Schwarzbuch WWF: Dunkle Geschäfte im Zeichen des Panda (German Edition)
die beruhigende Information: »Terra Activ vereint Kraft und Natur für strahlende Reinheit auf Basis nachwachsender Rohstoffe. So wäscht man heute. Terra Activ unterstützt den RSPO-zertifizierten und nachhaltigen Anbau von Palmkernöl ...«
Nicht nur in Indonesien zerstört die Palmölindustrie die letzten großen Regenwaldgebiete, auch in Afrika sowie in Mittel- und Südamerika werden riesige Landflächen angekauft, um das boomende Geschäft mit dem kostbaren Pflanzenöl auszubauen. Je mehr Pflanzensprit im Norden verbraucht wird, desto bessere Klimabilanzen können die europäischen Regierungen präsentieren, zumindest auf dem Papier. Die Kosten dieses Schwindels tragen die Länder des Südens. Für sie bedeutet der Aufschwung des Bioenergiesektors Verlust von Ackerflächen und den Tod der kleinbäuerlichen Kultur. Immer wieder haben mir WWF-Mitarbeiter versichert, dass der WWF nur mitmache, um »Schlimmeres« zu verhindern. Nordin hält diese Argumentation nicht für glaubwürdig: »Der WWF ist Teil des Ganzen. Ohne ihn würde der Nachhaltigkeitsschwindel des Round Table überhaupt nicht funktionieren. Er verleiht ihm erst Glaubwürdigkeit. Das ist ein übles Spiel.«
Die PR-Floskeln auf der Website von Henkel geben dem indonesischen Umweltschützer Recht. Dort heißt es: »So unterstützt Henkel gemeinsam mit dem WWF die nachhaltige Produktion von Palm- und Palmkernöl. Dadurch leistet das Unternehmen einen wertvollen Beitrag zum Schutz des Regenwaldes.« Das liest sich flott und geht runter wie Öl. Der Leser vergisst bei dieser grünen Lyrik leicht, dass der Regenwald, den Henkel angeblich schützt, erst einmal gerodet werden muss, bevor auf seiner Fläche das als »nachhaltig« geadelte Palmöl produziert werden kann.
Auf der Website von Henkel erfährt man auch, dass das Unternehmen den WWF seit 2003 »in seiner Kampagne für den tropischen Regenwald in Indonesien unterstützt«. Der WWF belohnt die Unterstützung auf seine Art: Bei dem von ihm organisierten internationalen Wettbewerb für die besten Palmöleinkäufer, dem Buyers’ Scorecard, erhielt Henkel im Jahr 2011 neun von neun möglichen Punkten, Weltspitze. So wäscht eine Hand die andere.
Für Unternehmen wie Henkel ist das Bündnis mit dem WWF eine kostengünstige Methode, sich grün zu waschen. Der organisierte Ablasshandel mit Nachhaltigkeitszertifikaten hat fatale Folgen: Er dient dazu, wirkliche Veränderungen im Verhalten des Agrobusiness zu vermeiden. Solange Konsumenten und Politiker in Europa und den USA dem Etikettenschwindel auf den Leim gehen, kann die Industrie ihr destruktives Werk in aller Ruhe fortsetzen.
Eine Nacht in Sembuluh
Von Zeit zu Zeit begegnet uns ein mit roten Ölfrüchten beladener Truck auf dem Weg zur nächsten Ölmühle. Alle paar Kilometer kommen wir an einer Siedlung mit flachen Baracken vorbei, in denen die Plantagenarbeiter wohnen. Am Eingang eines Camps entdecken wir eine hölzerne Schautafel mit den acht »Prinzipien« des Rundes Tisches für nachhaltiges Palmöl:
• Verpflichtung zu Transparenz
• Einhaltung existierender Gesetze
• Ausrichtung an einer langfristigen wirtschaftlichen
und finanziellen Lebensfähigkeit
• Anwendung der besten Praktiken durch Pflanzer und
Ölmühlen
• Verantwortung für die Umwelt, Bewahrung von Natur
und Artenvielfalt
• Verantwortungsvolle Behandlung von Angestellten,
Individuen und lokalen Gemeinschaften
• Verantwortungsvolle Anlage neuer Pflanzungen
• Ständige Verbesserungen in den Kernbereichen
unserer Arbeit
Nordin findet einige Beschlüsse des Rundes Tisches ganz vernünftig: »In den Ausführungsbestimmungen des sechsten Prinzips heißt es zum Beispiel, die Landrechte der lokalen Bevölkerung müssen respektiert werden. Das ist gut. Leider funktioniert es in der Realität nicht, weil Indonesien kein richtiger Rechtsstaat ist. Der WWF blendet unsere politische Realität einfach aus und stiehlt sich damit aus der Verantwortung.« Plötzlich gibt Nordin Gas, weil hinter uns ein Security-Fahrzeug von Wilmar auftaucht. Das ganze Gebiet ist Privatland des Konzerns – 100 Kilometer lang und 50 Kilometer breit ist das Reich des Konzerns allein in dieser Region. Für uns verbotenes Land.
Als die Dunkelheit hereinbricht, erreichen wir das Dorf Sembuluh am gleichnamigen See. Viele Menschen wohnen in Pfahlhäusern am Ufer. Einige Fischer sind mit ihren Booten draußen, überall hocken Menschen auf den Holzstegen am Ufer, waschen ihre Kleider
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