Schwarzbuch Wachtturmgesellschaft - der verborgene Januskopf (Will Cook und die Wachtturmgesellschaft) (German Edition)
Organisation, erhalten.
Als Schwanz des Hundes, der die Korporationen darstellte. Und dieses ungeachtet aller nach außen verbreiteten gegenteiligen Behauptungen der Führung der Organisation durch eben diese leitende Körperschaft und dem sich daraus ergebenden Widerspruch zur Realität. 138
Die alleinige, exklusive und unkontrollierte Macht über die gesamte Organisation sollte bei dem Präsidenten und seinem Stellvertreter verbleiben. Und damit auch die Kontrolle über die wirtschaftlichen Unternehmen der Gesellschaft.
„Die leitende Körperschaft übte keine Kontrolle über die Gesellschaft aus, weder zu der Zeit, als der Vortrag (Rede von Vizepräsident Franz, abgedruckt im Wachtturm vom 1. April 1972, Anm. der Verfasser) gehalten wurde, noch als er veröffentlicht wurde, noch in den darauf folgenden vier Jahren.“ 139
Und genau darum scheint es bei diesem Machtkampf in erster Linie gegangen zu sein. Zumindest bei den Verfechtern des Status quo, die zwar keine theokratischen und biblischen Argumente für ihre Haltung anführen konnten, aber dennoch nicht daran dachten, von ihren Privilegien und Kompetenzen abzurücken und ihre alleinige Kontrolle über die Wirtschaftsunternehmen der Gesellschaft abzugeben oder auch nur zu teilen.
Dagegen konnte die Gegenseite eher für sich in Anspruch nehmen, von theokratischen Prinzipien geleitet zu werden. Ihr ging es offensichtlich in erster Linie um die Glaubwürdigkeit. Schließlich wurde bereits seit Jahrzehnten im Schrifttum der Gesellschaft behauptet, dass Jesus Christus die Klasse des treuen und verständigen Sklaven und nicht etwa nur eine Einzelperson mit der Verantwortung für die Organisation beauftragt hatte. Ein Widerspruch, der sich nach Meinung der Kritiker in der leitenden Körperschaft auf weitere Sicht ohnehin kaum durchhalten lassen würde.
Für jeden geistig eingestellten Zeugen Jehovas, der angehalten ist, das Interesse seines Mitmenschen höher als das eigene zu achten, keinerlei Machtambitionen zu hegen und stattdessen in untertäniger Haltung Demut zu üben, müssen diese Vorgänge ohnehin unvorstellbar erscheinen. Für Präsident und Stellvertreter dagegen gab es scheinbar keine derartigen Gewissensprobleme. Auch keinerlei Konflikte mit Glaubwürdigkeit und ethisch-moralischen Prinzipien. Gegenüber der Außenwelt würde man an der Vorstellung festhalten - und diese auch weiterhin über die eigenen Publikationen vertreten und in der Organisation nach unten durchsetzen - dass allein das Gremium der leitenden Körperschaft die Leitungsfunktion wahrnehme.
So lassen sich die Ausführungen von Fred Franz verstehen und so ungefähr muss auch die Überlegung von Präsident Knorr gewesen sein. Es sind die Wirtschaftsunternehmen der Gesellschaft, denen ganz offensichtlich die eigentliche Priorität zukommt.
Man könnte es auch anders formulieren: In der Religion der Zeugen Jehovas sollten die wirtschaftlichen, eher weltlichen, durch die Korporationen vertretenen Interessen weiterhin im Vordergrund stehen. So, wie es bislang war und man es auch in der Zukunft handhaben wollte. Den geistigen Belangen kam dagegen nach Auffassung der Reformgegner wohl nur eine sekundäre Bedeutung zu.
Da die Kritiker sich aber auch noch in den kommenden Jahren unnachgiebig zeigten, ließ sich der Konflikt jedoch nicht länger von der Führung ignorieren, herunterspielen oder gar ganz unter den Teppich kehren. Aber es sollte vier weitere Jahre dauern, bis die Führung dem Drängen der widerspenstigen Mitglieder der leitenden Körperschaft letztendlich doch nachgab.
Den Kritikern gelang es schließlich, trotz hartnäckigem Widerstand von Präsident Knorr und seinem Vizepräsidenten Franz, einen Durchbruch zu erreichen. Damit gingen die Macht und die Kontrolle über die ganze Organisation im Rahmen einer Reform offenbar tatsächlich auf die leitende Körperschaft über.
Wedelte der Hund jetzt mit dem Schwanz – so wie es die Reformer sahen - und bedeutete die Umverteilung der Macht auch, dass die Organisation seit diesem Zeitpunkt prinzipiell primär nach geistigen Gesichtspunkten und Interessen und weniger nach glaubensfremden anderen Zielen geführt werden würde?
Zur Beantwortung dieser Frage ist es erforderlich, etwas tiefer in die Geschichte der Gesellschaft zurückzugehen und einen Blick, sowohl auf die Persönlichkeit ihrer Führer als auch die Grundüberzeugungen der Religion der Zeugen Jehovas und die Ursprünge dieser Bewegung zu werfen.
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