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Schwarze Blüte, sanfter Tod

Schwarze Blüte, sanfter Tod

Titel: Schwarze Blüte, sanfter Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Thürk
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wohl mit all diesen Dingen zu tun haben könnte!«
    Er ignorierte die Frage. Fuhr fort, fröhlich von den Lao-Hu-Leuten zu plaudern: »Wir haben eine sehr lange Tradition in Paris. Allerdings gab es in der letzten Zeit einige Unstimmigkeiten zwischen verschiedenen Gruppen, aber wir konnten das mit Hilfe unseres höchsten Paten regeln. Er reiste aus Tschekiang an und sprach ein Machtwort. Nun ja, er ließ sozusagen ein Machtwort schießen, haha ... Wollen Sie wissen, was Sie mit der Sache zu tun haben, Miß Hsu Kwan?«
    Den letzten Satz sprach er in einem deutlich abgesetzten Tonfall. Er klang höhnisch. Wie die Verhörfrage eines besonders gewieften Vernehmers, der die Antwort ohnehin kennt. Die Frau sah Blondel nur erwartungsvoll an, ohne etwas zu sagen. Sie war auf Haltung bedacht.
    Der Reporter schaltete sogleich wieder auf den verbindlichen Plauderton um, so daß sich alles, was er nun sagte, geradezu gespenstisch anhörte.
    Â»Sehr verehrte Miß Hsu Kwan, Sie dürfen sich nicht der Illusion hingeben, daß Sie an diesem Ort hier weiterhin den mächtigsten und an Verbindungen reichsten Tong anführen. Das ist vorbei. Möglicherweise haben Sie das noch nicht gemerkt. Es gibt uns. Und wir leben zwar den drei Harmonien, aber – wir zerschmettern jeden, der uns in den Weg kommt. Gnadenlos, Miß Hsu Kwan. Haben Sie mich bis hierher verstanden?«
    Das Gesicht des Empfangsaufsehers Chak Sam, der, um besser hören zu können, den Kopf etwas an der Säule vorbei nach vorn reckte, kam mir eine Schattierung bleicher vor, als es bei seinem Auftauchen hier oben gewesen war. »Ist das eine Kriegserklärung?« Miß Hsu Kwan gab sich Mühe, ihre Stimme nicht vibrieren zu lassen.
    Â»Ein Hinweis«, gab Blondel gelassen zurück. »Bis jetzt. Machen wir uns aber nichts vor, Mylady. Sie stehen für die San Tien Hui. Das wissen nicht nur wir, auch die Polizei weiß es. Was macht man bei Ihnen mit Leuten, die schon bei der ersten Vernehmung der Polizei alles erzählen, was sie überhaupt wissen?«
    Die schöne Frau war sichtlich verstört.
    Blondel erinnerte sie: »Ich meine einen Gastwirt in Kowloon. Wenn Sie ihn nicht kennen, wie Sie vorhin sagten, dann sollten Sie wissen, daß er Sie kennt. Und er spricht auch über Sie. Ehrlich, Mylady, ich werde in den letzten Tagen immer öfter an Dinge erinnert, die sich in Paris abspielten. Ein Krieg zwischen Brüdern ...«
    Er ließ ihr Zeit zum Nachdenken, und schließlich fragte sie: »Ist das nun eine Warnung? Oder ein Angebot?«
    Blondel blies die Backen auf, als wolle er andeuten, daß er sehr große Geduld aufbringen mußte, um nicht auszuflippen. Dann klärte er sie auf: »Beides, Mylady. Was Sie für den Gastwirt aus Kowloon tun können, müssen Sie selbst entscheiden. Ist nicht unsere Sache ...«
    Â»Und was ist Ihre Sache?«
    Â»Gut, daß Sie fragen. Unsere Sache ist diese Angelegenheit in der Pacific Voice . Ich kann meine Berichterstattung darüber – nennen wir es variieren. Ich kann sie auch einstellen. Nichts Neues mehr. Aus. Ein neuer Hahn wird auf Seite eins krähen, und das alte Gegacker der Hühner ist vergessen. Wir haben die Pacific Voice übernommen. Das sollten Sie als nicht mehr zu ändernde Tatsache betrachten. Es wird noch ein paar personelle Umstellungen geben, dann ist die Angelegenheit beendet. Wenn Sie unbedingt Krieg zwischen Brüdern haben wollen ...«
    Er bewegte die Schultern und machte ein trauriges Gesicht: »Denken Sie aber stets daran, daß dieser Gastwirt bei den Schnüfflern das auf den Tisch gepackt hat, was er weiß. Von uns kennt er nicht einmal die Namen. Aber von Ihnen ...«
    Als sie schwieg, eröffnete er ihr halblaut: »Er hat übrigens Ihre Beziehung zu dem Ermordeten ... nicht verschwiegen. Offenbar wußte er davon ...«
    Â»Er weiß einen Dreck.« Sie war wütend geworden.
    Hinter seiner Säule zog Chak Sam in diesem Augenblick eine sehr kleine, sehr flache Pistole aus dem eleganten Jackett. Es war in der letzten Zeit in der betuchten Gesellschaft Mode geworden, sich mit diesen Spielzeugen auszustatten. Aber sie waren gar nicht so lächerlich wie sie aussahen. Sie verschossen 22er Weichbleimunition, die war nicht ummantelt, quetschte sich beim Aufprallen sofort zu einem Fladen platt und riß Löcher, von denen die Pathologen der Homicide-Section zu sagen pflegten,

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