Schwarzbuch Wachtturmgesellschaft - der verborgene Januskopf (Will Cook und die Wachtturmgesellschaft) (German Edition)
Präsident auch die Führung der verschiedenen Korporationen der Gesellschaft innehatte.
Der Konflikt vollzog sich Anfang der 1970er Jahre und dauerte bis zu seiner Lösung ungefähr ein halbes Jahrzehnt an.
Vordergründig ging es dabei um die Frage der eigentlichen Machtausübung in der Organisation und damit auch indirekt auch um das Problem der Organisationsziele. Raymond Franz berichtet darüber anschaulich in seinem Buch „Der Gewissenskonflikt“ aus eigenem Erleben.
Während im Schrifttum der Gesellschaft die Ansicht vertreten wird, dass eine leitende Körperschaft über den gesamten Zeitraum seit Gründung der Gesellschaft ununterbrochen die Kontrolle über die Organisation ausgeübt hat, widerspricht Raymond Franz dieser Ansicht mit deutlichen Worten:
„Leider war das ganz einfach nicht wahr. Die Tatsachen, die anhand der Veröffentlichungen der Watch Tower Society selbst und der Äußerungen ihrer Direktoren belegt wurden, zeigen eindeutig, dass von einer leitenden Körperschaft unter der Präsidentschaft Russells im 19. Jahrhundert keine Rede sein konnte, ebenso wenig im 20. Jahrhundert unter der Rutherfords, und dass es auch zu Knorrs Präsidentenzeiten keine gab, die der Beschreibung im Wachtturm entsprochen hätte ... Tatsache ist, dass seit Gründung der Organisation eine monarchische Herrschaftsform bestand.“ 134
Gegen diese von Raymond Franz wohlwollend so bezeichnete monarchische Führungsform regte sich Anfang der 1970er Jahre in der leitenden Körperschaft Widerstand.
Keineswegs ging dieser aus den Reihen der Zeugen hervor. Diese standen dem Geschehen vermutlich aufgrund mangelnder Information eher unbeteiligt gegenüber. Für sie war klar und davon gingen und gehen sie nach wie vor aus, dass die leitende Körperschaft das war, was sie zu sein vorgab, nämlich der von Gott Jehova dazu ernannte „treue und verständige Sklave“, der als Gruppe letztendlich die Führung und Kontrolle über die ganze Organisation innehat. Diese leitende Körperschaft war von Jesus nach ihrem Verständnis nach seiner Rückkehr und Begutachtung der Organisation im Jahr 1919, also ungefähr drei Jahre nach dem Tod Russells, über „seine Hausknechte“ und „über seine ganz Habe“ 135 gesetzt worden.
Soweit die einheitliche Auffassung und Sprachregelung in der Organisation, die, wie Raymond Franz es beschreibt, jedoch keinesfalls den tatsächlichen Gegebenheiten entsprach. Die Macht in der WTG lag in dieser Zeit nach seinen Beobachtungen ausschließlich bei dem Präsidenten und seinem Stellvertreter.
Die Kritik unter denjenigen, die sich dieses Widerspruchs bewusst waren, darunter Raymond Franz, wurde nur innerhalb des Leitungsgremiums offen artikuliert. Diese Gruppe wehrte sich geschlossen gegen die weitere Fortsetzung der nach ihrer Ansicht überkommenen Einmannherrschaft und wollte, dass die Leitung in allen Belangen auch tatsächlich von dem dafür vorgesehenen Gremium der leitenden Körperschaft ausgeübt werden sollte. So, wie es durch mannigfaltige Publikationen und Aussagen dem theokratischen Fußvolk regelmäßig mitgeteilt wurde. Keinesfalls war man bereit, sich noch länger nur mit einer bloßen Beraterfunktion dieser Institution in geistigen Belangen zufriedenzugeben.
Als exemplarisch für die Opposition kann eine Äußerung des damaligen Sekretär-Kassierers der Gesellschaft, Grant Suiter, angesehen werden, der mit den Worten „wenn wir jetzt eine leitende Körperschaft sein sollen, dann soll es aber auch losgehen mit dem Leiten! Ich habe bisher jedenfalls noch nichts zu leiten gehabt“, 136 seinem Unmut Luft machte.
Im Verlauf dieser für theokratische Verhältnisse sehr heftigen Auseinandersetzung wurde von dem damaligen Vizepräsidenten Fred Franz das Wort vom „Schwanz, der mit dem Hund wedelt“ 137 geprägt, was ja wohl so nicht angehen könne. Dass der Schwanz, die Leitung der Organisation, der Korporationen, den Hund, die leitende Körperschaft bewegt. Erstaunlicherweise stammt diese Illustration von einem der maßgeblichen Gegner der verlangten Reform, die vor allem vom Präsidenten Knorr und ihm, dem Onkel von Raymond Franz, repräsentiert wurde, der seine Äußerung wahrscheinlich genau umgekehrt verstanden wissen wollte.
Die beiden Amtsinhaber wollten den bisherigen Status quo, also eine leitende Körperschaft, so wie sie historisch entwickelt hatte und jetzt noch existierte auch in dieser Form, das heißt ohne tatsächliche Kompetenzen im wirtschaftlichen Sektor der
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