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Schwarze Blüte, sanfter Tod

Schwarze Blüte, sanfter Tod

Titel: Schwarze Blüte, sanfter Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Thürk
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verschlossen. Alle Schlösser intakt. An der Feuertreppe auch keine Spuren von Gewalt.«
    Â»Das heißt, wer immer ihn in die Melone schoß, wurde von ihm persönlich eingelassen ...!« Er stellte das nicht in Frage, erinnerte mich nur daran, daß es eben Schlüssel auf der Welt gab. –
    Die Angehörigen der Redaktion waren damit beschäftigt, aus Pappkartons, die von der nächsten Kneipe gebracht worden waren, zu frühstücken. Die vier Männer waren alle ziemlich jung. Der Windhundtyp, der es versteht, überall das aufzuschnappen, was sich im Blatt zu einer knalligen Story machen läßt, vorzugsweise Geschichten, in denen das Mutterland einen Hieb abkriegt.
    Obwohl – auch die Pacific Voice war für die Beendigung des Kolonialstatus gewesen. Aber eben nicht für die Übernahme durch Peking. Wie es mit uns weitergehen sollte, war in dem Radaupapier nie auch nur annähernd beschrieben worden, dafür gab es in jeder Nummer Anregungen, auf welche Weise das Mutterland für Leute wie Yueh wieder bewohnbar gemacht werden könnte.
    Â»Ich bin die Fernschreiberin«, gab sich eine der beiden Damen zu erkennen. Nicht mehr ganz jung, aber sehr adrett zurechtgemacht. Gewohnheitsgemäß erkundigte ich mich: »Sind in den letzten Tagen irgendwelche außergewöhnlichen Nachrichten hereingekommen? Oder private Mitteilungen an den Verstorbenen?«
    Sie schüttelte den Kopf, daß ihr lockeres Haar hin und her flog. Aber ich entdeckte ein leichtes Flackern in ihren Augen. Auf dem Schild, das sie an die Bluse geheftet trug, stand »Mrs. Tu«. Ich nahm mir vor, die Dame, wenn ich mich später ohne Bobby hier aufhielt, einmal zu einem Tee einzuladen.
    Auch in der Druckerei gab es nichts weiter, was aus dem Rahmen fiel. Die fünf Männer, die hier über den Betrieb der elektronisch gesteuerten Anlage wachten und den Lastenaufzug bedienten, der die Packen des fertigen Blattes hinunter zu den Fahrzeugen beförderte, hätten ebensogut Gärtner im Victoria Park sein können, so wenig wußten sie über das Blatt und seinen Macher.
    In der Halle der Polizeipathologie sah ich ihn eine Stunde später zum ersten Mal. Bisher war Mister Yueh nur ein Name für mich gewesen. Und eine Familienstory von der tragischen Sorte.
    Der Kalfaktor zog das Tuch von seinem Gesicht – besser gesagt von dem was da noch übrig war. Ich sah, daß er nicht gerade alt wirkte. Bartlos. Ein sanftes Kinn über einem Hals, der keine Falten aufwies, soweit ich erkennen konnte. Der Mann war ziemlich groß gewesen und hatte keinesfalls Übergewicht gehabt.
    Â»Mach ihn wieder zu«, forderte Bobby den Kalfaktor schließlich auf.
    Draußen dann, als er seine unvermeidliche Bastos ansteckte, sagte er zu mir: »Das ist alles, was wir dir bisher anbieten können. Was hast du für ein Gefühl?«
    Wer mich kennt, der weiß, daß ich über meine Gefühle nicht zu sprechen pflege. Aber ich war mit Bobby lange genug befreundet, um zu wissen, wohin er mit der Frage zielte. Und so konnte ich antworten: »Ich habe das Gefühl, daß ihr euch heraushalten wollt. Die Polizei will nicht an eine Sache heran, die möglicherweise einen Schatten von Geheimdienst hat. Meinetwegen. Ich bin ein freier Mann. Niemand wird mich verdächtigen, für den Gonganbu zu arbeiten, vielleicht eher gegen ihn. Dieser Mord scheint mir aufklärbar, bloß daß ihn keine der möglichen Lösungen auch nur um ein Gramm angenehmer machen wird, weder für den Gonganbu noch für euch.«
    Wie um mich zu ermutigen, bemerkte Bobby: »Du bekommst von uns jede Unterstützung. Wenn du irgendwas brauchst ...«
    Ein schönes Sprüchlein. Natürlich, bei diesem Opfer würde kein Mensch der Polizei auch nur die geringste Kleinigkeit abnehmen, die sie herausfand. Man würde besonders von der oppositionellen Seite her darauf verweisen, daß die Polizei eben eine offizielle Einrichtung war und selbstverständlich seit der Eingemeindung unter der Kontrolle des Mutterlandes stand, auch unter der des Gonganbu eben. Und daß der in Hongkong darauf aus war, aktive Gegner, die Massenwirkung erzielten, zu beseitigen, diese Vermutung würde selbst ein Heiliger erfolglos dementieren. Also hatte der Gonganbu, der das nüchtern erkannte, vermutlich darauf gedrungen, daß ein Unparteiischer sich als Untersucher des Mordes betätigen sollte, um die

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