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Schwarze Blüte, sanfter Tod

Schwarze Blüte, sanfter Tod

Titel: Schwarze Blüte, sanfter Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Thürk
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eines Lächelns im Gesicht hatte, brachte ich es fertig, sie so artig wie möglich zu begrüßen, ihr den Stuhl zurechtzurücken und schließlich dem Kellner das Zeichen zu geben, daß jetzt der Sekt erwünscht sei.
    Â»Verzeihung«, sagte ich dann, nachdem ich das Glück begriff, die Dame ganz für mich allein an meinem Tisch zu haben, obwohl mir andere Plätze dafür lieber gewesen wären, und obwohl ich in den Blicken einer erheblichen Anzahl männlicher Augenpaare, die sich auf uns richteten, vermeinte, genau denselben Wunsch lesen zu können. Neidisch? Neugierig? Mißtrauisch?
    Â»Ich habe noch nie das Vergnügen gehabt, mit einem Detektiv Sekt zu trinken«, gestand sie mir mit ihrer gefährlichen Stimme, während der Kellner den Eiskübel zurechtrückte, nachdem er unsere Gläser gefüllt hatte.
    Â»Dann wollen wir gleich damit anfangen, Mrs. Moreano!« Ich war wieder unter den Lebenden, die Befangenheit verflog.
    Die Band, die sich jetzt ohne Sängerin austobte, spielte »Blue Moon«, und ich hoffte insgeheim, daß die Frau nicht etwa den Wunsch äußerte, zu tanzen – ich bin in dieser populären Disziplin der menschlichen Vergnügungen lausig.
    Aber sie dachte nicht daran. Und ich nahm die Gelegenheit wahr, um mich erst einmal darüber zu informieren, woher diese Nichtchinesin eigentlich kam. Also blickte ich sie an, wie ein Fan seinen Leibkünstler, und sagte: »Ich muß Ihnen ein Geständnis machen, Madame Moreano, die Art, auf die Sie Englisch sprechen, macht jedes Ihrer Lieder für mich zu einem ganz besonderen Erlebnis ...«
    Sie stellte ihr Glas ab. »Sie meinen, es klingt etwas hart?«
    Zögernd gab ich zu: »Man könnte es so nennen, ja ...«
    Ungeniert klärte sie mich auf, in dem gleichen, viel zu harten Englisch: »Gar nicht verwunderlich, ich bin in Mexiko zu Hause.«
    Â»Eine blendende Idee, daß Sie hier ein Gastspiel geben!«
    Sie griff wieder nach dem Sektglas, nahm einen beherzten Schluck, den sie genußvoll über die Zunge rollen ließ, und dann sah sie mich lächelnd an, als habe sie meine Methode, sie auszufragen, längst durchschaut. Ich hatte ohnehin nicht geglaubt, eine Frau mit dem Intelligenzquotienten ihrer Schuhgröße vor mir zu haben, aber womit sie mich jetzt überraschte, das machte selbst mich für ein paar Sekunden still. Sie sagte nämlich mit unnachahmlicher Freundlichkeit: »Mister Lim Tok, Sie müssen sich nicht mühsam und auf Umwegen zu der Frage vorarbeiten, die Sie von mir eigentlich beantwortet haben möchten – es ist schon in Ordnung, wenn Sie sie ohne Umschweife stellen ...« Dabei öffnete sie den Mund, entblößte zwei Reihen perlweißer Zähne, die überdies auch nicht viel größer als Perlen waren, lachte und fügte noch an: »Wissen Sie, wenn mich ein Detektiv auf einen Drink einlädt, ausgerechnet im Etablissement meines Schwagers, dann will er vermutlich etwas über Chao Yan wissen. Ist das nicht so?«
    Ehe ich noch ganz mit dem Überlegen fertig war, was ich wohl darauf klugerweise antworten könnte, amüsierte sie sich: »Jetzt machen Sie ein Gesicht wie mein verstorbener Mann nach unserem ersten Essen beim Griechen!«
    Ich raffte mich auf: »Ihr ... verstorbener Mann war der Bruder von Herrn Chao Yan?«
    Â»Wußten Sie das nicht?«
    Â»Nein«, gestand ich.
    Â»Er war nach Amerika ausgewandert. Fand dann eine bessere Chance in Acapulco. Und fand mich dort. Leider starb er vor einem halben Jahr ...«
    Â»Welch Glück, daß es Herrn Chao Yan gibt, der Ihnen über eine gewiß nicht ganz leichte Zeit helfen kann!«
    Mrs. Moreano griff sich wieder das Glas. Diesmal trank sie es mit einem achtbaren Zug leer, winkte dem Kellner, der sofort zum Nachfüllen herbeieilte, und als wir wieder unter uns waren, sagte sie ebenso freundlich, wie sie vorher gesprochen hatte, zu mir: »Lassen Sie uns nicht um die Sache herumreden – Sie haben ein Anliegen. Sagen Sie mir, was Sie über meinen Schwager wissen wollen. Ich entscheide dann, was ich Ihnen antworte.«
    Da war nichts zu machen, als mit der Wahrheit herauszurücken. Die Frau hatte mich überrumpelt, ohne sich ernsthaft anzustrengen. Warum eigentlich nicht offen mit ihr reden? Was sie nicht sagte – nun gut. Vielleicht wußte sie ja auch gar nicht alles, was es zu Chao Yan zu sagen gab

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