Schwarzbuch Kirche - Und führe uns nicht in Versuchung
ein, es ging jetzt nur noch unverhüllt um Gier nach Land und Macht. Offiziell endete der Kreuzzug nach zwanzig langen Jahren 1229 . Einzelne Militäraktionen gegen Städte mit teils katharischer Bevölkerung fanden auch noch viel später statt, 1244 wurde die letzte Festung der Katharer im Languedoc, Montségur, erobert und erst 1277 Sirmione am Gardasee, wohin sich italienische und okzitanische Katharer geflüchtet hatten. Beide Male wurden hunderte von Menschen massakriert und die letzten Katharer, die den Kreuzzug überlebt hatten, als Ketzer auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Aus Sirmione brachte man mindestens 166 Gefangene in die Arena von Verona, wo sie vor Publikum hingerichtet wurden. Wenn man das nächste Mal die oberitalienische Stadt besucht oder Verdis »Gefangenenchor« hört, sollte man auch an dieses Ereignis denken – Verona hat es nämlich vergessen. Zur Belohnung für seinen Einsatz gegen die Katharer aus Sirmione wurde übrigens der Stadtherr von Verona, Mastino della Scala, von Papst Nikolaus III . von der Exkommunikation gelöst und wieder in Ehren in die volle Gemeinschaft der Kirche aufgenommen. Mastino war schon viele Jahre zuvor von Papst Clemens IV . exkommuniziert worden, weil er die Politik der Kaiser aus dem Haus der Staufer gegen den Papst unterstützt hatte. Die Ketzerverbrennung, die Ermordung von 166 Menschen, nahm der Papst als schreckliches Sühneopfer für Unbotmäßigkeit gegenüber einem Vorgänger an. Wie weit war die Kirche gekommen!
Die Hunde des Herrn
Der Albigenserkreuzzug hatte zwar die Kirchenstruktur der Katharer zerstört, und viele von ihnen waren getötet worden. Auch die Unterstützer aus dem okzitanischen Adel waren besiegt und das Land in die Hände des französischen Königs gelangt. Nur das Gedankengut der Katharer war damit nicht verschwunden, auch andere Gruppen von »Ketzern« mit flexibleren Strukturen, vor allem die Waldenser, konnten sich im Untergrund behaupten. Die Päpste brauchten also ein anderes Mittel, um die Lehre der Kirche gegenüber Andersgläubigen durchzusetzen. Und wieder einmal kam die Hilfe aus Spanien, zunächst durch einen Zufall. Der kastilische König Alfons VIII . sandte zwei Geistliche auf Brautschau nach Dänemark, um dort für den Thronfolger, Prinz Ferdinand, eine dänische Prinzessin abzuholen. Die Gesandten waren Diego de Acebo, ein Zisterzienser, der Bischof in Osma war, in dieser neugegründeten Diözese aber offenbar nicht recht wusste, was er tun sollte, und der Vorsteher der Augustiner-Chorherren von Osma, Domingo de Guzmán. Auf der Reise kamen die beiden Geistlichen durch das Languedoc, lernten die Lehre der Katharer kennen und sahen, wie die Zisterzienser mit ihrer Weise, den wahren Glauben zu verbreiten, scheiterten. Domingo analysierte, dass die Zisterzienser mit ihrem pompösen Auftreten dem Wunsch vieler Menschen nach einem einfachen, armen Leben in der Nachfolge Christi nicht entsprachen. »Eifer muss durch Eifer, Demut durch Demut, falscher Heiligkeit durch echte Heiligkeit begegnet werden, der Predigt der Lüge durch die Predigt der Wahrheit«, forderte er.
Die dänische Prinzessin starb und die beiden Geistlichen, die offenbar keine Lust hatten, nach Kastilien zurückzukehren, begaben sich nach Rom. Hier erhielt Domingo oder Dominikus, wie man ihn im deutschen Sprachraum eher kennt, den Auftrag, zusammen mit den Zisterziensern noch einmal einen Bekehrungsversuch bei den Katharern zu unternehmen, diesmal nach seiner Methode, also mit Bescheidenheit und Schlichtheit. Dominikus hielt es aber für sinnvoll, eine eigene Gemeinschaft von Mönchen zu gründen, die gegen die Katharer predigen könnten. So entstand 1215 in Toulouse der Dominikanerorden. Nur sollte dieser eigentlich menschenfreundlich und vernünftig klingende Ansatz des Ordensgründers, der 1234 heiliggesprochen wurde, schon kurz nach seinem Tod im Jahr 1221 ins Gegenteil verkehrt werden.
Im Dienst der »Heiligen Inquisition« verbreiteten Dominikaner in Europa und in den Kolonien Spaniens und Portugals Furcht und Schrecken und ersetzten die prächtigen Gottesdienste der Zisterzienser durch schaurige Rituale von Schuld und Tod. 1233 , also vier Jahre nach dem offiziellen Ende des Albigenserkreuzzuges, übertrug Papst Gregor IX . dem jungen Orden die Aufgabe, in ganz Europa nach Ketzern zu suchen, sie zu bekehren und sie für ihre Sünde der Häresie gehörig zu bestrafen. Der Papst richtete Schreiben an alle Klöster des Dominikanerordens
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