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Schwarzbuch Kirche - Und führe uns nicht in Versuchung

Titel: Schwarzbuch Kirche - Und führe uns nicht in Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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Winter über gemeinsam mit den Kreuzrittern vor der Stadt ausharren, das heißt hungern und frieren mussten. Erst im Juni 1098 gelang durch Bestechung einer Torwache den Kreuzfahrern die Eroberung der Stadt. Für alle nichtchristlichen Bewohner wurde dies zum Todesurteil. Wieder wurden tausende von Männern, Frauen und Kindern grausam abgeschlachtet. Deus lo vult!
    Noch war freilich der Sieg nicht sicher und die Stellung der Kreuzritter in Antiochia alles andere als ungefährdet, denn es nahte ein islamisches Entsatzheer, das Kerboga, der Atabeg (Statthalter) von Mosul im heutigen Irak, heranführte. Das von der langen Belagerung und dem Kampf um die Einnahme Antiochias geschwächte Kreuzfahrerheer schien hoffnungslos unterlegen. Glücklicherweise »entdeckte« zum richtigen Zeitpunkt der Mönch Peter Bartholomäus aufgrund einer Vision des Apostels Andreas – wie er den wundersüchtigen Rittern erklärte – in einer Kirche Antiochias die Heilige Lanze, mit der einst ein römischer Soldat den Tod Christi am Kreuz festgestellt haben soll. Groß war der allgemeine Jubel; der päpstliche Legat Adhemar hielt sich vornehm zurück, obwohl er genau wusste, dass diese »Heilige Lanze« eine dreiste Fälschung war. Die Hungersnot der Kreuzfahrer wurde zu einer heiligen Fastenzeit erklärt, und am 28 . Juni 1098 wagten die Kreuzfahrer den Ausfall. Bohemund von Tarent hatte den Schwindel ebenfalls durchschaut, nutzte aber dennoch die Heilige Lanze als Heerzeichen, das seinen ausgemergelten Rittern neuen Mut einflößen sollte. Der Mönch Raimund aus dem französischen Kloster Vézelay erhielt den Auftrag, mit der Lanze in der Hand den Heerzug der Ritter anzuführen. Aufgrund glücklicher Umstände gelang Bohemund das tollkühne Manöver, Kerbogas Heer wurde in die Flucht geschlagen. Bohemund konnte sich als Fürst von Antiochia etablieren, für ihn endete hier der Kreuzzug. Knapp zweihundert Jahre sollte das neue Fürstentum, dieser auf Gewalt gegründete Kreuzfahrerstaat, bestehen, heute ist die Geschichte längst darüber hinweggegangen.
     
    Eine Greueltat der Kreuzfahrer jedoch schien selbst den sicher hartgesottenen Muslimen so außergewöhnlich abscheulich, dass sie deren Bild von den Christen über Jahrhunderte prägte und heute noch erinnert wird. Die antiwestliche Polemik heutiger arabischer Fundamentalisten nutzt immer noch die Parole vom »fränkischen Kinderfresser« – durchaus auf Tatsachen beruhend: Die eigentlich fruchtbare und landwirtschaftlich gut bestellte Ebene um Antiochia war aufgrund der Belagerung im Frühling des Jahres 1098 nicht bestellt worden, die Bauern waren tot oder geflohen, die Dörfer verbrannt. Die nähere Umgebung hatte durch die Plünderungen der Belagerungsarmeen ebenfalls schwer gelitten. Es gab also in Antiochia im Winter 1098 nichts mehr zu essen. Esel, Pferde, Hunde, Ratten, selbst altes Leder wanderte in die Kochtöpfe. Die Kreuzfahrer griffen räumlich weiter aus und eroberten, hier unter der Führung Raimunds von Toulose, am 12 . Dezember 1098 die Kleinstadt Maarat an-Numan im heutigen Syrien.
    Als man entdeckte, dass auch dort längst Hunger herrschte und das erhoffte Festmahl ausblieb, richteten die frommen Ritter ein Massaker an, kein Einwohner überlebte, es sollen nach zeitgenössischen, wenngleich wohl wenig präzisen Quellen 22 000 Tote gewesen sein. Anschließend, so überliefert es ein fränkischer Chronist, briet man kleine Kinder wie Spanferkel und verspeiste sie. Ein anderer Schreiber berichtet, beinahe entschuldigend: »Die Armen unter unseren Pilgern hatten begonnen, die Körper der Heiden zu zerlegen, um die in deren Mägen versteckten Goldmünzen zu finden; andere, vom Hunger gequält, zerteilten deren Fleisch in Stücke und kochten es, um es zu verzehren.« Selbst Erzbischof Dagobert von Pisa, den der Papst als Nachfolger des im August 1098 an Typhus verstorbenen Bischofs Adhemar zum Legaten im jetzt sogenannten »Heiligen Land« und zum ersten Lateinischen Patriarchen von Jerusalem bestellt hatte, musste dem Papst über die Einnahme von Maarat an-Numan berichten: »Eine schreckliche Hungersnot, die unsere Armee überfiel, brachte diese zu der grausamen Notwendigkeit, sich von den Leichnamen der Sarazenen zu ernähren, die schon in Verwesung waren.« Eine Tendenz der Beschönigung ist diesem Bericht anzusehen, gleichwohl darf man unterstellen, dass der Papst über die wirklichen Vorgänge gut unterrichtet war.
    Diese Vergangenheit ist im Islam bis heute lebendig

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