Schwarzbuch Wachtturmgesellschaft - der verborgene Januskopf (Will Cook und die Wachtturmgesellschaft) (German Edition)
erlitten haben.
Die es aber keinesfalls wagen dürfen, dieses Thema auch nur offen anzusprechen oder gar die Frage nach der Verantwortlichkeit der Gesellschaft zu stellen.
Die Enttäuschung ist jedoch da und lässt sich nicht leugnen. Ein ansonsten linientreuer Versammlungsaufseher hatte mir vor einigen Jahren von einem befreundeten Bruder erzählt, der als qualifizierter Sprecher wichtige Vorträge bei Bezirkskongressen in Kapstadt halten durfte, und der ihm gegenüber seine Enttäuschung deutlich zum Ausdruck gebracht hatte.
Dieser Bruder sei von ihm noch einmal besucht worden, als er sich mit einer schweren Erkrankung bereits im finalen Stadium befand. Bei dieser Gelegenheit habe er ihm gestanden, dass er sich von Jehova Gott persönlich getäuscht fühle, da – entgegen den vielen Ankündigungen – nunmehr sein Ende, nicht jedoch das Ende dieser alten Ordnung gekommen sei.
Wie kann er Gott dafür nur verantwortlich machen, hatte ich damals überlegt und war zunächst innerlich empört.
Später habe ich diese Vorwurfshaltung aber eher mit den Auswirkungen der Krankheit des so hart betroffenen Bruders entschuldigt und mir keine weiteren Gedanken gemacht.
Aber auch dieser Bruder wurde enttäuscht, soviel stand damals für mich fest.
Nur von wem war mir immer noch nicht klar. Ebenso enttäuscht wie jene bereits erwähnte Generation, die 1914 noch bewusst erlebt hat und nach Aussage der WTG keinesfalls vergehen würde, 78 bis sich der Abschluss dieses Systems der Dinge vollzogen hätte.
Und wieder einmal eine Generation, die nach Aussage der Gesellschaft die berechtigte Aussicht hegen durfte, nicht sterben zu müssen. 79
Aber tatsächlich ist auch diese Generation von der WTG und ihren Ankündigungen enttäuscht worden, wenn sie deren Prophezeiungen ernsthaften Glauben geschenkt hat.
Entgegen den eindeutigen Ankündigungen der WTG 80 hat auch sie das Ende dieses Systems nicht mehr gesehen. Jahrzehntelang wurde gepredigt und das Versprechen der Organisation, dass diese Generation das Ende des Systems noch erleben würde, an jeden weitergegeben, der bereit war, zuzuhören.
Bis Oktober 1995 wurde dies von der Gesellschaft sogar ausdrücklich im Impressum jeder Erwachetzeitschrift abgedruckt. Und noch mit dem Zusatz versehen, dass Jehova Gott dieses Versprechen persönlich abgegeben habe.
Das Versprechen eines Gottes, der nicht lügen kann und zu dem kein Wort ergebnislos oder unverrichteter Ding zurückkehrt? 81 Ein Versprechen, das dann aber, quasi über Nacht, als dieser Satz aufgrund der Fakten aus den Erwachetzeitschriften gestrichen und eine neue Generationsdefinition geschaffen werden musste, plötzlich nichts mehr wert sein sollte?
Man muss sich schon fragen, warum die Resonanz auf diese neuerliche Enttäuschung und über das angeblich gebrochene Versprechen Gottes, das dieser in Wirklichkeit nie abgegeben hat, bei den gläubigen Zeugen Jehovas so gering ausgefallen ist. So gering, dass die Gesellschaft keine Veranlassung dazu sah, die richtigen und angemessenen Konsequenzen aus ihrem Fehlverhalten zu ziehen.
Außer der einen, bereits angesprochenen Änderung, auf die Angabe von konkreten Jahresangaben zunächst zu verzichten und stattdessen das Ende in Kürze anzukündigen. Warum ist uns diese Taktik so lange nicht aufgefallen?
Ein Grund dafür liegt vermutlich in der Tabuisierung der internen Vorgänge. Während der ganzen Zeit meiner Zugehörigkeit von mehr als zehn Jahren zu den Versammlungen in Südafrika und Deutschland sind die Vorgänge der fehlgeschlagenen Prophezeiungen, ihrer Ursprünge und die Lehränderungen nie auch nur im Ansatz kritisch diskutiert oder angesprochen worden.
Ebenso wenig ist es bei privaten Zusammenkünften üblich oder auch nur möglich, sich über solche Themen kontrovers zu unterhalten, ohne dass Kritiker es riskieren, anschließend angeschwärzt zu werden und Probleme mit den Ältesten ihrer Versammlung zu bekommen. Man kann in dieser Hinsicht nur wenigen Brüdern und Schwestern trauen.
Da die Zeugen von der WTG dahingehend instruiert werden, dass sie einem Kritiker am besten helfen, wenn sie den zuständigen Ältesten von dessen „geistiger Schwäche“ berichten, brauchen sie bei einer Denunziation kein schlechtes Gewissen zu bekommen – sie tun doch etwas Gutes, oder?
Dennoch bleibt die Frage unbeantwortet, wie es die Gesellschaft angesichts der immer offener zutage tretenden Widersprüche schafft, ihren Anspruch als Sprachrohr Gottes die Wahrheit zu
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