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Schwarze Blüte, sanfter Tod

Schwarze Blüte, sanfter Tod

Titel: Schwarze Blüte, sanfter Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Thürk
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beobachten, daß ihre Hand, die den Telefonhörer hielt, ganz leicht zitterte. Parkinson war das sicher nicht. Ob sie ahnte, daß ich gekommen war, um ihr unangenehme Fragen zu stellen? Wenn ja, dann hatte sie recht.
    Ich vergeudete keine Zeit und kam, sobald der Tee vor uns stand, zur Sache. Verbindlich und von der Seite her, wie man das bei uns nannte, indem ich zuerst die Gesundheit der Mutter und ihre eigene abfragte, mich ein wenig über den Taifun beklagte, bis ich mich dann, ohne im Tonfall etwa schärfer zu werden, erkundigte: »Sagen Sie bitte, stimmt es, daß Mister Yueh Po-chai seit geraumer Zeit von den Chiu Chao erpreßt wurde?«
    Ihre Gesichtsfarbe veränderte sich, während sie sich Mühe gab, ungerührt zu erscheinen. Und ihre Augen veränderten sich ebenfalls. Weil sie wohl wußte, daß ihre Hände etwas zitterten, legte sie sie flach vor sich auf den Schreibtisch. Immerhin hatte sie sich soweit in der Gewalt, daß, abgesehen von einem leichten Tremolo in ihrer Stimme, die Gegenfrage ziemlich gleichmütig klang: »Sagten Sie Erpressung?«
    Â»Man kann es höflicher ausdrücken. Etwa indem man sagt, er wäre ermuntert worden, der gemeinnützigen Organisation der Shantouer Teochiu mit einer gewissen Regelmäßigkeit Spenden zuzuleiten.«
    Ich hatte absichtlich die beiden Bezeichnungen erwähnt, um ihr anzudeuten, daß ich über diese Gang Bescheid wußte: in Hongkong nannte man die insgesamt sieben verschiedenen Teochiu-Cliquen Chiu Chao. Auf dem Festland hingegen hielten sich teils die Bezeichnungen der sieben Dorfgemeinschaften des Shantouer Gebiets, oder man sagte einfach Teochiu.
    Â»Wir machten Spenden für gemeinnützige Zwecke, ja ...«, versuchte sie sich einer genauen Antwort zu entziehen. Sie war klug. Sie war auch geschickt. Aber sie würde das Spiel nicht mehr lange durchhalten.
    Â»Miß Tsao«, ich lächelte sie dabei an, »wollen wir weiter im Kreis schwimmen, oder wollen wir nicht lieber dem Festland der Tatsachen zustreben? Mister Yueh Po-chai hat an Mrs. Hsu Kwan gezahlt. Darüber brauchen wir nicht weiter zu rätseln, das ist mir aus hinreichend verläßlicher Quelle bekannt. Wollen Sie das nun fortsetzen?«
    Sie fuhr mich an: »Mrs. Hsu Kwan hat Mister Yueh Po-chai besucht, ja! Aber ich weiß nichts von Zahlungen an sie. Es gab keine entsprechenden Buchungen!«
    Â»Natürlich nicht! So etwas wird bar auf die Hand gezahlt!«
    Als sie darauf nichts sagte, gab ich ihr zu bedenken: »Sie wissen doch, daß mit der Übernahme durch das Mutterland einige Steuerkontrollen erfolgen werden, unvermeidlich – wie wollen Sie die Zahlungen verbuchen, falls Sie sie weiterführen?« »Ich werde nichts tun, was ungesetzlich ist«, gab sie etwas matt zurück. Ich setzte sofort nach.
    Â»Selbst wenn es Ihnen gelingen sollte, Buchungen zu frisieren, um Bargeld verfügbar zu machen, für diese, nun sagen wir mal Spenden, was meinen Sie, wird die neue Besitzerin sagen, wenn sie dahinterkommt?«
    Â»Besitzerin der Pacific Voice ?«
    Â»Die meine ich, ja.«
    Sie machte nicht mehr den Versuch, ihr Erschrecken zu verbergen. »Sie glauben, das Gerücht, das der Island Guardian verbreitet hat, ist ernstzunehmen?«
    Â»Ich nehme es ernst. Es wird übrigens erzählt, die fragliche Person, von deren Existenz Mister Yueh Po-chai erst kurz vor seinem Tode erfahren haben soll, stammt über mehrere Generationen von einer Familie im Mutterland ab.«
    Â»Das habe ich befürchtet ...« Es klang wie ein Stoßseufzer. Aber sie besann sich sofort und brach den Satz ab.
    Â»Und sie soll nicht aus der Gegend um Shantou sein. Also wird sie kaum ein Ohr für die Wünsche der Chiu Chao haben, auch wenn sie von einer so bezaubernden Person wie Mrs. Hsu Kwan vorgebracht werden ...«
    Ihr Gesicht bekam einen Ausdruck von nicht mehr zu unterdrückender Wut, als sie hervorsprudelte: »Bezaubernde Person! Sie ist der letzte Dreck! Ich habe Po-chai immer vor ihr gewarnt. Aber es half ja nichts, sie hatte die besseren Karten ...«
    Sie hielt inne, weil sie wohl erkannte, daß sie unvorsichtig viel gesagt hatte. Ich nutzte die Chance und fuhr fort, den Baum zu schütteln, damit die Früchte herabfielen: Auf gut Glück fragte ich: »Waren Sie dabei, als Mrs. Hsu Kwan Ihren Chef unter Druck setzen wollte, ein Testament zugunsten der Chiu Chao zu machen?«

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