Schwarzbuch WWF: Dunkle Geschäfte im Zeichen des Panda (German Edition)
Stärkeren. Es gibt keine unabhängige Instanz, die kontrolliert, ob sich die Unternehmen an die Standards halten, sie sind eine freiwillige Selbstverpflichtung der Industrie.
Wir wollen uns eine Plantage ansehen, die gerade zertifiziert wird. Auf dem Weg dorthin erzählt Nordin, er habe einmal unter vier Augen mit dem Nachhaltigkeitsmanager eines Palmölunternehmens gesprochen: »Ich habe ihn gefragt, ob er mir den Unterschied zwischen einer nachhaltigen und einer normalen Plantage zeigen könne. Der hat nur gesagt: Welchen Unterschied?«
Nach etwa 20 Kilometern erreichen wir unser Ziel, die Plantage Kerry Sawit. Auch sie gehört zum Wilmar-Konzern. Hier stehen ausgewachsene Palmen mit dicken Trauben voller Ölfrüchte. Fünf Jahre müssen die Pflanzen wachsen, bevor sie zum ersten Mal abgeerntet werden können. Verdammt viel Zeit für Unternehmen, die mit dem Öl Geld verdienen wollen. Die Plantage Kerry Sawit befindet sich mitten im Zertifizierungsverfahren. Das technische Gutachten wird vom TÜV Rheinland erstellt – ein gutes Geschäft. Eine einzige Zertifizierung kostet ca. 100.000 Euro. Das können sich nur Großunternehmen leisten. Für kleine Produzenten gibt es kaum Chancen auf dem Markt für »nachhaltiges Palmöl«.
Kaum aus dem Jeep gesprungen, müssen wir uns die Nase zuhalten. Beißender Gestank von den ungeklärten Abwässern einer Ölmühle empfängt uns. Sie werden über Gräben in den Boden geleitet und verseuchen auch den nahe gelegenen Fluss. Die Plantage wird das grüne Siegel vermutlich trotzdem bekommen. Denn das Auge des Gesetzes ist in Indonesien blind, wenn es sich um einen so mächtigen Partner handelt wie Wilmar.
Nordin sitzt irgendwie verloren und traurig an einem giftgrünen Abwassersee und sagt: »Was denkt sich der WWF dabei? So etwas kann nicht nachhaltig sein. Hier wächst nichts mehr. Es gibt in den Plantagen keine Artenvielfalt. Alles ist tot. Die einzigen Tiere hier sind Ratten. Der WWF wäscht die Umweltsünden der Industrie grün – und nimmt auch noch Geld dafür.«
Geschäftsmodell WWF
Bei unserer Inspizierung der Plantage entdecken wir einen Kanister mit der Aufschrift Paraquat. Was hat dieses Pflanzenschutzmittel hier zu suchen? Es gilt als das gefährlichste Herbizid der Welt und ist in Europa durch einen Beschluss des Europäischen Gerichtshofes verboten worden. Auch im Herstellerland Schweiz ist das in geringsten Mengen tödliche Mittel nicht zugelassen. Tausende von Plantagenarbeitern in aller Welt sind durch das Einatmen der Dämpfe gestorben oder schwer geschädigt worden. Deswegen haben selbst die großen Bananenhersteller Chiquita und Dole den Einsatz von Paraquat auf ihren Plantagen verboten. Aber hier, auf einer »nachhaltigen« Palmölpflanzung ist es erlaubt?
Nach den Standards des Runden Tisches für nachhaltiges Palmöl dürfte das Gift auf der Plantage nicht eingesetzt werden, denn dort heißt es: »Der Einsatz von Herbiziden und Pestiziden darf Menschen und Umwelt nicht gefährden.« Trotzdem ist Paraquat zugelassen, und die Herstellerfirma Syngenta aus der Schweiz ist zahlendes Mitglied im Runden Tisch und Partner des WWF. Ein Zufall?
Auf der Diskussionsplattform, die der WWF zum Film Der Pakt mit dem Panda eingerichtet hat, stellte ein besorgter Blogger im Juni 2011 die Frage, warum sich der WWF am Runden Tisch nicht für ein Verbot von Paraquat einsetze. Die Antwort der WWF-Zentrale spricht für sich selbst: »Palmölproduzenten, die Mitglieder des RSPO sind, brauchen einen Plan, wie sie den Einsatz von derartigen Mitteln reduzieren bzw. eliminieren können ... Des Weiteren muss man sagen, dass Paraquat nicht das ›Core Business‹ des WWF beim RSPO ist. Wir haben uns auf die extrem kritische Frage der Entwaldung konzentriert.« Immer wenn WWF-Funktionäre nicht weiterwissen, flüchten sie sich in Anglizismen. Der Business-Slang versüßt die rigorose Aussage hinter dieser Antwort, die ja im Grunde nichts anderes bedeutet, als dass die Menschenrechte kein »Kerngeschäft« des WWF sind.
Der Waschmittelkonzern Henkel ist ebenfalls Mitglied des Runden Tisches. Auch seine Mitgliedsbeiträge haben sich schon bezahlt gemacht. Denn mit dem Label der grünen Palme hat das Unternehmen seine neue Produktlinie Terra Activ ins Rennen geschickt, um den Markt der Gutgläubigen zu erobern, die etwas für den Regenwald tun wollen – und dafür gerne ein paar Cent mehr ausgeben. Auf den Packungen der Waschmittelserie finden sie das Greenpalm-Siegel und
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