Schwarzbuch Kirche - Und führe uns nicht in Versuchung
nach Palermo gebracht wurde – und unverzüglich die Pestepidemie, die gerade in der Stadt wütete, zum Erlöschen brachte.
Natürlich fehlt es im italienischen Süden auch nicht an Erscheinungen der Madonna, auch wenn der Mezzogiorno über keinen Marienwallfahrtsort von der Größe und Bedeutung von Lourdes, Fátima oder gar Guadalupe in Mexiko verfügt. Aber kleinere Marienerscheinungen kommen häufig vor, nur ein Beispiel: In Oliveto Citra bei Salerno sah am 24 . Mai 1985 eine Gruppe von zwölf Jungen zunächst eine Sternschnuppe, hörte dann das Schreien eines Kleinkindes und erblickte schließlich eine weibliche Person, die mit der Muttergottes identifiziert wurde. Seitdem werden aus Oliveto Citra bis heute von einer Stiftung, die der damalige Ortspfarrer zur Verwaltung der Erscheinungen gegründet hat, »Botschaften« verkündet, die Maria offenbart hat. Diese Botschaften sind recht schlicht, sie rufen zu Umkehr und Gebet auf, um Italien vor Katastrophen und den Nachstellungen des Teufels zu schützen. Der Erzbischof von Salerno, Guerini Grimaldi, soll dazu gesagt haben, er könne Maria nicht hindern, zu erscheinen, wenn sie es wolle. Die Marienbotschaften von Oliveto Citra haben einen stabilen Anhängerkreis gefunden, er soll vielleicht hunderttausend Personen umfassen. Ob daraus einmal eine große Wallfahrt wird oder ob die Sache wieder einschläft, wer weiß? Die Kirche lässt die Gläubigen gewähren.
Streit um Maria
Aber selbst im 21 . Jahrhundert können Marienerscheinungen noch zu heftigen inner- wie außerkirchlichen Streitigkeiten führen, zu Intrigen und sogar zu Gewaltausbrüchen. Solches ereignet sich heute in Medjugorje, einem kleinen rein kroatisch und katholisch besiedelten Ort in der Herzegowina. Als dort die Erscheinungen im Jahr 1981 begannen, war Marschall Tito zwar schon tot, aber noch existierte der Staat Jugoslawien und es herrschte die Kommunistische Partei. Ganz ähnlich wie später in Oliveto Citra erschien einer Gruppe von sechs Kindern eine Frau, in der sie die heilige Maria erkannten und die sich als »Königin des Friedens« bezeichnete. Der Pfarrer von Medjugorje begleitete die Gruppe und publizierte die vielen Botschaften, die im Wochenabstand von den »Seherkindern« niedergeschrieben wurden.
Nun war der Pfarrer von Medjugorje ein Angehöriger des Franziskanerordens, und die Franziskaner haben seit der türkischen Zeit die Kroaten seelsorglich betreut, auch als es noch keine Bischöfe dort geben durfte. Den kroatischen Nationalisten standen sie nahe, ja im 20 . Jahrhundert sympathisierten viele Ordensmitglieder mit der faschistischen Ustascha-Bewegung, ein extremer Fall war Pater Filipovic, der es bis zum Kommandanten des kroatischen KZ Jasenovac brachte. Zunächst stießen die »Erscheinungen«, die schnell Anhänger fanden, bei den noch kommunistischen jugoslawischen Behörden auf Widerstand, der Pfarrer von Medjugorje wurde wegen seiner Unterstützung des Phänomens zu drei Jahren Gefängnisstrafe verurteilt. Der Bischof von Mostar, Pavao Žani´c, sympathisierte zunächst mit den »Sehern«, nach längerer Prüfung erklärte er jedoch, die »Erscheinungen« hätten keine übernatürliche Ursache und würden demzufolge kirchlich nicht anerkannt. Das Urteil des Bischofs wurde von der herzegowinischen Franziskanerprovinz, die in Medjugorje den Pfarrer stellt, jedoch nicht akzeptiert. Die Franziskaner hatten im Bosnienkrieg deutliche Sympathien für den Kroatischen Verteidigungsrat gezeigt, der »ethnische Säuberungen« durchführte, die sich gegen die serbische Bevölkerung richteten, und der auch für die Zerstörung serbisch-orthodoxer Kirchen und Klöster verantwortlich war. Und weil sich die Streitigkeiten mit dem Bischof von Mostar um die Anerkennung der Erscheinungen der »Friedenskönigin« nicht im Sinn der Franziskaner hatten lösen lassen, griff man zu anderen Mitteln. Am letzten Fastensonntag des Jahres 1995 entführten kroatische Freischärler Bischof Peri´c, Žani´cs Nachfolger, verprügelten ihn und sperrten ihn in einer Kapelle des Franziskanerordens ein. Erst die Friedenstruppe der Vereinten Nationen konnte den Bischof befreien.
Trotz entgegenstehender Erklärungen und Anweisungen der jugoslawischen Bischofskonferenz und der römischen Glaubenskongregation fuhren die Franziskaner damit fort, für die Wallfahrt nach Medjugorje zu werben und die »Botschaften« zu verbreiten. Bischof Peri´c erklärte 2006 , dass inzwischen beinahe von einer
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