Schwarze Blüte, sanfter Tod
herunterstieg.«
Gut beobachtet, dachte ich. Aber schlieÃlich ist der Mann mit dem modischen Zopf, von dem heute nur noch wenige Leute wissen, daà er einmal von fast allen männlichen Chinesen getragen wurde, Detektiv. Er hat die Beobachtungsgabe im Blut. Mrs. Choi wird ins Lisboa abgefahren sein.
Als ich die Vermutung aussprach, schüttelte der bezopfte Detektiv den Kopf. »Ich weià nicht, ob es Ihnen hilft, aber der Diener brachte sie nicht zu einem Auto, sondern auf die Yacht Pinocchio , die ein Stück entfernt lag. Wenn Sie auf mein Urteil etwas geben â es sah nicht so aus, als ob die Frau ganz freiwillig auf das Boot ging.«
»Sie meinen, er nötigte sie?«
Er nickte. »Ein Mann, von dem ich inzwischen erfuhr, daà er noch nicht lange in Macao ist. Kommt von einer entfernten Pazifikinsel. Persönlicher Vertrauter von Mister Choi.«
Er unterbrach sich: »Da ist mein Chef, verzeihen Sie â vielleicht konnte ich Ihnen helfen ...«
Er eilte zu einem Mann, dem man schon von weitem den Manager ansah, und stellte sich unauffällig in dessen Nähe auf, mit einem Sektglas in der Hand, das er so vorsichtig hielt, als befände sich Salzsäure darin.
Eine Sängerin löste den Zauberer ab und begann »Honeymoon, Honeymoon ...« zu keifen. Es wurde wieder getanzt. Einer der Kellner hielt mir ein Tablett mit Sektgläsern hin. Er lieà es vor Schreck fast fallen, als ich ihn angrollte: »Ich trinke nur gelbe Limonade, wissen Sie das nicht?«
Während ich darüber nachdachte, was wohl mit Mrs. Choi geschehen war, erschien der Gastgeber wieder und sagte beiläufig: »Verzeihung, Mister ... Lim Tok! Die Dame muÃte etwas ruhen. Verträgt nichts. Gefällt es Ihnen? Sie trinken nichts?«
Es war Zeit, mit ihm Klartext zu reden, fand ich: »Sie haben Mrs. Choi wegbringen lassen?«
Es entging mir nicht, daà die Frage ihn überraschte. Offenbar hatte er mich weit genug vom Ort entfernt geglaubt, und nun irritierte es ihn, daà ich den Vorgang anscheinend beobachtet hatte.
Er wand sich. »Weggebracht ist vielleicht nicht ganz zutreffend. Tse-min äuÃerte den Wunsch, im Hotel Lisboa zu wohnen. Ich lieà sie hinbringen.«
»Mit einer seegängigen Yacht?«
Er hatte sich wieder gefangen. Nickte freundlich: »Sehr richtig. Mein Mitarbeiter hat für mich etwas im Jai Alai Casino zu erledigen, da oben. Die bequemste Art, dorthin zu kommen um diese Zeit, ist der Wasserweg, vor der Küste entlang. Bedenken Sie, wielange man braucht, um durch den Verkehr der Innenstadt zu kurven ... Sie hatten Tse-min das Hotel empfohlen?«
Er nannte sie bei ihrem Vornamen. Gab sich unbefangen. Aber hinter der Fassade spürte ich eine gewisse Unsicherheit. Die Geschichte stank.
Ich sagte: »Ja, und ich wollte sie abholen. Zum Lisboa bringen. Nun braucht sie meine Dienste wohl nicht mehr.«
Ein Lächeln, eher verlegen, nicht triumphierend: »Wohl nicht, nein. Wenn Sie sich noch ein biÃchen amüsieren wollen â bleiben Sie nur!«
Er konnte sich diesen Wink, daà ich eigentlich ungebeten gekommen war, nicht verkneifen. Aber er verbeugte sich ohne Siegerlächeln durchscheinen zu lassen und entschwand. Ein Aal. So glatt jedenfalls. Aber sonst war wohl der Vergleich mit einer Viper eher angebracht ...
»Mrs. Choi?« Die adrett frisierte Kurzhaardame an der Rezeption des Lisboa drückte den Knopf des Computers, mit dem die Belegung abgerufen wurde. Dann schenkte sie mir ein Lächeln, das mich zu einer Einladung am Abend nach dem Dienst verleitet hätte, wenn da nicht die Sorge um die Shanghaierin gewesen wäre.
»Das Apartment ist gebucht, Sir. Die Dame hat es allerdings noch nicht bezogen. Wollen Sie die Buchung aufheben?«
»O nein! Sie ist wirklich noch nicht da?«
Wie um mich endgültig zu überzeugen, sah sie sich nach der Wand mit den Fächern um, in denen die Schlüssel lagen. Die alte Methode, sie bereitzuhalten, hatte man trotz Computer nicht abgeschafft. Kopfschütteln. Mu Erh, der hinter mir stand, schlug vor, seinen Polizeifreund im Büro von Chef Cordan einzuschalten, aber dafür schien es mir zu früh. Als ich das überlegte, bedrängte mich der Gedanke, daà es ebensogut dafür auch zu spät sein konnte. Es war eine der Situationen, in denen man sich am liebsten selbst ohrfeigen möchte, nur â wie hätte ich ihr vorbeugen
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