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Schwarzbuch Kirche - Und führe uns nicht in Versuchung

Titel: Schwarzbuch Kirche - Und führe uns nicht in Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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Kardinäle angehörten. Der Vorstoß zu einer Änderung des Gebetstextes führte aber zu nichts, der einflussreiche Kardinalstaatssekretär Rafael Merry del Val erreichte sogar, dass Papst Pius XI . ( 1922 – 1939 ) die Reformvereinigung, die unter dem Namen »Amici Israel« bekanntgeworden war, verbot. Kardinal Merry del Val war ein konservativer Spanier, der es früher schon abgelehnt hatte, die jüdische Siedlungsbewegung nach Palästina zu unterstützen. Erst Papst Johannes XXIII . setzte das Thema wieder auf die Tagesordnung, indem er 1959 das Wort »treulos« aus der Fürbitte strich. In mehreren Etappen wurde dann erst nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil, das 1965 endete, eine Formulierung gefunden, die seit 1974 in Gebrauch ist: »Lasst uns auch beten für die Juden, zu denen Gott, unser Herr, zuerst gesprochen hat: Er bewahre sie in der Treue zu seinem Bund und in der Liebe zu seinem Namen, damit sie das Ziel erreichen, zu dem sein Ratschluss sie führen will.« Dieser Text entsprach dem Geist, der die Beziehungen zwischen Judentum und Kirche seit 1965 prägen sollte. In diesem Jahr wurde die päpstliche Konstitution Nostra aetate (»In unserer Zeit«) erlassen, die den Juden eine gleichrangige Position mit den Christen zuwies.
    Aber schon damals besaß der Kurswechsel Gegner. Zum einen die konservativen Kräfte, die jede Reform als solche ablehnten; dazu gehörten Kardinal Amleto Giovanni Cicognani und Erzbischof Marcel Lefebvre, der später die Piusbruderschaft gründete und von der Kirche exkommuniziert wurde. Dagegen sträubten sich aber auch Vertreter des arabischen Christentums, vor allem der melkitischen griechisch-katholischen Kirche, die mit der römisch-katholischen Kirche unter dem Papst vereint ist. Patriarch und Kardinal Maximos IV . Sayegh, ihr damaliges Oberhaupt, und Erzbischof Joseph Tawil befürchteten, dass jedes Entgegenkommen gegenüber Juden in der arabischen Welt als Stellungnahme für den Staat Israel ausgelegt werden würde und damit die Situation der christlichen Araber erschweren müsste.
    Schon im Jahr 1984 hatte Papst Johannes Paul II . bestimmten konservativen katholischen Vereinigungen erlaubt, die Messe wieder nach dem alten Messbuch von 1962 zu lesen. Damit war in diesen Gruppen seither karfreitags gebetet worden: »Lasset uns auch beten für die Juden, dass Gott, unser Herr, wegnehme den Schleier von ihren Herzen, auf dass auch sie erkennen unsern Herrn Jesus Christus.« Papst Benedikt XVI . erweiterte die Erlaubnis und verfügte 2008 , dass der Text der Fürbitte bei der Verwendung des alten Messbuchs nun lautet: »Lasst uns auch beten für die Juden, auf dass Gott, unser Herr, ihre Herzen erleuchte, damit sie Jesus Christus erkennen, den Retter aller Menschen.« Damit gab es nun eine Neuformulierung, die in Widerspruch steht mit dem Wortlaut, der von den meisten Katholiken gebetet wird. Müssen die Juden erst Jesus anerkennen – und sich damit von ihrem Judentum abwenden –, wenn sie nach christlicher Auffassung zum Seelenheil gelangen wollen, oder können sie ihrer Religion treu bleiben und doch selig werden? Diese Frage stellt sich zwangsläufig angesichts dieser unterschiedlichen Formulierungen. Problematisch ist aber nicht nur dieser theologische Widerspruch. Schwerer wiegt – zumindest in der öffentlichen Wahrnehmung – der Eindruck, die Kirche verabschiede sich von ihrer 1965 neu gefundenen Haltung dem Judentum gegenüber. Viele Juden und Christen belastet die Sorge, dass eine Kehrtwendung erfolgen könnte, an deren Ende wieder das vorurteilsbeladene Wort von den »treulosen Juden« steht. Es mag sein, wie Kardinal Walter Kasper wortreich erklärte, dass beide Versionen theologisch irgendwie doch unter einen Hut zu bringen sind. Die Irritationen, die Sorgen, ja sogar Ängste vieler Christen und vor allem Juden beseitigt ein solcher Versuch der Beruhigung nicht – nicht nach einer so verlaufenen jahrhundertealten Vorgeschichte. Gerade wenn es so wäre, dass beide Texte letztlich doch die gleiche theologische Bedeutung trügen, gäbe es keinen Grund, durch eine missverständliche Neuformulierung einen Dialog zwischen Kirche und Judentum zu gefährden, der in einer nach Kirchenmaßstäben recht kurzen Zeitdauer von erst 45 Jahren gewachsen ist.
     
     

Heiliges Land oder Eretz Israel
     
    Im Verhältnis zwischen Kirche und Judentum gibt es also reichlich Konfliktstoff, der auf historischem Ballast und dogmatischen Festlegungen beruht. Zusätzliches

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