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Schwarze Blüte, sanfter Tod

Schwarze Blüte, sanfter Tod

Titel: Schwarze Blüte, sanfter Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Thürk
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fragen, ob er Schwierigkeiten beim Gehen gehabt habe. Und wenn nicht, würde sich eine Nachfrage bei der Pathologie lohnen. Hatte man vielleicht einen Schaden an einem Bein festgestellt? Immerhin aber auch kein Grund, aus dem jemand eine Stunde später sanft entschlief. Vielleicht ein Hühnerauge. Eine Blase gelaufen.
    Zeit, zu Henry’s aufzubrechen. Avenida da Republica.
    Ich erinnerte mich schwach an die Fassade. Hatte da nicht » Henry’s Galley Maxims« gestanden? Gar nicht so weit bis zu Victor Chois Air-Sea-Dreams von dort. Das Restaurant lag genau auf der anderen Seite der schmalen Südspitze Macaos. Ein paar hundert Meter konnten das sein, mehr nicht.
    Â»Gutes Lokal«, kommentierte der bezopfte Hoteldetektiv meine Absicht, Henry’s aufzusuchen. »Originell. Bißchen auf Schiffskombüse gemacht, neuerdings.«
    Routinemäßig wiederholte ich zum Abschluß die Frage: »Und es gab tatsächlich keinen Streit zwischen den Brüdern? Ich meine – wenn man bedenkt, der eine lebt hier, der andere kommt aus Shanghai?«
    Er schüttelte nachdenklich den Kopf. »Nicht daß es mir aufgefallen wäre.«
    Die Küchenfrau bestätigte seine Beobachtung: »Nein, nichts dergleichen.«
    Das mußte mir genügen.
    Draußen stand, in respektvoller Entfernung von den Luxuskarossen der Gäste, die Rikscha, die wir benutzt hatten. Mrs. Choi war nicht zu sehen. Aber der Rikschafahrer gab mir auf meine Frage sofort Auskunft: »Gut, daß Sie kommen, Sir, die Dame ist mit einem Auto weggefahren, und sie hatte noch nicht bezahlt.«
    Â»Auto?« Ich hatte das Gefühl, als liefe mir eine Spinne mit sehr kalten Füßen den Rücken hinunter.
    Der Rikschafahrer deutete in die Richtung der Kais: »Ja. Kein Taxi. Privatauto. Fuhr langsam auf sie zu, hielt an, und jemand zog sie hinein, so wie man sich begrüßt, man faßt sich an der Hand ...«
    Wie es aussah, hatte ich mich mit dem unangenehmen Tatbestand auseinanderzusetzen, daß Mrs. Choi entweder wieder einmal ein Abenteuer auf eigene Faust unternahm, oder daß da etwas passiert war, das weder in meiner noch in ihrer Absicht gelegen hatte.
    Â»Wie sah das Auto aus?« forschte ich. Der Rikschafahrer meinte: »War schwarz. Ziemlich groß. Leise.«
    Â»Nummer?«
    Er lächelte, weil ich ihn arg in Verlegenheit brachte, denn er hatte sich die Nummer nicht gemerkt. Ich sparte mir längere Erörterungen und ließ mich von ihm zu Henry’s fahren.
    Während ich in der Rikscha saß und wie südwärts rollten, konnte ich überlegen.
    Wer hat ein Interesse an Mrs. Choi? Wer bot zwei halbstarke Ganoven auf, in Hongkong, um die Frau erst einmal zu beobachten, und um wenig später in mein Büro einzusteigen, es zu durchwühlen? Ich kam auf niemand anderen als auf die Leute in Bruder Victor Chois Filiale in Hongkong. Aber das mußte erst einmal bewiesen werden. Und daß er selbst mit darin verwickelt war auch. Dann war da noch Mr. Victor Choi. Wo sollte ich mit dem Suchen anfangen?
    Henry’s machte im Gegensatz zu manchen anderen Restaurants in Macao einen gepflegten Eindruck. Die Fassade war sauber, und als ich eintrat, fiel mir auf, daß hier alles mit Liebe arrangiert war, vom echten Schiffsanker an der Wand über die Positionslaternen bis zu den Tischen, die ordentlich gedeckt waren.
    Ein paar Gäste saßen schon auf den hochbeinigen Stühlen an der Getränkebar und probierten geschüttelte Mixturen von erstaunlicher Buntheit. Frühtrinker.
    Der Barkeeper vermied jegliche Arroganz, als er mir Auskunft gab, Mister Bustaveras habe sich in sein Büro zurückgezogen, er werde ihn aber sofort informieren, daß er Besuch habe. Wenn ich die Freundlichkeit hätte, mich ein paar Sekunden zu gedulden, die »Caribic Colors« müßten noch etwas geschüttelt werden, und diesen Prozeß sollte man möglichst nicht unterbrechen. Da sprach der Fachmann!
    Ich hatte Geduld, und er schüttelte, bis er das Gebräu, das in allen Regenbogenfarben schillerte, schließlich in die Stilgläser der Gäste goß, die den Vorgang interessiert beobachteten.
    Ich hörte sie hinter mir noch lautstark Lob sprechen, als mir der Keeper bereits die Tür zu Mister Bustaveras Office aufschob und dabei eine Verbeugung andeutete, die einheimische Türsteher selbst in den feinsten Nobelherbergen Hongkongs heute nicht für weniger als

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