Schwarzbuch ÖBB
ganz normale Anstellung nach ASVG -Recht, ohne besonderen Kündigungsschutz und mit einer nur halb so hohen Pension wie die Beamten. Außerdem war es vorbei mit den Frühpensionen – sie wurden bei der Versicherungsanstalt für Eisenbahn und Bergbau ( VAEB ) versichert. 2009 gab es 13.496 Beschäftigte und 18.489 Pensionisten dieser Art. Die Pensionshöhe lag im Durchschnitt bei 14.900 Euro – nur etwa die Hälfte dessen, was Beamte erhielten.
Ursachen für das ÖBB-Pensionsdesaster
Laut Pocher gibt es zwei Ursachen für das ÖBB -Pensionsdesaster. Zum einen war es eine Folge der SPÖ -Politik, die darauf abzielte, möglichst viele Leute in staatseigenen oder staatsnahen Betrieben unterzubringen, egal, ob sie gebraucht wurden oder nicht. Bis 1969 stieg die Zahl der Beschäftigten auf 81.000 an und fiel langsam wieder ab auf 67.000 im Jahr 1990.
Vollkommen aus dem Ruder lief die Sache aber durch die systematischen Frühpensionierungen. Das Ergebnis dieser Politik ist, dass es heute viel zu viele ÖBB -Pensionisten gibt und dass die Pensionsleistungen im Vergleich zu Normalsterblichen viel zu hoch sind. Die Kosten stiegen auch deshalb so stark, weil zu Pochers Zeiten zahlreiche Beschäftigte kurz vor der Pensionierung noch in die nächste Gehaltsgruppe befördert wurden – damit die Pension höher ist. Nach dem Motto: Zahlt eh der Staat!
Erzwungene Frühpensionierungen
Im Jahr 2003 – viel zu spät, sagt Pocher – wurde vorsichtig begonnen, die Privilegien der ÖBB -Beschäftigten erster Klasse zu begrenzen. Die damals schwarz-blaue Regierung beschloss, die Frühpensionierungen einzuschränken und das Antrittsalter für Pensionen auf 61,5 Jahre anzuheben. Aber nicht von heute auf morgen, sondern mit langfristigen Übergangsbestimmungen. Und weil die ÖBB damals viel zu viel Personal hatten, gab es den politischen Auftrag an das ÖBB -Management, Mitarbeiter loszuwerden; um fast jeden Preis.
Wegen des Dienstrechts waren Kündigungen jedoch nicht so ohne weiteres möglich, und so versuchte es das Management mit Zuckerbrot und Peitsche.
Pocher kann sich noch gut daran erinnern. Wenn jemand 49 Jahre alt war, hieß es: »Wir haben keine Arbeit mehr für Sie! Gehen Sie ein Jahr lang vorzeitig in den Ruhestand und dann in Pension.« Manche ließen sich von goldenen Abschiedsgeschenken verlocken – Sonderzahlungen von 30.000 Euro.
Wer nicht zustimmte, wurde mit dem Argument überzeugt, dass man ansonsten zehn Jahre länger arbeiten müsse und am Ende eine kleinere Pension erhalten werde. Ein wirksames Argument war auch der Hinweis, dass man als Beamter in Frühpension unbegrenzt dazuverdienen darf, als ASVG -Versicherter jedoch nicht.
Fast unverändert
Der drastische Abbau von Personal führte jedenfalls dazu, dass das Pensionsantrittsalter zwischen 2003 und 2009 nur um einen einzigen Monat anstieg, von 52,2 auf 52,3 Jahre.
In manchen Abteilungen wurden so viele Leute »abgebaut« und in die Pension geschickt, dass es Schwierigkeiten gab, alle notwendigen Arbeiten zu erfüllen. Woraufhin viele Leiharbeiter aufgenommen wurden. Sie waren billiger als die Beamten, die man in Pension geschickt hatte. Pocher bezweifelt, dass sich der Staat damit Geld erspart hat. Denn nun mussten nicht nur die vielen zusätzlichen ÖBB -Pensionen bezahlt werden, sondern über die staatlichen Zuschüsse auch die zusätzlichen Leistungen der Leiharbeiter.
Pocher selbst blieb länger als vorgesehen bei den ÖBB und ging erst vor kurzem in Pension. Mit einem etwas geringeren Betrag, als ihm ursprünglich versprochen wurde. Wenn er noch einmal die Wahl hätte, würde er wieder zu den ÖBB gehen. Am Anfang war die Bezahlung schlecht. Aber im Unterschied zu Normalversicherten habe er heute eine schöne Pension und damit fast ein schlechtes Gewissen – das jedoch schwindet, wenn er an den höheren Pensionsbeitrag oder den Pensionssicherungsbeitrag denkt, den er im Vergleich zu den ASVG -Versicherten bezahlen muss.
Staatliche Kosten für ÖBB-Beamtenpensionen in Milliarden Euro von 2005 bis 2012
Quellen: Statistik Austria; Bundesfinanzgesetz 2013; »Studie im Auftrag des Staatsschulden-Ausschusses « von B. Grossmann und E. Hauth, Mai 2010; in den »staatlichen Ausgaben« ist das Pflegegeld nicht enthalten. Wegen Buchungsänderungen und Vorlaufzahlungen sind die Zahlen von 2011 und 2012 nur bedingt vergleichbar.
Wer soll das bezahlen, wer hat so viel Geld?
Wie sehr die ÖBB -Pensionisten den Staatshaushalt belasten, kann man an Zahlen
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