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Schwarzbuch WWF: Dunkle Geschäfte im Zeichen des Panda (German Edition)

Schwarzbuch WWF: Dunkle Geschäfte im Zeichen des Panda (German Edition)

Titel: Schwarzbuch WWF: Dunkle Geschäfte im Zeichen des Panda (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilfried Huismann
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weil wir uns dem Äquator nähern. Links und rechts dehnen sich die Sojafelder in einer menschenleeren Landschaft wie riesige, braune Tücher. Wir machen im Dorf Tuyuti halt, in dem nur noch ein einziger Bauer seiner Arbeit nachgeht: Er züchtet Polo-Pferde für den Export in die reichen Golfländer. Die anderen Höfe sind Ruinen.
    1000 Dörfer gelten in Argentinien als abandonados, von den Bewohnern verlassen. Die meisten Bauern haben ihr Land gegen gutes Geld an die Sojaunternehmen verkauft. Auf 61 Prozent der argentinischen Sojafelder grasten vorher Kühe, oder es wuchsen Weizen, Sorghum, Kartoffeln, Mais, Sonnenblumen, Reis, Gerste, Bohnen und Baumwolle. Über 400.000 Bauern haben ihren Betrieb bereits aufgegeben und sind in die Städte abgewandert. In der Dorfschule unterrichtet die einzige Lehrerin gerade noch ein Dutzend Schüler, früher waren es vier Mal so viele.
    Beim Anblick des halbverfallenen Schulgebäudes schwellen Jorges Zornesadern an: »Mit dem Verfall der Dörfer ist auch die Kultur der Pampa verschwunden. Die Menschen flüchten vom Land, weil sie hier keine Arbeit mehr haben. Wer bleibt, riskiert den Tod durch Vergiftung. Roundup ist die Droge der argentinischen Wirtschaft.«
    In der Ferne entdecken wir das erste Sprühfahrzeug, Moskito genannt. Es zieht eine riesige Giftwolke hinter sich her: Roundup von Monsanto. Das Gift rieselt auf die Felder nieder, auf denen die noch kleinen Sojapflanzen gegen Gräser und Kräuter um ihren Platz kämpfen. Einen Tag später sind alle Pflanzen braun und tot, nur die Sojapflanzen haben überlebt. Sie sind durch ein eingebautes Gen resistent gegen das Gift.
    Wer das Saatgut von Monsanto kauft, muss auch das dazu passende Herbizid Roundup erwerben. »Durch dieses Paket«, so Jorge Rulli, »werden die Landwirte abhängig von Monsanto. Das Roundup-Ready-Modell bedeutet letztlich totale Kontrolle der landwirtschaftlichen Produktion. Abgesehen davon verseucht Roundup das Grundwasser und die Flüsse. Amphibien sind in unseren Flüssen ausgestorben. Wenn das Gift ausgebracht wird, flüchten selbst die Ratten und Schlangen in die Städte. Wir stehen am Rande eines ökologischen Kollaps, aber der WWF erzählt uns sinngemäß: Es ist alles in Ordnung, Soja ist gut, Soja kann man nachhaltig anbauen.«
    Wir fahren weiter durch die grüne Monotonie der Sojalandschaft, bis wir die Hafenstadt Rosario am Ufer des breiten, braunen Flusses Paraná erreichen. Jeden Tag treffen hier Hunderte von Lastwagen mit Soja aus allen Teilen des Landes ein. Von hier aus geht die Fracht nach Europa – oder sie landet in einer der neuen Raffinerien, die das Ufer des Flusses säumen. Diese verschlingen die Sojabohnen und verwandeln sie in Biodiesel. Rosario ist das Herz, das das grüne Öl in die Adern der Weltwirtschaft pumpt.
    Die europäische Einspeisungspflicht für Biotreibstoffe hat mit Hilfe von Milliardensubventionen einen künstlichen Weltmarkt für Biotreibstoffe geschaffen; bis zum Jahr 2020 müssen 10 Prozent der Treibstoffe in Europas Fahrzeugen aus Pflanzen stammen. Auch in den USA gibt es eine vergleichbare Regelung. Weil Ackerland in Europa zu wertvoll und zu knapp ist, wird die Treibstoffherstellung aus Pflanzen in den Süden verlagert.
    Zwei deutsche Politikerinnen haben sich besondere Dienste beim Siegeszug des Biosprits erworben: Angela Merkel und Renate Künast. In ihrer Zeit als Umweltministerinnen setzten sie durch, dass die Europäische Union weltweit zum Vorreiter für Biosprit wurde. Renate Künast versprach den Bauern gar, sie seien »die Ölscheichs von morgen«. Inzwischen hat sie eingeräumt, dass ihre Politik ein Fehler war, der Anbau von Energiepflanzen sei »außer Kontrolle« geraten. Aber die Geister, die sie rief, kann sie nicht zurückholen – selbst wenn sie es wollte.
    Die boomende Biosprit-Branche hat Milliarden investiert und ganz neue Industriebündnisse hervorgebracht: Autokonzerne wie VW und Toyota bilden Konsortien mit Energiekonzernen wie BP und Shell sowie mit Agrokonzernen wie Monsanto, Cargill, ADM und Dreyfus. Energie- und Agrarkonzerne wachsen in Zeiten der Green Economy zusammen. 95 Prozent des argentinischen Dieselöls aus Soja gehen nach Europa. Überall, wo auf riesigen Flächen Energiepflanzen angebaut werden, in Lateinamerika, Asien oder Afrika, macht das hässliche Wort Bioimperialismus die Runde. Der Norden löst seine Energieprobleme auf Kosten des Südens.
    Soja-Linke
     
    Früher konnte Jorge Rulli den rechten Oligarchen die Schuld

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