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Schwarze Blüte, sanfter Tod

Schwarze Blüte, sanfter Tod

Titel: Schwarze Blüte, sanfter Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Thürk
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Geschmack«, sagte ich. »Woran ist sein Bruder, unser Zeitungsmann, gestorben?«
    Â»Fünfundvierziger Kugel im Hinterkopf.«
    Ich bemühte mich, nicht an die Frühstückseier zu denken, denn ich stellte mir für einen Augenblick vor, wie der Kopf wohl ausgesehen hatte, als man den Verleger fand.
    Â»Es passierte in seiner Wohnung. Im obersten Stockwerk, über der Zeitungsredaktion, vergangene Nacht ...«
    Â»Vergangene Nacht?« Ich wollte das nicht glauben, aber Bobby wiederholte es.
    Nach und nach stellte sich bei mir eine Ahnung ein, weshalb er wohl mit dieser Gruselstory am frühen Morgen zu mir auf die Dschunke gekommen war.
    Deshalb erkundigte ich mich einfach: »Wenn mich mein Gefühl nicht täuscht, soll ich dir helfen. Etwa bei dieser Sache?«
    Er zögerte. Ich vermutete, er war sich selbst nicht ganz darüber klar, ob es richtig sein konnte, mich da hineinzuziehen. Aber schließlich begann er doch: »Die Geschichte ist etwas kompli-
    ziert ...«
    Â»Tu dir keinen Zwang an, du hast mich nun einmal geweckt, also sag was los ist!«
    Â»Der Teufel!« Er grinste. Dann wurde er ernst, sein Gesicht bekam den mir bekannten besorgten Zug, wie immer, wenn er nicht so recht wußte, ob er nicht mit jedem weiteren Worte Schwierigkeiten für sich heraufbeschwor.
    Aber er vertraute mir an: »Politisch verflucht heikel ist die Geschichte. Noch ist der Mord nicht offiziell bekanntgegeben, aber es kann sich nur noch um Stunden handeln. Dann wird jeder Hongkonger unweigerlich denken, aha, die großen Brüder aus dem Mutterland haben begonnen, sich die auffälligsten Kritiker in der ehemaligen Kolonie vom Hals zu schaffen. Mit 45er Stahlmantelgeschossen ...«
    Â»Da haben sie sich die Sache was kosten lassen – Weichblei wäre billiger gewesen und hätte es auch getan.«
    Â»Sie haben eben nicht.«
    Â»Und das weißt du genau?«
    Nach einer Weile: »Nun ja, man wird den Mord unweigerlich dem Gonganbu anlasten, dem Sicherheitsapparat aus dem Mutterland. Das liegt nahe ...«
    Â»Und du behauptest, der hat nichts damit zu tun?«
    Er schüttelte den Kopf. Fuhr sich dann mit der Hand über sein kurzes Bürstenhaar, in dem die ersten grauen Fäden blinkten.
    Â»Ich behaupte gar nichts. Aber er war es nicht.«
    Â»Oh!« entfuhr es mir. Ich kannte diesen Gonganbu, wie er im Volksmund genannt wurde, die ellenlange offizielle Bezeichnung reduzierend, nur vom Hörensagen. Aber nach dem was ich da kannte, war ihm eine Menge zuzutrauen.
    Â»Das stimmt«, gab Bobby zu. »Aber – ich mußte ja in der Vergangenheit schon einige Male mit diesen Leuten in Kanton zusammenarbeiten, wenn es um Dinge ging, die uns gemeinsam betrafen. Daher kenne ich den Mann, der dieser Truppe jetzt in Hongkong vorsteht. Er kommt aus der Kantoner Filiale ...«
    Â»Gratuliere!« Ich erlaubte mir ein Grinsen. Aber Bobby übersah das. Er erzählte weiter: »Der Mann heißt Li Wen. Ich kenne ihn lange genug, um zu wissen, daß er mich nicht belügt. Er sagt, es sei idiotisch, anzunehmen, sie würden ausgerechnet in der ersten Nacht nach den Übernahmefeiern einen so bekannten politischen Gegner töten. Und sie sind daran interessiert, daß die Sache schnell aufgeklärt wird, um eine Menge Gerüchte und vielleicht Aufregung unter der Opposition zu vermeiden.«
    Â»Am Ende bedauern sie noch, daß der Ketzer tot ist! Klingt etwas phantastisch, wie?«
    Er meinte: »Mag sein, aber sie sind nicht so unklug, ihn zu diesem Zeitpunkt zu töten, selbst wenn sie ihn zur Hölle wünschen. Sie begreifen ganz gut, daß es politisch in die Hose geht, bei uns so zu verfahren.«
    Â»Vielleicht hat ja einer dieser Fanatiker geschossen, die manchmal auf den Straßen Losungen gegen den Kapitalismus und für Peking brüllen«, schlug ich vor. Aber Bobby biß nicht an.
    Â»Würdest du, ohne darüber zu reden, einen Teil der Ermittlungen übernehmen, der für uns schwer zu bewältigen ist?«
    Â»Du denkst, euch von der Polizei würde man auch nichts glauben, was ihr herausfindet?«
    Er erwiderte nichts, und das war ein Zeichen dafür, daß ich schon richtig getippt hatte. Deshalb schoß ich gleich die Frage ab: »Was ist, wenn ich herausfinde, daß es doch der Gonganbu gewesen ist?«
    Darauf hatte er nur wieder ein Kopfschütteln. »Sie halten sich aus der Sache völlig heraus.

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