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Schwarze Blüte, sanfter Tod

Schwarze Blüte, sanfter Tod

Titel: Schwarze Blüte, sanfter Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Thürk
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stand sie im Kühler, noch bevor der Chef des Hauses, dem der Kellner den Wunsch seiner Schwägerin übermittelte, bei uns angelangt war.
    Auch ein gefülltes Glas war da. Ich erhob mich höflich, als der Chinese mit dem ungemein gemütlichen Gesichtsausdruck und dem erstklassig sitzenden dunklen Anzug sich dezent verbeugte. Er hatte kurzes Haar und einen Mittelscheitel. Sah aus wie ein Sergeant, den wir mal vor vielen Jahren bei der Royal Police gehabt hatten, ich glaube, er war für die Asservatenkammer zuständig gewesen.
    Mrs. Moreano sagte: »Hi, Yan, setz dich einen Augenblick zu Mister Lim Tok und mir. Er ist Detektiv, und er fragt nach einem Mann namens Ba Kwon. Hast du jemals von ihm gehört?«
    Das Gesicht Chao Yans blieb so, wie es vor Nennung des Namens gewesen war. Höflich und unbeteiligt. Er setzte sich, hob das Glas, prostete uns nacheinander artig zu, trank, und nachdem er das Glas abgesetzt hatte, wandte er sich lächelnd an mich: »Angenehm, Mister Lim Tok. Schön, Sie kennenzulernen. Ich hoffe, es gefällt Ihnen bei uns. Wie war der Name Ihres Freundes?«
    Â»Ba Kwon«, wiederholte ich.
    Unsere Aufmerksamkeit wurde von den Vorgängen auf der Bühne abgelenkt.
    Dort trat eine Truppe auf, die sogenannte sprechende Bilder vorführte.
    Eben noch war, in großartigem Kostüm, irgendein Prinz zu sehen gewesen, der mongolische Eindringlinge, die seltsam japanisch aussahen, mit dem Schwert bedroht und schließlich von der Bühne vertrieben hatte. Ich hatte ihn im Geschichtsunterricht offenbar verpaßt. Jetzt stellten ein muskulöser, bis auf ein Lendentuch nackter, von oben bis unten mit Öl eingeriebener Mann und eine ebenfalls hochgradig nackte, ebenfalls ölglänzende junge Frau eine Szene aus der hinduistischen Mythologie dar, die wohl die meisten Leute meines Alters in Hongkong kannten, nämlich Schiwa und Parwati beim göttlichen Kopulationsakt.
    Ich mußte unwillkürlich lächeln, weil ich mich an vergangene Zeiten erinnerte: als ich noch zur Schule ging, pflegten wir Amulette (Made in India) mit der Darstellung genau dieses Augenblicks, in dem Parwati sich auf dem Schoß Schiwas niederläßt, von indischen Soldaten der britischen Armee, die in Kowloon stationiert waren, billig zu kaufen. Wir verhökerten sie dann für wesentlich bessere Preise an amerikanische GI’s, die aus Vietnam nach Hongkong gekommen waren, um sich vom Krieg zu erholen. R & R nannte man das. Rest and Recreation. Dabei passierte im wesentlichen genau das, wobei man Schiwa und Parwati auf dem Amulett beobachten konnte, und wie wir erfuhren, passierte es mindestens ebenso häufig, wie es bei dem göttlich-starken Schiwa passiert sein soll. Weshalb die GI’s aus Amerika für manche von uns auch zu Abkömmlingen der alten Götter mutierten.
    Jedenfalls waren die Soldaten ganz wild auf die Amulette mit der Nachbildung des göttlichen Aktes, egal wie primitiv die Ausführung war. Die des Amuletts, nicht die des Aktes!
    Als der gut geölte Schiwa-Darsteller auf der Bühne ein winziges bißchen in seinen Bemühungen nachließ, vielleicht hatte er einen Muskelkrampf, kam aus dem Saal, wo es so dunkel war, daß man nicht sehen konnte, wer sich da meldete, der anfeuernde Zwischenruf: »Mehr Kentucky Fried Chicken essen!«
    Die Konkurrrenz war offenbar auch anwesend, denn aus einer anderen Ecke riet jemand sogleich: »Lieber McDonalds Triple-Mac!«
    Eine Weile hielt das Gelächter an, während die Darsteller schweißtreibend arbeiteten. Als es nach und nach erstarb, knurrte Chao Yan: »Wieder ein paar von diesen obszönen Kerlen da ...« Dann wandte er sich mir zu.
    Â»Ba Kwon sagten Sie ...?«
    Â»Sehr richtig, Ba Kwon. Ich erfuhr, daß die Polizei ihn sucht. Soll in dieser Gegend hier wohnen, wenn es stimmt, was Leute angegeben haben ...«
    Er ließ sich mit einer Antwort Zeit. Auf der Bühne glitt inzwischen die Parwati-Darstellerin unter dem Beifall des Publikums vom Schoß des Schiwa-Darstellers und verbeugte sich.
    Chao Yans Gesicht war so nichtssagend wie ein eben gewaschenes Handtuch, als er seelenruhig bemerkte: »Wo er wohnt, kann ich nicht sagen. Aber er ist hier gewesen. Hat sich für Gelegenheitsarbeiten angeboten. Warum sucht ihn die Polizei?«
    Â»Mordverdacht.«
    Er trank aus dem Sektglas. Spreizte vornehm den kleinen Finger dabei ab. Sein Gesicht blieb unbewegt. Den

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