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Schwarze Blüte, sanfter Tod

Schwarze Blüte, sanfter Tod

Titel: Schwarze Blüte, sanfter Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Thürk
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das kann ja nicht klappen, da steckt was drin, an der Spitze.«
    Â»Hoffentlich eine Klapperschlange«, meinte Mu Erh. Hortos klopfte mit dem hölzernen Ding gegen die Schreibtischkante und fing geschickt auf, was herausfiel. Es war keine Klapperschlange, sondern eine Kapsel aus elastischem, durchsichtigen Plastik, mit einer bräunlichen Masse gefüllt.
    Â»Opium«, bemerkte Mu Erh. Es klang sachverständig, aber Hortos schüttelte den Kopf, als er die Kapsel geöffnet und an dem Inhalt gerochen hatte.
    Â»Das ist kein Opium«, stellte er fest.
    Mu Erh schnupperte in den Behälter und bestätigte: »Hast recht, das ist kein Opium. Aber was dann?«
    Hortos bewegte unschlüssig die Schultern. Dann grinste er, als ihm einfiel: »Vielleicht der Balsam für die immerwährende Bereitschaft, von dem die Apotheker immer erzählen.«
    Apotheker! Es war wie ein Stichwort für mich. Etwas klickte in meinem Denkapparat. Ich ließ mir die Kapsel geben. Roch daran. Das Zeug war so gut wie geruchlos.
    Aus Hortos’ Sprechgerät in der Hemdtasche kam, diesmal klar verständlich, die Mitteilung: »Immer noch alles ruhig!«
    Ich hätte nicht sagen können, was mich auf den Verdacht gebracht hatte, außer dem Wort »Apotheker«, das Hortos ahnungslos benutzte. Ein Aphrodisiakum?
    Möglich. Aber ebensogut konnte das auch etwas ganz anderes sein. Ich sah mich um und entdeckte einen Filzstift, der auf dem Tisch herumlag. Unter den belustigten Blicken von Mu Erh und Hortos, die mit frechen Kommentaren nicht sparten, praktizierte ich mit meinem Taschenmesser ein erbsengroßes Stück der braunen, klebrig-zähen Masse in die Verschlußkappe des Filzstiftes, steckte sie ein, und dann gab ich das Signal zum Rückzug, nachdem ich dafür gesorgt hatte, daß Hortos das Etui wieder an seinen alten Platz gelegt und die Scheiben geschlossen hatte.
    Â»Ende!« hauchte Hortos in sein Sprechgerät. Ich vergewisserte mich überall nochmals, daß nichts in Unordnung gebracht worden war. Die Safes waren beide wieder fachmännisch verschlossen. Unsere nächtliche Suchaktion war wohl wirklich zuende.
    Nachdem Mu Erh und ich im Mondschatten der Lagerhallen waren, schaltete Hortos das Alarmsystem wieder ein, und als er bei uns ankam, erkundigte er sich: »Schluß?«
    Mu Erh sah mich an.
    Â»Schluß«, bestätigte ich und griff in die Jackentasche, wo die Dollars steckten.
    Hortos wechselt noch ein Wort über das Sprechgerät mit dem unsichtbaren Spanner, dann machte er eine ungelenk ausfallende Verbeugung und sagte: »Empfehle mich für weitere Dienste!«
    Er war verschwunden, bevor ich mich so richtig bedanken konnte.
    Â»Zum Boot?« wollte Mu Erh wissen.
    Ich überlegte. »Wie lange brauchen wir bis Hongkong?«
    Â»Mit meinem Boot?«
    Â»Bist du so schnell wie die Hydrofoils?«
    Â»Nicht ganz. Sie wollen wirklich, daß wir nach Hongkong schippern?«
    Â»Sofort. Auf jeden Fall sind wir morgen früh dort, oder?«
    Er sagte mürrisch, das wären wir selbstverständlich, und dann fragte er: »Was springt heraus, wenn wir in Sheung Wan anlegen, bevor sie auf dem Western Market Frühstück fertig haben?«
    Ich zeigte ihm Dollarscheine, die ich noch in der Jackentasche hatte, und wir schafften es bis Sheung Wan tatsächlich, bevor die Sonne über den Horizont lugte.
    Â»Du mußt mit deinem Kopf gegen einen Spieltisch im Lisboa gerannt sein!« schimpfte Bobby Hsiang, als ich ihn über sein Privattelefon weckte. Ich war einer der wenigen Leute, die seine Nummer kannten.
    Als er hörte, daß ich mich mit ihm treffen wollte, steigerte sich seine Ungehaltenheit noch. Er warf mir vor, ihn gezielt um seinen verdienten Nachtschlaf zu bringen, bis ich ihm dann erzählte, wir hätten bei Victor Choi etwas gefunden, das ihn im Zusammenhang mit dem toten Bruder sicherlich interessieren würde.
    Â»Wo bist du?« wollte er wissen. Ich sagte es ihm.
    Â»Warte in der letzten Imbißbude an den Ferry Piers auf mich. Eine Stunde werde ich brauchen!«
    Das war großzügig geschätzt für den Morgenverkehr im Zentrum. Aber mir konnte es recht sein, ich hatte ohnehin Appetit auf ein Frühstück. Und was Bobby als »letzte Imbißbude« an den Ferry Piers bezeichnete, war in Wirklichkeit ein recht gemütliches Lokal, wenngleich ein Holzbau, aber man konnte darin zu jeder Tageszeit

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