waren. Gerade diese Karten nutzte Badoglio, um seine Piloten gezielt diese Einrichtungen bombardieren zu lassen. Willkürliche Erschießungen von Gefangenen und Massaker an der Zivilbevölkerung waren übliche Mittel der italienischen Kriegsführung. General Rodolfo Graziani stand als Vizekönig des annektierten Kaiserreichs einem Terrorregime vor, dem weitere zehntausende Äthiopier zum Opfer fielen. Insgesamt beklagte Äthiopien 730 000 Tote durch den italienischen Angriff und durch

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