Schwarze Blüte, sanfter Tod

von Musik und Entertainment mehr verstand als von der Weisheit der alten Chinesen, machte ich ihn aufmerksam: »Er ist südwärts abgehauen, darauf verwette ich eine vierzehn Tage getragene Unterhose!«
    Â»Männlich?« erkundigte sich Mu Erh in seiner coolen Art, aber ich hielt mich nicht lange mit Erörterungen über Unterwäsche auf. Da unten, südwärts, lag das Ocean Terminal. Da gab es von der Luxusyacht bis zum Speedboot alles zum Aussuchen an den Stegen!
    Bobby Hsiang war nirgends zu sehen. Aber der Wagen, mit dem wir gekommen waren, stand da. Schlüssel im Zündschloß, wie es Vorschrift war. Ich wandte mich an den Polizisten, der den Air-Sea-Dreams -Fahrer bewachte: »Sie schicken Officer Hsiang hinter uns her. Ocean Terminal. Wir parken vor dem Ocean Center , wo das Reisebüro ist ... Heißt Blue Moon!«
    Er wiederholte gewohnheitsmäßig: »Vor dem Blue Moon, verstanden, Sir.«
    Ich schubste Mu Erh auf den Beifahrersitz, und wir flitzten los.
    Die Nummer von Eugene Hsu hatte ich im Kopf. Ein alter Bekannter. Aktiver in der Triade 314. Aber kooperationsbereit. Ob er um diese Zeit schon in seinem Office war? Immerhin möglich, denn wenn Eugene etwa nachts auf einer Unternehmung gewesen sein sollte, pflegte er nich selten im Büro auszuschlafen. Komfortabel genug war es.
    Ich diktierte Mu Erh die Nummer, und er wählte auf der Polizeileitung. Schon wollte ich einen lästerlichen Fluch loslassen, als ich statt Eugene die Zentrale seines Reisebüros bekam. Da fiel mir der blinde Bettler ein, der als eine Art unauffälliger Wachtposten stets vor dem Laden saß, und ich schmierte der Telefonistin Honig um die – hoffentlich – hübschen Ohren: »Süße, ich will nicht, daß Sie Eugene selbst, meinen Freund, wecken, es genügt, wenn Sie mir ein Gespräch mit dem sehunfähigen alten Herrn vermitteln, der vor Ihrem Eingang sitzt, von Sonnenaufgang bis Mitternacht ...«
    Sie hüstelte ein paarmal, aber sie war eingeschüchtert durch die Bemerkung, ich sei ein alter Freund Eugene Hsus, und da konnte ein Fehler ihr Ärger bringen.
    Â»Warten Sie bitte«, flötete sie.
    Es dauerte nur Sekunden, dann sagte eine dunkle Stimme: »Hier!« Mehr nicht.
    Â»Ich bin es, Lim Tok«, ließ ich den angeblich Blinden wissen.
    Â»So früh, Mister Lim Tok?« Er war schon mißtrauisch, aber es klang versöhnlich.
    Ich sagte ihm, daß wir einen Mann jagten, der von einem Frachter weiter nordwärts ins Wasser gesprungen war und von dem wir vermuteten, daß er jetzt ein Boot stehlen würde, um sich davonzumachen. Mörder.
    Er hörte sich das alles geduldig an, bis ich ihn fragte, ob er schnell, bevor wir selbst einträfen, jemanden zu den Anlegestegen schicken könne. Ohne Mister Hsu zu belästigen, der liebte es nämlich nicht so sehr, wenn man seine Ruhe störte um diese Zeit.
    Die Stimme, die plötzlich in mein Ohr dröhnte, ließ mich beinahe ein rotes Verkehrslicht überfahren. Es war Eugene Hsu selbst, der sich da in die Leitung geschaltet hatte, auf der sein unauffälliger Wächter mit mir sprach.
    Â»Belästige gefälligst nicht noch meine Angestellten, wenn du etwas von mir willst, alter Frauenschänder! Komm her. Sofort!«
    Es krachte in der Leitung. Er hatte aufgelegt.
    Eugene Hsu war ein reicher Mann. Eine Triade wie die 314 gab sich nicht mit Kleingeld ab. Erst unlängst hatte er mir, als wir zufällig zusammentrafen, verraten, er habe soeben in Kanada ein neues Unternehmen gegründet. Für alle Fälle, sozusagen. Falls das mit der Heimholung ins Mutterland nicht ganz so laufen sollte, wie er es gern hätte. Er besaß sogar schon einen kanadischen Paß. Ich hatte keine Ahnung, ob er echt war.
    Der angeblich blinde Bettler, der vor dem Schaufenster saß, in das gerade die erste Morgensonne fiel, erwiderte meinen Gruß lächelnd, als sei nichts geschehen und schob die Reisschale, in die die Münzen geworfen werden sollten, eine Kleinigkeit in meine Richtung.
    Ich leistete mir den Spaß, ihm einen Dollar zu spendieren, obwohl er vermutlich einen Jaguar im Stall hatte und in Hotels verkehrte, die ich mir lieber von außen besah.
    Eugene Hsu, elegant wie immer, in einen Safari-Anzug feinster Bauart gekleidet, nach Ylang-Ylang für etwa fünfundsiebzig Dollar duftend, begrüßte mich jovial wie immer. Wir wußten, was wir voneinander zu