Schwarze Blüte, sanfter Tod
Wasser um uns herum nun immer mehr Fahrzeuge gab.
Vom Star Ferry Pier an hockte ich mich neben Mu Erh und wies ihm den Weg. Der Junge überraschte mich immer wieder von neuem mit Eigenschaften, die ich ihm nicht so recht zugetraut hatte. Er fuhr wie ein Profi Zickzack durch den Hafenbezirk, kümmerte sich nicht um geschwungene Fäuste oder wütend tutende Sirenen, bis ich ihm auf die Schulter tippte und nach rechts wies, wo der Steg auftauchte, hinter den der Offiziersclub der Polizei lag.
Knapp zweihundert Meter davon, über die Zufahrt zum Hafentunnel hinweg, lag das Bassin von Toby Chesters Royal Yacht Club , und etwa die doppelte Zahl von Metern westwärts, auf Wanchai zu, residierte die Air-Sea-Dreams -Filiale, kurz vor den Fährenpiers in dem Stadtbezirk, in dem ich aufgewachsen war und nicht nur jede Frittenbude kannte, sondern auch jede Hintergasse.
Da stand Bobby Hsiang. Er knurrte mich an: »Es gibt drei Anzeigen gegen Euch, wegen Gefährdung der Schiffahrt ...«
»Und was spielt sich sonst ab?« Ich gab mir Mühe, es salopp klingen zu lassen. Er nahm uns mit zu seinem Auto, in dem sich das Telefon befand. Dabei klärte er mich kurz auf: »Den einen der zwei Burschen, die bei dir im Büro eingestiegen waren, haben wir wegen zwei noch nicht verjährter Bewährungsdelikte unter Druck setzen können. Er informierte uns. Der Chef von dieser Air-Sea-Dreams -Filiale ist so gut wie sauber. Aber heute läuft ein Ding, das dich interessieren wird. Mister Tsa Ping, dieser Chef, bekam Besuch von einem braunhäutigen Insulanertyp aus Macao. Unser Informant sagt, Mister Tsa Ping muà etwas für seinen Chef erledigen, für den Sohn von Emerson Choi in Macao, Victor Choi. Er wäre nicht gerade glücklich darüber. Was es ist, weià er nicht. Aber er vermutet, daà da eine Person auf dem Boot aus Macao festgehalten wird. Wir als Polizei haben vorläufig formal noch keinen AnlaÃ, einzugreifen, wir könnten uns höchstens eine Belästigungsklage einhandeln. Aber für dich ist das höchstwahrscheinlich eine Chance, oder?«
»Ach!« machte ich. Die Polizei hielt sich wie immer heraus, und das wurmte mich. Aber ich war sofort versöhnt, als Bobby seiner ungewohnt langen Rede anfügte: »Wir fahren ja mit! Bloà nicht vornweg! Du sollst uns gewissermaÃen die Tür aufstoÃen. Auf dieser Yacht ist höchstwahrscheinlich die Dame aus Shanghai. Und der braune Wuschelkopf ist in Mister Tsa Pings Büro, jetzt, im Augenblick. Also entscheide dich, was du daraus machst.«
Er brach ab, denn das Telefon in seinem Wagen schlug an.
Als er das Gespräch beendet hatte, wandte er sich wieder mir zu und hatte Neuigkeiten: »Mister Tsa Ping ist auf dem Wege zu der Yacht Pinocchio . Der Wuschelkopf fährt in Richtung Wanchai, mit einem Wagen der Air-Sea-Dreams . Wir haben ihn unter Kontrolle. Wo willst du hin? Yacht oder Wanchai?«
»Yacht«, entschied ich. Dort war Mrs. Choi, das hatte ich lange vor Bobby geahnt. Um sie ging es. Sie war in Gefahr, auch wenn sie das selbst noch immer nicht bemerkt haben sollte. Aber ich sagte mir, jetzt muÃte sie wohl auch langsam begriffen haben, was ihr drohte.
Mu Erh wollte beim Motorboot bleiben. Aber bevor ich mit Bobby abrauschte, konnte ich ihn doch noch in dem Fahrzeug unterbringen, das zur Ablösung des Verfolgers von unserem Krauskopf losschoÃ.
»Bleib an dem Kerl dran«, schärfte ich ihm ein.
»Hilf den Polizisten, du weiÃt, wie er aussieht. Setzt ihn fest!«
Dann hatten Bobby und ich uns zu beeilen, wenn wir etwa zur gleichen Zeit mit Mister Tsa Ping in Sichtweite der Pinocchio sein wollten.
Wir schafften es, sie zu erreichen, als dieser gerade an Deck kletterte. Er kannte sich wohl nicht so genau auf dem Boot aus und suchte den Aufgang, als unser Scheinwerfer ihn anleuchtete.
Der »Herr in Aspik«, wie ich ihn insgeheim nannte, seitdem ich ihn zum ersten Mal in seinem durchsichtigen Chefkasten erlebt hatte, erstarrte in seiner Bewegung. Er hatte wohl nicht damit gerechnet, aus einem fremden Boot an seinem eigenen Anlegesteg mit grellem Licht überschüttet und mit einer barschen Megaphonstimme aufgefordert zu werden: »Hier spricht die Polizei! Mister Tsa Ping, bleiben Sie da, wo Sie sind, wir kommen an Bord. Keine Gegenwehr, bitte!«
Neben mir sagte Bobby Hsiang an seiner Zigarette vorbei zu zwei Uniformierten: »Festnehmen!«
Das war
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