Schwarze Blüte, sanfter Tod
Dreirädern und Lastenrikschas. In einigen Minuten würden die Schreier es selbst in den Hintergassen von Wanchai unter die Leute gebracht haben.
Ich muÃte laut lachen, als es mir gelang, die Schlagzeile auf der Titelseite zu lesen. Da stand, schwarz eingerahmt CHEFREDAKTEUR DER Pacific Voice ERMORDET â REDAKTION FÃHRT DIE ARBEIT WEITER!
Bobby Hsiang fluchte leise vor sich hin, als ich ihn darauf aufmerksam machte. Bis ich ihn dann erinnerte: »Du bist doch schon eine Weile Polizist in Hongkong â hast du ernstlich geglaubt, man könnte ausgerechnet diesen Toten unterschlagen?«
Der Empfangschef im Foyer nickte Bobby nur zu und wies uns zum Fahrstuhl. Er sah meinen Freund nicht zum ersten Mal heute. Natürlich â die Redaktionsleute hatte er zuerst vernehmen müssen, und das Hauspersonal. Wie viele arbeiteten da eigentlich?
Während aus einem Lautsprecher in der Fahrstuhlkabine die sanfte Melodie von Vanua Levu perlte, gab mein Freund mürrisch Auskunft: »AuÃer dem technischen Hauspersonal sind es in der Redaktion sechs Leute. Zwei Frauen darunter. Ausgeschlafenes Volk. Allein daà die täglich so ein Blatt hinlegen, ist eine Leistung, egal was man von ihren Parolen hält. Fünf Mann in der Druckerei. Und die Privatsekretärin von Mister Yueh ...«
»Alle schon vernommen?«
Er nickte. »Waren gar nicht im Haus, die Nacht hindurch. MuÃten geholt werden. Bloà der Wachmann war anwesend. Keine Ahnung von nichts. Und dann war die Sekretärin noch da, die fand Yueh ...«
Obwohl man schon von Fällen gehört hatte, in denen Angestellte ihren Chef umbrachten, kam es mir nicht sehr wahrscheinlich vor, daà sich so etwas hier anbieten würde. Leute, die ein Krawallblatt dieser Kragenweite zusammenbastelten, brachten sich nicht so einfach gegenseitig um, die halfen sich eher gegenseitig. Das waren gleiche Brüder ...
Vanua Levu brach ab. Vom Fahrstuhl, der sanft abbremste, ging es unmittelbar in Mister Yuehs Wohnung. Auf den ersten Blick war zu erkennen, daà sich hier einer dieser modernen Innenarchitekten ausgetobt hatte, die in Amerika ausgebildet worden waren. Die Chinoiserie hielt sich in dezenten Grenzen. Dafür war der Rest eine Mischung aus Bauhaus und Protz aus Los-Angeles-Katalogen.
Die Leiche, so eröffnete mir Bobby, als er mir die umkreidete Stelle zeigte, an der sie gelegen hatte, war schon weggeschafft worden. Natürlich, es würde ein heiÃer Tag werden, hier oben, trotz groÃartiger Klimaanlage.
Ich besah mir auÃer dem dunklen Fleck, der die Blutlache gewesen war, alles ziemlich genau, aber es führte mich vorerst nur zu der Frage an Bobby: »Von hinten?«
»GenickschuÃ, ja. Mir schien es, als wäre er nicht aufgesetzt gewesen. Aus kurzer Entfernung wohl ...«
Der Rest der Wohnung bot mir auch nicht viel. Nur daà ich im Bad auf einen Damenslip aufmerksam wurde, der zum Trocknen auf einen ausklappbaren Steg gehängt war. Als ich zu Bobby blickte, erriet der meine Gedanken und feixte: »Dachte ich es mir doch, daà dir so was nicht entgehen würde. Stammt von der Sekretärin. Hatte ein Verhältnis mit Yueh.«
Er griff in die Tasche und zog einen Zettel heraus, auf den er ihre Adresse kritzelte. »Privatwohnung. Mit der Mutter zusammen. War nicht ständig hier.«
»Und?«
»Total im Schock.«
Ich nahm mir vor, die Dame später aufzusuchen. Bobbys Männer hatten bereits alles besichtigt, was es hier zu sehen gab, und zwar ohne Erfolg. Ich würde mir die Wohnung noch einmal genauer ansehen, in Ruhe, und Bobby gab mir sogleich den Schlüssel, der in dieser Etage die Fahrstuhltür von innen öffnete. Er bot mir an, einen Blick auf die Leiche zu werfen, nachdem er sich über sein Rocktaschentelefon vergewissert hatte, daà die Pathologen sich noch nicht über sie hergemacht hatten.
Im Hinausgehen besah ich mir den Fahrstuhl genauer, bis Bobby mich aufmerksam machte: »Unten, in der Lobby, ist ein Telefon. Privatbesucher riefen Yueh von dort aus an, worauf er persönlich die Fahrstuhltür in seiner Etage öffnete. Sonst blieb sie geschlossen, so daà niemand aussteigen konnte, der just einmal da hinauf fuhr ...«
»Ausgenommen er hatte einen Schlüssel, wie ich jetzt!« Ich wollte wissen, wer alles so ein Exemplar besessen hatte, aber das wuÃte auch Bobby nicht.
»Treppe nach oben?«
Er sagte: »Türen
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