Schwarze Blüte, sanfter Tod
Polizei sicherstellen sollte â und da entdeckte ich auf dem sonst leicht gelblich eingefärbten Mull in der Mitte die dunkle Substanz.
Ich hielt das Ding unter die einzige brennende Lampe im Raum, und für einen Augenblick hatte ich das Gefühl, jemand überschütte mich mit dem, was ein soeben abgetauter Eisschrank ausgespieen hatte: diese bräunliche Masse, die da in das Gewebe inmitten des Pflasters gerieben war, sie war es, die mich fast in Panik versetzte. Ich roch daran. Nichts. Dann zeigte ich Mrs. Choi das Ding und fragte: »Haben Sie versucht, das mit der Zunge zu lockern?«
»Selbstverständlich!« Sie nickte. »Es saà aber zu fest, und ich ...«
Den Rest hörte ich nicht mehr. Ich flitzte an Deck, wo Bobby gerade die beiden Uniformierten mit dem festgenommenen Tsa Ping zur zentralen Station nach Wanchai schickte, wegen des Protokolls.
»Kannst du deine Toxikologen herbeitrommeln?«
»Meine was?« Er sah mich verständnislos an.
Hinter ihm erschien Mrs. Choi im Aufgang und sagte artig: »Guten Abend!«
»Deine Giftspezialisten! Ob die erreichbar sind! Es geht um Minuten ...«
Er begriff erst, als ich ihm das Pflaster mit dem braun eingefärbten Mull in der Mitte vorwies und erklärte: »Das ist genau das Zeug, was der Niugini-Mann von Victor Choi in dem Futteral seines Prachtkörperteils versteckt hatte, in Macao! Es ist das Zeug, das ich dir zum Untersuchen besorgt hatte. Wir brauchen die Giftspezies, und die Dame muà sofort in die am besten geeignete Klinik!«
»Wie bitte?« hörte ich sie sagen.
Ich klärte sie auf: »Ihr Mann ist an genau diesem Zeug gestorben. Hat es mit einem Drink oder mit Essen verabreicht bekommen. Sie haben es aus dem Mull mit der Zunge in den Körper transportiert. Seit wann hatten Sie das Pflaster über dem Mund?«
»Seit der Abfahrt in Macao. Das ging dort so schnell, daà die mich überwältigen konnten, bevor ich auch nur richtig begriff, was vorging.«
Ich rechnete Bobby die Zeit vor. Er hatte inzwischen begriffen, daà die Frau, wenn der Plan Victor Chois aufgegangen wäre, vermutlich irgendwo um Big Wave Bay herum morgen früh tot auf einer Bank gesessen hätte.
»Dann wirkt das Zeug also bereits?« flüsterte er mir zu.
Ich feuerte ihn an: »Nun ruf endlich die Giftmänner! Wenn die nicht wissen, was man macht, kannst du einen Pfarrer bestellen, der Mrs. Choi die letzte Ãlung verabreicht, für den Fall, daà sie katholisch ist!« Ihre Stimme klang erstaunlich fest, als sie mich aufmerksam machte: »Ich bin Atheistin, Mister Lim Tok.«
»Gratuliere!« gab ich zurück, darum bemüht, die Sache nicht in Panik ausarten zu lassen. »Das spart uns Ausgaben.«
Bobby braucht manchmal lange, bis er bei einer Sache in Fahrt kam. Aber jetzt lief sein Motor offenbar an, und das ging schnell. Er brüllte in sein Handy: »Du hebst deinen verkommenen Arsch ganz ungeheuer schnell und fährst zum Tang Shiu Kin Hospital. Queens Road East. Und in den dreiÃig Sekunden, die ich dir gebe, bis du dort bist, wirst du dir darüber klar werden, wie du die Frau rettest ... kapiert? Nein, ich bin nicht ausgeflippt! Und â ich reiÃe dir persönlich die Kastanien ab, falls du nicht schon da bist, wenn wir ankommen! Ende!«
Er rief das Hospital noch an, eines der besten in Hongkong. Es lag etwas mehr als einen Kilometer südlich der Anlegestelle, an der wir uns befanden, aber das waren tausend Meter mit einem Verkehr, der gerade um diese Zeit, wenn der Morgen sich ankündigte, immer dichter wurde. Den Leuten im Hospital sagte Bobby, sie sollten alles für die Rettung einer Person mit einer Vergiftung klarmachen und eine Trage vor dem Portal bereithalten. Dann schubste er mich und Mrs. Choi an Land.
»Meinen Sie mit der zu rettenden Person eigentlich mich?« wollte die Shanghaierin wissen. Ich war mir nicht klar, ob sie einen makabren Scherz versuchte oder ob sie wirklich bis jetzt noch nicht wuÃte, in welcher Gefahr sie schwebte.
Bobby, der von Natur aus kein ungehobelter Mensch war, antwortete darauf nur gereizt: »Meinen Sie, ich will morgen in den Zeitungen bei Ihnen zuhause stehen haben âºSaumseliger Hongkong-Polizist vergibt Rettungschance für beliebte Shanghaier Bürgermeisterin!â¹?«
»Stellvertretende.« Eine erstaunliche Frau, ich stellte es nicht zum ersten Male fest. Hörte, wie
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