Schwarzbuch WWF: Dunkle Geschäfte im Zeichen des Panda (German Edition)
Produktion zu mainstreamen.«31
Sie bestätigt, dass es einen Vertrag über die Zusammenarbeit gibt und dass Wilmar »mit Hilfe des WWF gute Fortschritte auf dem Weg zu einer nachhaltigen Palmölproduktion« mache. Was versteht sie darunter? »Wilmar hat sich uns gegenüber verpflichtet, die besonders hochwertigen Waldflächen zu erhalten. Das ist ein großer Erfolg des WWF.« Amalia Pramesvari sieht offenbar gewisse Zweifel in unseren Blicken und fordert uns auf: »Sehen Sie sich das doch selbst an.« Das ließen wir uns nicht zweimal sagen lassen und stehen nun auf einer der neueren Plantagen des Konzerns, der PT Rimba Harapan Sakti, die erst im Jahr 2009 angelegt wurde.
Wie eine Fata Morgana taucht der »hochwertige« WWF-Wald im Dunst eines vorangegangenen Regenschauers vor uns auf – hinter einem Berg aus Setzlingen, Baumaschinen und den aufgetürmten Wurzelballen gerodeter Bäume. Nordin hat von dem WWF-Wald vor ein paar Monaten Luftaufnahmen gemacht und ihn vermessen: Es dürften nicht viel mehr sein als 80 Hektar, also etwa 900 mal 900 Meter. In 20 Minuten könnte man den Wald durchwandern. Er sieht armselig und gerupft aus. So habe ich mir »hochwertigen und unberührten« Regenwald nicht vorgestellt. Es handelt sich offensichtlich um nachgewachsenen Sekundärwald, nicht wertvoller als die Tausende Hektar Wald, die vor wenigen Monaten rundherum abgeholzt worden sind. Ein kleines Holzschild beseitigt unsere Zweifel: High Value Conservation Area (Hochwertiger Wald) steht da. Darunter ein Verbotshinweis: Man darf den Wald nicht betreten, nicht in ihm jagen, und auch Ackerbau ist streng untersagt.
Plötzlich entdecken wir in einer Baumkrone einen Orang-Utan. Er sieht abgemagert aus und starrt über das kahle Land. Fast wie sein Artgenosse in dem WWF-Werbespot. Alles, was er sieht, ist eine braune, vertrocknete Wüste. Sein Wäldchen hat keine Verbindung zu anderen Wäldern, es ist ein isoliertes Biotop. Kann er hier überleben? Nordin schüttelt den Kopf: »Nach unserer Bestandsaufnahme leben hier noch zwei Orang-Utans. Sie haben keine Chance, weil sie in der Falle sitzen. Eine Orang-Utan-Familie braucht nach Ansicht der Forschung etwa 10.000 Hektar, um ausreichend Nahrung zu finden und um sich zu vermehren. In diesem Wald gibt es nicht einmal genug Fruchtbäume für zwei Affen.«
Auf dem Fahrrad kommen ein paar Plantagenarbeiter vorbei. Sie bleiben stehen und wissen sofort, worum es geht: Europäer interessieren sich immer für Menschenaffen, selten für Menschen. Trotzdem geben sie freundlich Auskunft: Ja, sie kennen die Affen, aber die werden bald verhungern. Aus Not gehen sie in die Plantagen und stehlen Ölfrüchte oder reißen junge Ölpalmen aus. Was dann geschieht, will ich von den Arbeitern wissen. Sie lachen. Einer sagt leise: »Das Unternehmen schützt sein Eigentum.« Nordin hakt nach und schließlich spricht der Mann aus, was alle hier wissen: »Das Unternehmen bezahlt Jäger, um sie abzuschießen. Sie werden sterben – so oder so.«
Wir wollen wissen, ob der WWF etwas tut, um die beiden Affen im Wald zu schützen. Die Männer sehen uns verständnislos an: »Von denen haben wir noch nie jemanden hier gesehen.« Nordin erklärt: »Der WWF hat in Indonesien keine Orang-Utan-Projekte; er betreibt keine Auffangstationen, in denen die Tiere unterkommen könnten.«
Die deutsche WWF-Direktorin Dr. Martina Fleckenstein bestätigt auf Nachfrage, dass der WWF tatsächlich keine Schutzstationen für Orang-Utans unterhält.32 Sie legt aber Wert auf die Feststellung, dass er im Nationalpark Sebangau und anderswo Waldflächen rehabilitiere und damit indirekt auch für die Orang-Utans neuen Lebensraum schaffe. Das Problem ist nur: Die meisten Orang-Utans leben nicht in den wenigen Nationalparks des Landes, sondern in Sekundärwäldern, die sukzessive verschwinden. Die beiden Menschenaffen vor uns sind Überlebende eines Tiermassakers an den Orang-Utans, der im Namen des wirtschaftlichen Fortschritts geschieht – und im Namen der »regenerativen« Energie. Denn auch die Plantage PT Rimba Harapan Sakti wird nach Auskunft des Unternehmens das begehrte Zertifikat für »nachhaltiges Palmöl« beantragen. Wird sie es auch bekommen? Nordin muss lachen: »Nichts leichter als das – alle bekommen es.«
WWF-Plakat
Wir fragen die Arbeiter, was sie von ihrem Arbeitgeber halten. Das fröhliche Gelächter verstummt. Einige blicken ängstlich um sich, einer spricht offen aus, was er wirklich denkt:»Ich bin
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