Schwarze Blüte, sanfter Tod
Chak Sam stoppte. Wurde sichtlich unschlüssig. Die Hand mit der Spielzeugpistole hob sich nicht.
Jerome Blondel hüstelte leicht. Ich hatte den Verdacht, daà er ein Grinsen unterdrückte. Er machte ein Gesicht, als wolle er jeden Augenblick fragen, ob hier eigentlich geraucht werden dürfe, er vermisse Schilder, die das verboten.
»Sie ... wagen ... es ...?«
Weiter kam sie nicht. Ein neuer Schreck machte die gewià nicht gerade übermäÃig zu Verlegenheit neigende Frau sprachlos: Bobby Hsiang schob sich vom Eingang her in den Ausstellungsraum, mit gefletschten Raucherzähnen lächelnd, in einer Hand seine Polizeimarke, in der anderen eine Pistole von der GröÃe einer Palastlaterne. Ich hatte so ein Ding bisher nur ein einziges Mal gesehen, und zwar vor einigen Jahren, in der Hand des deutschen Grafen Waldersee, der in einer bei uns gastierenden Peking-Oper damit herumfuchtelte, wenn er nicht gerade mit seiner chinesischen Kurtisane Goldlotos das Spiel der Wolken und des Regens betrieb (um entgegen der vorherrschenden rüden Mode einmal dezent auszudrücken, was zwei Leute unterschiedlichen Geschlechts machen, wenn sie auf dem Kang liegen!).
Das war beim Boxeraufstand, um die letzte Jahrhundertwende, gewesen. Wo hatte Bobby bloà dieses historische Instrument ausgegraben?
Er hielt sich nicht mit höflichen Floskeln auf. Und er zelebrierte genau das, was wir für einen solchen Fall vereinbart hatten, um das Spiel für Mià Hsu Kwan in einen Grad von Verwirrung zu treiben, dem sie nicht mehr gewachsen war.
Er wandte sich weder an sie noch an Chak Sam. Ãbersah sogar dessen Superflache. Er redete einigermaÃen drohend Jerome Blondel an: »HeiÃen Sie Blondel?«
»Ja, Sir«, gluckste Jerome. Er spielte ausreichend glaubwürdig den Ãberraschten. Ich hoffte nur, seine Ohrclips pieksten ihn nicht.
»Jerome?«
»Jerome, ja, Sir.«
»Reporter beim Island Guardian .«
»Sehr richtig, Sir.«
»Wir haben Fragen an Sie, Mister Blondel. Betrachten Sie sich als festgenommen.«
Er steckte die Polizeimarke weg, zog ein paar Handschellen vom Gürtel ab und rief in Richtung Tür: »Sergeant!«
Dort hinten erschien ein Uniformierter. Bobby hielt ihm die Handschellen hin: »Mitnehmen!«
Während der Polizist Blondel den Schmuck anlegte, wobei der Zeitungsmann auf die Unterlippe biÃ, um nicht laut herauszuplatzen, senkte Bobby den fürchterlichen SchieÃapparat und entschuldigte sich formvollendet mit einer Verbeugung vor Mià Hsu Kwan: »Es tut mir leid, Madame.«
Verbeugung in Richtung Chak Sam: »Ebenfalls, Sir!«
Und Verbeugung in meine Richtung: »Auch Sie, Sir, bitte ich zu entschuldigen, daà wir Ihren Kunstgenuà einen Augenblick störten. Der vorläufig Festgenommene wird gebraucht, um wichtige Aussagen über die Verstrickung von Unterweltorganisationen in zwei oder drei bisher ungeklärte Morde zu machen. Er schrieb im Island Guardian darüber, und wir vermuten, daà er mehr weiÃ, als er dort schrieb ... Nochmals bitte ich Sie, unser ungewöhnliches Vorgehen zu entschuldigen ...!«
Sein Abgang hinterlieà Mià Hsu Kwan und ihren dienstbaren Geist total verblüfft und mit offenen Mündern, während ich mich räusperte und die mehr als naiv klingende Bemerkung machte: »Ach ja, das war also der Mann, der darüber schrieb, daà man mich in Kowloon in einen Keller gesperrt hatte ...! Von wem er nur alle die Kenntnisse hat? Ãbrigens, Mià Hsu Kwan, ich wünsche einen guten Morgen, trotz der Aufregung ... eine hervorragende Ausstellung! Ich bin tief beeindruckt!«
Sie sah mich an, wie man eine Spinne an der Wand ansieht, wenn man nicht gerade Entemologe ist, sondern Besitzer des Bettes an der besagten Wand, unter der Spinne.
Ich konnte aus ihrem Gesicht den Zorn lesen. Sie begriff das Spiel nicht ganz, das hier lief, aber sie begriff wohl, daà sie das Objekt war, mit dem gespielt wurde. Und ihre kühle Beherrschung, die mich bei der ersten Begegnung so beeindruckt hatte, schien kalter Wut gewichen zu sein. Daà wir genau das zu bewerkstelligen gedacht hatten mit diesem Spiel â ob ihr das aufging, bevor wir endgültig gewonnen hatten?
Es muÃte sie aufregen, daà ich so tat, als wüÃte ich überhaupt nicht, worum es ging. Als wäre ich nicht in der Lage, das zu deuten, was mir da im Suzie Wong passiert war. Und als
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