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Schwarze Blüte, sanfter Tod

Schwarze Blüte, sanfter Tod

Titel: Schwarze Blüte, sanfter Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Thürk
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zehn Dollar Trinkgeld ausführen. Oder vielleicht für einen Lord, der als VIP läuft.
    Alphonso Bustaveras war das, was man einen häßlichen Mann nennen konnte, ohne zu übertreiben. Nicht nur, daß er auf der Stirn diesen Höcker hatte, auf dem zu allem Übel noch ein paar Haare sprossen. Er hatte das Gesicht eines Mannes, der gerade erfährt, daß er beim Hunderennen im Canidrome den Rest seines Vermögens verloren hat. Und er hielt sich nicht sehr gerade, er kam gebückt auf mich zu, um mir seine ziemlich knochige Hand zu reichen. Erst als er das erste Wort sagte, dämmerte mir, daß das Äußere dieses Neugastwirts einen sehr leicht täuschen konnte.
    Bustaveras, wie sich sehr bald herausstellte, war nicht nur gekonnt höflich, er besaß auch Bildung, und er hielt etwas auf gepflegte Umgangsformen.
    Â»Mein alter Freund Sung Loh hat Sie bereits angekündigt«, eröffnete er mir, als wir uns an einem kunstvoll zieselierten Messingtisch gegenübersaßen.
    Â»Sung Loh hat mir auch in kurzen Zügen angedeutet, um was es Ihnen geht, Mister Lim Tok.«
    Ein Mädchen trat durch eine Seitentür ein und blieb abwartend stehen. Bustaveras sah mich aus seinen Albinoaugen freundlich an: »Was soll es sein – Kaffee, Tee, Cognac?«
    Ich entschied mich für Tee, und das Mädchen verschwand. Bustaveras hatte sich wie selbstverständlich meinem Wunsch angeschlossen. Ein vollendeter Gentleman! Und so was hatte sich sein Geld als Kellner verdienen müssen!
    Â»Können Sie mir weiterhelfen?« erkundigte ich mich, nachdem wir, wie es sich gehörte, erst einmal einen Schluck von dem Lung Ching zu uns genommen und ihn verhalten gelobt hatten.
    Alphonso Bustaveras sagte gedehnt: »Tja ...« Dann ließ er eine ganze Zeit verstreichen, bevor er nachfragte: »Sie möchten wissen, ob ich an dem Abend, als die beiden Herren bei mir speisten, etwas bemerkt habe, das nicht üblich war ... leider nein, die beiden benahmen sich wie zwei Leute, die eine, nun sagen wir lange Bekanntschaft haben, sie aßen, tranken, Mister Victor Choi rauchte eine Zigarre, es wurde ein roter Wein getrunken. Nichts war da, was mir hätte auffallen können, und ich hatte die Herren ziemlich oft im Auge, weil ich Wert darauf lege, daß Mister Choi sich bei mir wohlfühlt und wiederkommt. Einen Gast wie ihn verliert man nicht gern durch Unaufmerksamkeit.«
    Ich dachte unwillkürlich an die Geschichte mit dem geohrfeigten Herrn im Lisboa , und daran, daß Sung Loh den »Höcker« in seiner Rage den Sohn eines verlausten Perlflußpiraten genannt hatte. Wohl nur, weil er sich ärgerte, daß nicht er den Unternehmungsgeist gehabt hatte, das Henry’s zu kaufen.
    Â»Sie kennen Mister Victor Choi genauer?«
    An seinem Lächeln merkte ich, daß es nichts geschadet hätte, etwas dezenter zu fragen. Nicht jeder Gentleman ist bereit, über jemanden, den er kennt, Auskünfte zu erteilen. Aber Bustaveras tat es trotzdem. Vielleicht weil ich ihm sympathisch war, jedenfalls eröffnete er mir, wenngleich ein wenig zögernd: »Ja, ich kenne ihn und sein Unternehmen. Ich habe sie, wann immer mich Gäste nach Segelkursen oder ähnlichen Möglichkeiten auf dem Gebiete des modernen Wassersports befragten, stets an Air-Sea-Dreams verwiesen. Mister Victor Choi ließ mir gegenüber des öfteren erkennen, daß er das zu schätzen weiß.«
    Â»Was für ein Mensch ist er?« Es mußte seine zurückhaltende Höflichkeit sein, die mich zu um so größerer Direktheit provozierte.
    Bustaveras nahm es gelassen. Er erwiderte mir sachlich: »Mister Choi ist ledig, sehr intelligent, geschäftstüchtig und vom Glück begünstigt. Sein Unternehmen floriert. Er denkt wohl über Ausdehnung nach. Wenn ich nicht irre, hat er in Hongkong bereits ein Zweiggeschäft.«
    Â»Er hat«, bestätigte ich. »Würden Sie ihm zutrauen, daß er etwas gegen seinen Stiefbruder gehabt haben könnte, ich meine den Mann, mit dem er bei Ihnen eingekehrt war?«
    Er sah mich ratlos an. »Sie meinen, ob die beiden Streit hatten?«
    Â»Unter anderem.«
    Er schüttelte den Kopf. Trank von dem Tee und sagte dann nachdenklich: »Mister Lim Tok, der Mensch ist ein kompliziertes Wesen. Es war einer der bekanntesten alten Philosophen, der einmal sagte, nur der Tor trägt die schwarzen Gedanken, die in seiner Seele

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