Schwarzbuch Scientology
alle kranken Menschen eine potentielle Schwierigkeitsquelle (»… all sick people are PTS.« Hubbard, L. Ron: »Dianetics and Scientology Technical Dictionary.« Los Angeles, 1975, S. 326)
Da die Kontrolle umfassend ist, darf das Gebäude auch nur in der Gruppe verlassen werden. Wird von außen Kontakt aufgenommen, wird auch dieses kontrolliert. Telefonate werden in Anwesenheit eines Sea-Org-Mitarbeiters getätigt, Briefe werden geöffnet ausgehändigt. Kontrolle total.
Wann das Aufnahmeprogramm beendet ist, wird von
denjenigen bestimmt, die die Aufsicht führen. Selbst wenn bei Ankunft maximal drei Wochen in Aussicht gestellt werden, kann sich das schnell als Irrtum herausstellen. So gibt es Schilderungen, dass sich dieses Programm über Monate hinzieht, und wenn es schlecht läuft, damit endet, wieder nach Hause geschickt zu werden. Für Mitglieder der Organisation, die verinnerlicht haben, dass es einzig und allein darum geht, über die funktionierende Scientology die Menschheit zu retten, kann eine Abweisung für die Person selbst, aber auch für das scientologische Umfeld als Katastrophe begriffen werden. Man hat schließlich versagt.
»Vivian verklagt Scientologen-Eltern.« Im Jahr 2002 beherrscht die deutschen Medien erstmals das Schicksal einer jungen Frau, die durch ihre Eltern scientologisch aufgewachsen ist und nach ihrem schweren Weg hinaus Rechenschaft für die scientologische Erziehung einfordert.
Auch Vivian hatte Erfahrungen mit der Eliteeinheit. Allerdings in England, dem weiteren Europazentrum, neben Kopenhagen. In der Nähe Londons gelegen, in West Sussex. Saint Hill ist die scientologische Bezeichnung für das britische Refugium. Angeboten werden dort, wie auch in Dänemark und den USA, die höheren Abschlüsse des Scientology-Imperiums. Aus aller Welt kommen die Scientologen, um dort die höheren OT-Weihen zu erhalten. Um nämlich diese Kurse anbieten zu können, müssen Einheiten eine bestimmte Größe erreicht haben. In vielen Schriften, von der Saint Hill-Größe geschrieben.
Mit 13 Jahren macht Vivian das erste Mal Erfahrung mit der Elite. Auch sie muss natürlich das Estate-Projekt-Force durchlaufen. Ohne Eltern, ohne formale Erziehungsberechtigte
untergebracht. MEST-Work, die Arbeit für Materie, Raum, Zeit und Energie, sieht körperliche Arbeit vor. Stundenlang, manchmal bis tief in die Nacht. Die Ernährung ist nicht gerade kindgerecht und gesund, Bohnen und Reis, ausschließlich. Körperliche Arbeit, Studium der Hubbard-Schriften, Vivian hält es nicht lange aus. Aber der Druck bleibt, die Sea-Org als erstrebenswerte Lebensplanung, Vivian hatte Träume, wie alle Teenies, am liebsten eine künstlerische Karriere. Mit 15 Jahren der zweite Aufenthalt, nun soll es endlich klappen mit der Aufnahme und der Erfüllung der Träume. Das Aufnahmeprogramm war wie zuvor, harte körperliche Arbeit, dieses Mal an einem Gebäude namens Walsh Manor, Renovierungen sind nötig und die Fünfzehnjährige arbeitet und arbeitet. Sie hat Stress, weil es - für das jugendliche Alter nicht ungewöhnlich - eine erste kleine zarte Liebelei gibt. Bei Scientology ein Vergehen auf der Zweiten Dynamik.
Sie wird bestraft. Wochen-, ja monatelang muss sie ihre Overts aufschreiben, sie gilt als out-ethic und darf auch nur mit den anderen zu klassifizierten Personen essen. Sie leidet, sie wird krank, aber statt Medikamenten, denn die sind ja verboten, der so genannte Lokalisierungsprozess, was die Schmerzen aber nicht lindert. In ihrer Klage gegen die Eltern will sie später mit einem Attest beweisen, dass ihr Rückenleiden von der harten Arbeit im Wachstumsalter herrührt. Vor allem aber verklagt sie ihre Eltern und damit erstmalig die scientologische Erziehung wegen der mangelnden Schulausbildung. Ohne ordentlichen Schulabschluss verlässt sie 1998 die Organisation und ihre Familie. Immer wieder berichten Ex-Scientologen
von angeblichen Grausamkeiten der »See-Organisation«. Scientology-Gründer L. Ron Hubbard hatte die Truppe 1967 initiiert - »aus Sorge um das Wohlergehen der Menschheit«, heißt es auf der Homepage der »Kirche«. Die Realität ist offenbar eine andere. Da ist von Drill und endloser Schufterei die Rede. Auf Krankheiten werde keine Rücksicht genommen. Für Schule sei fast nie Zeit. Wer aufgibt, gilt als Versager, als Schande für die Familie«, berichtet die Hamburger Morgenpost am 30.10.2002 von dem Prozess Vivians. Das Gericht vermittelt, allerdings mit sehr deutlicher Aussage, dass Vivian
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