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Schwarze Blüte, sanfter Tod

Schwarze Blüte, sanfter Tod

Titel: Schwarze Blüte, sanfter Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Thürk
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gerade, dem Kapitän zum Zwecke der Beruhigung eine Wolke Bastos -Qualm in die Nase zu blasen, als vom Heck her die Stimme Mu Erhs kam: »Da ist er! Er haut ab! Ins Wasser!«
    Als wir bei ihm anlangten, fügte er etwas weniger aufgeregt hinzu: »Er muß aus einem der unteren Bullaugen gesprungen sein.«
    Mit ausgestrecktem Arm wies er in die Richtung Norden, auf Yau Ma Tai zu: »Getaucht und weg. Muß ein fabelhafter Schwimmer sein.«
    Er wäre, auch wenn er auftauchte, nicht mehr zu sehen gewesen. Auf diese Entfernung reichte das erste, noch fahle Morgenlicht nicht aus, und dazu kam noch der Dunst, der um diese Zeit über dem Wasser lag.
    Was jetzt folgte, erinnerte mich an eine der Polizeiübungen seligen Angedenkens, als jenseits der Grenze noch der Große Steuermann zur Weltrevolution aufrief und wir versuchten, unter dem Kommando dreier verschiedener Kommandeure, von denen jeder eine andere Idee hatte, sie zu verhindern.
    Während Bobby Hsiang seine inzwischen eingetroffenen Hilfstruppen an Land nordwärts ausschwärmen ließ und die Wasserpolizeiboote mit ihren Scheinwerfern trotz stärker werdendem Tageslicht die braune Hafenbrühe ableuchteten, um vielleicht den auftauchenden Kopf des Entflohenen zu sichten, überlegte ich mir, daß dieser Mann, wenn er ein guter Schwimmer war, wohl schon längst aus unserem Blickfeld heraus sein müßte. Aber es war dann doch Mu Erh, der mich auf die entscheidende Idee brachte.
    Er wies an der Küste entlang nordwärts und wollte wissen: »Was ist da oben?«
    Noch während ich ihn aufklärte, daß es da das nächste Terminal für die Fähren nach China gäbe, dann ein Hotel, eine Anzahl weiterer Fährenterminals und schließlich eine Taifunschutzbucht, hätte ich mich am liebsten mit der geballten Faust an den Kopf geschlagen: warum war mir das nicht eher eingefallen! »Los, komm!« Ich zog den Shalali-Mann mit mir. Wir kletterten an Land.
    Hier saß, von einem schläfrigen Polizeibeamten bewacht, noch immer der Fahrer des Autos, das Krausköpfchen hierher gebracht hatte.
    Â»Wohin solltest du ihn fahren?«
    Der junge Mann schreckte auf, als ich ihn anbrüllte. Ein kleiner, flinker Typ, dessen Augen mich unsicher musterten. Die Hände hatte der Polizist ihm im Schoß mit einer Metallfessel zusammengeschlossen.
    Ich hielt ihm die Zigarettenschachtel des Shalali-Mannes hin. Der Fahrer öffnete den Mund. Ich schob ihm eine Zigarette zwischen die Lippen. Mu Erh hielt mir das Feuerzeug hin, aber ich ließ es nicht aufflammen, blickte nur den Fahrer an. »Na?«
    Der Köder zog. Der junge Mann hatte wohl doch keine Lust, einen ihm fremden Mann zu schützen, nachdem die ganze Sache ohnehin schief gelaufen war.
    Â»Mein Chef schickte mich mit ihm nach Wanchai. Sollte ihn irgendwo an den Piers absetzen, er würde mir sagen, wo. Aber nachdem wir eine ganze Weile an den Piers herumgekurvt waren, krakelte dieser Fremde in seinem grauenhaften Slang plötzlich, hier sei es falsch. Er suche ein bestimmtes Schiff, die Esmeralda . War schlecht zu verstehen, aber ich begriff schon. Also telefonierte ich aus dem Wagen mit dem Hafenamt und erfuhr, daß die Esmeralda eben hier liegt, in Kowloon. Deshalb sind wir hierher gefahren ... Der Chef muß ihn falsch verstanden haben, vielleicht in der Eile ... weiß nicht ... so hat man mich jetzt festgesetzt ... was ist eigentlich los mit diesem Analphabeten ...?«
    Er zog an der Zigarette, als ich ihm endlich die Flamme hinhielt. Der Polizist beobachtete das alles mißtrauisch, aber er hatte mich mit Bobby zusammen gesehen, und er hielt mich vielleicht für einen ganz besonders bedeutsamen Mann.
    Ich sagte zu Mu Erh: »Was würdest du machen, in seinem Falle? Victor Choi wollte ihn ganz offenbar aus der Schußlinie schaffen. Zurück nach Niugini, wo er unter seinesgleichen taucht. Ihm selbst, Victor Choi, das denkt der jedenfalls wohl, ist nichts nachzuweisen. Und nun klappt das nicht mit dem Dampfer, der nach Port Moresby tuckern soll ... na?«
    Der Shalali-Mann gab lakonisch zurück: »Wenn du mich fragst – ich suchte mir hierherum irgendwo einen Flitzer und düste los. Erst mal weg, und dann.«
    Ich stoppte ihn: »Kennst du die alte chinesische Weisheit ›Wenn du im Norden keine Jade findest, suche im Süden‹?«
    Er verdrehte die Augen. Aber bevor er mir noch anvertrauen konnte, daß er

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