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Schwarze Blüte, sanfter Tod

Schwarze Blüte, sanfter Tod

Titel: Schwarze Blüte, sanfter Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Thürk
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abschleppen! Ist nur ein freundlich gemeinter Tip von mir, Sir.«
    Â»Ich bin dankbar dafür. Verheiratet?«
    Â»Ich?«
    Â»Die Dame!«
    Er bewegte die Schultern. »Habe noch keinen Ehemann um sie herum gesehen ...«
    Als er den Scotch brachte, teilte er mir mit: »Mrs. Moreano läßt für die Einladung danken. Sie hat laut Vertrag noch ...« Er sah auf seine Uhr. »... Siebenundzwanzig Minuten zu singen. Mit Pausen. Danach wird sie sich freuen, mit Ihnen ein Glas zu trinken. Sie bevorzugt die Marke der Witwe Cliquot, wenn ich darauf noch aufmerksam machen darf ...«
    Ich hatte inzwischen gemerkt, daß dieses Suzie Wong , obwohl der Name das hätte andeuten können, und zumal es in einem sehr einschlägigen Bezirk der Stadt lag, keine billige Abschleppkneipe war. So schärfte ich dem Kellner ein, zu gegebener Zeit den Sekt zu bringen, und dann lehnte ich mich zurück und genoß den Abend, vor allem den Reiz, den die Stimme der Dame Moreano auf mich ausübte. Und ich dachte an den Zusammenhang, den es zwischen dem von Mister Yueh Lo-tsin erschlagenen Killer, dem Tong San Tien Hui und dem Chef dieses noblen Etablissements geben konnte.
    Chao Yan hieß der Chef des Suzie Wong . Der Name sagte mir vorerst nicht allzuviel. Aber ins Grübeln kam ich doch ...
    Als Polizist schon war ich zwangsläufig mit dem urchinesischen Problem der Familien-Tongs und Triaden beschäftigt gewesen, weil sie einen nicht geringen Teil der kriminellen Aktivitäten in Hongkong bestimmten. Ebenso wie in vielen Ländern der Welt, in denen sich Chinesen niedergelassen haben. Wir sind eine der Nationalitäten, die den größten Anteil an Auswanderern gestellt haben, im Verlaufe von Jahrhunderten. Es waren denn auch diese chinesischen Auswanderer, die im fremden Land, meist ungeliebt ob ihrer Sitten, verspottet, auf vielerlei Art benachteiligt, sich sozusagen zur besseren Wahrung ihrer Interessen zu Tongs zusammenschlossen, Grüppchen der Selbsthilfe, wie es sie auch zu Hause im Familienverband schon zur Verteidigung gegen die Willkür der kaiserlichen Regenten gegeben hatte. Von da bis zu den ersten kriminellen Unternehmungen, die nicht selten der an sich legitimen Wahrung eigener Interessen dienten, die sich eben oftmals nur noch mit kriminellen Mitteln erreichen ließ, war der Weg nur kurz. Man wehrte sich gegen Erpresser – wenn man Erfolg haben wollte, mußte man sie töten. Man sah sich aus Existenzgründen gezwungen, den Absatz der Glückskekse, die man buk, zu steigern – am Ende wurde der unfairste Konkurrent, der einem den Weg verbaute, verunglückt. Man wollte einem Angehörigen des gleichen Clans, der in Burma lebte, ein Geschäft nicht abschlagen, zumal es viel einbrachte: also verhökerte man Drogen aus dem Goldenen Dreieck ... so stockte sich das auf. Auch über Jahrhunderte. Mit dem Erfolg, daß aus Gruppen, die man anfangs gerade noch als Selbsthilfevereinigungen hätte bezeichnen können, nach und nach mit allen Wassern gewaschene Gangs wurden. Sie waren bald untereinander verflochten, oder sie waren verfeindet, arbeiteten miteinander oder gegeneinander, schmuggelten Opium oder Gold, handelten mit jungen Mädchen oder erpreßten alte Millionäre – für die Tongs gab es, wie für die Triaden, die von Anfang an kriminelle Ziele hatten, kein Gebiet, auf dem sie nicht tätig waren. Selbst in den Verwaltungen nisteten sie sich ein. Sie verschafften sich und anderen Verbindungen oder umschifften Gesetze. Und die mit dem auf den Mittelfinger tätowierten Drei-Sterne-Fisch, die aus dem Gebiet um Swatou, dem heutigen Shantou, die Nachkommen der Teochiu-Familien, die unter der Bezeichnung San Tien Hui liefen, gehörten zu den Ausgekochtesten. Selbst hartgesottene Triadenbosse, so hieß es, machten um sie einen Bogen, wenn es denn möglich war.
    Knappe dreihundert Kilometer an der Küste nordwärts lag dieses Shantou. Heute eine jener vom Seeschiffsbau, dem Fischfang, dem Handel mit Seide, Tabakwaren und Tee lebenden Dreihunderttausend-Seelen-Hafenstädte des Mutterlandes.
    Wir hatten in meiner Zeit bei der Polizei einen Fall von Perlenschmuggel gehabt, bei dem es einen Toten gab, und damals war ich genötigt gewesen, mich mit der Herkunft der vermeintlichen Täter, mit ihren möglichen Motiven und vor allem mit ihren Methoden vertraut zu machen. Es waren Teochiu aus der Gegend um Shantou gewesen.

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