Schwarzbuch WWF: Dunkle Geschäfte im Zeichen des Panda (German Edition)
Dayak aus der Gegend. Meine Familie hatte Land im Wald, wir lebten von seinen Früchten. Alles wuchs in Hülle und Fülle. Einen großen Teil der Ernte konnten wir auf den Märkten verkaufen. Jetzt ist alles zerstört. Selbst wenn man sämtliche Ölpalmen wieder ausreißen würde, nutzt das nichts. Die Erde ist verseucht, der Boden unfruchtbar. Es würde Jahrzehnte dauern, bis hier wieder etwas wächst.«
Der Mann deutet mit einer Kopfbewegung auf den WWF-Wald. »Die Orang-Utans haben es besser als wir. Mein Schwager hatte da seinen Waldgarten. Jetzt darf er ihn nicht mehr betreten, weil das jetzt angeblich hochwertiger Wald ist. Wir sind Vertriebene in unserer eigenen Heimat.«
In der Ferne entdecken wir dunkle, braune Rauchwolken. Als wir näherkommen, sehen wir: Der Wald brennt lichterloh. Es ist Wald, der laut WWF und Wilmar ebenfalls als »hochwertiger« Urwald erhalten bleiben sollte. Der Konzern hält sich offenbar nicht einmal an die bescheidenen Versprechungen, die er dem WWF gegeben hat. Wie wird es hier erst aussehen, wenn Wilmar das Projekt »Zentral-Kalimantan« abgeschlossen hat? Nach eigenen Angaben hat der Konzern für dieses Projekt Konzessionen über 271. 260 Hektar erworben. Davon sollen insgesamt 5.154 Hektar als »hochwertiger« HCV-Wald stehen bleiben. Das wären dann insgesamt 1,9 Prozent der Gesamtfläche. Selbst diesen recht bescheidenen Erfolg kann sich der WWF nicht auf seine Fahnen schreiben. Ein Blick auf die Landkarte macht deutlich, dass die meisten der von WWF und Wilmar ausgewählten »hochwertigen Waldgebiete« aus den sumpfigen Uferbereichen von Flüssen bestehen, also ungeeignet sind für die Anlage von Plantagen.
Grüne Wäsche
Der WWF reagiert auf Kritik an seiner engen Beziehung zur Palmölindustrie dünnhäutig. Nicht er habe die Landnutzung festgelegt, sondern der Staat. Wenn die Firmen die Konzession erworben haben, seien die Waldrodungen legal. Außerdem habe Indonesien ein Recht auf »wirtschaftliche Entwicklung«. Niemand könne den Vormarsch der industriellen Monokultur aufhalten, man könne aber im Dialog mit den Unternehmen ein besseres Management durchsetzen. Dazu hat der WWF im Jahr 2004 gemeinsam mit dem Nahrungsmittelkonzern Unilever alle Produzenten und Händler der Branche an den Round Table on Sustainable Palm Oil (RSPO) geladen.
Sitz der Organisation ist Zürich. Inzwischen sind über 500 Firmen zahlende Mitglieder des Runden Tisches: Produzenten, Händler und Financiers. Auf der Liste finden sich die Namen Bayer, Cargill, DuPont, Henkel, Mitsubishi, Nestlé, Shell, ADM, Ikea, Unilever, die Rabo-Bank, die HSBC-Bank und RWE. Alle machen mit, denn »nachhaltige« Produkte verkaufen sich besser. Und nur wer für sein Öl ein anerkanntes Nachhaltigkeitssiegel vorweisen kann, darf es in Europa auf den Treibstoffmarkt bringen, denn seit Anfang 2011 gilt hier die Verordnung für »regenerative Energien.«
Der WWF ist Mitglied der RSPO-Geschäftsführung und hat gemeinsam mit den Unternehmen der Branche einen internationalen Standard entwickelt. Wer ihn erfüllt, bekommt das begehrte Gütesiegel. Für Nordin ist das RSPO-Zertifikat »unseriös«. Seine Organisation Friends of the Earth (Freunde der Erde) hat den Runden Tisch schon kurze Zeit nach dessen Gründung verlassen, ebenso wie Greenpeace. »Man kann doch nicht bei so einem Etikettenschwindel mitmachen«, sagt Nordin. »Es gibt keine nachhaltige Monokultur – weil der Wald sich nicht regenerieren kann. Er wird einfach nur zerstört – bis auf ein paar Reste.«
Nordin hält mir die Grundprinzipien der RSPO vor die Nase. Eine Aufzählung von Selbstverständlichkeiten: Sklavenarbeit ist verboten, Kinderarbeit auch, Pestizide und andere Chemikalien müssen »sachgemäß« aufbewahrt werden. Aber Wälder dürfen weiterhin gerodet werden, sofern es sich nicht um »primäre Regenwälder« handelt. Für die Konzerne ist das kein wirkliches Problem, denn es gibt noch ungefähr 9 Millionen Hektar, die schon vor dem Stichdatum, also vor dem Jahr 2005, gerodet worden sind – prophylaktisch.
Wer diese Flächen jetzt noch einmal rodet und mit Ölpalmen bepflanzt, kann das Nachhaltigkeitszertifikat ohne Probleme erhalten. Aber auch der ursprüngliche Regenwald ist nach Nordins Erfahrung nicht sicher vor den Kettensägen: »Auch Konzerne, die gegen die Standards des Runden Tisches verstoßen und zum Beispiel in anderen Gebieten Primärwald abholzen, bekommen ihr Zertifikat.« Hier herrscht das Recht des
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