Schwarze Blüte, sanfter Tod
zu uns kommen. Dort waren sie über Jahrzehnte nicht in der Lage gewesen, sich so recht zu betätigen. Hier bei uns hatten sie zwar Vertrauenspersonen, aber erst jetzt, nach der Eingemeindung ins Mutterland, ergeben sich die Chancen, alte Verbindungen neu zu knüpfen und grenzüberschreitende neue Geschäfte anzubahnen. Sie müssen wissen ...«
»Nein, muà ich nicht! Was habe ich damit zu tun?«
Ein naiver Mensch hätte allein aus der empörten Art, in der sie sprach, den Eindruck gewonnen, sie sei tief verletzt, schon weil man sie überhaupt in Verbindung mit gesetzeswidrigen Manipulationen brachte. Nur daà wir eben etwas mehr wuÃten. Und Blondel machte seine Sache hervorragend, als er etwas leiser fragte: »Mià Hsu Kwan, wir Zeitungsleute leben von Tips, die uns Leser geben, Hinweise, meist ohne Namen. Ich bitte Sie, das zu verstehen. Deshalb ergibt sich, weil wir auf die Wahrheit der Berichterstattung achten, für uns nicht selten die Notwendigkeit, nachzufragen. Dies ist ein solcher Fall ...«
»Kommen Sie zur Sache, bitte!«
Ich sah, wie plötzlich hinter Blondel, am hinteren Zugang zu diesem Ausstellungsraum, lautlos der forsche junge Mann aus der Empfangsetage erschien, Chak Sam. Er stellte sich, wie ich auch, hinter eine der Säulen und lieà den Blick nicht von seiner Chefin. Wartete allem Anschein nach auf ein Signal, einzugreifen. Mich hatte er nicht entdeckt.
Ich hoffte nur, daà er nicht mit einer SchuÃwaffe arbeitete, dann war Blondel verloren. Aber â dies war immerhin eine öffentlich zugängliche Galerie, jeden Augenblick konnte jemand hereinkommen, um sich Pol Pots Untaten in Ãl anzusehen. Wer ging da schon das Risiko ein, plötzlich eine Leiche liegen zu haben? Allerdings, Kurzschlüsse gab es überall. Wie die Dinge lagen, blieb mir also vorerst nichts als die Hoffnung, daà meine Rechnung aufging.
»Da würde ich Sie gern fragen, ob Sie einen Gastwirt in Kowloon kennen?« Blondel ahnte offenbar nichts von der neuen Gefahr.
»Ich kenne in ganz Hongkong mehrere Gastwirte.«
»Ich meine den, der den Fisch mit den drei Punkten auftätowiert trägt.«
Das brachte sie ein wenig aus dem Gleichgewicht. Aber sie fing sich wieder, obgleich es etwas länger als zuvor dauerte, bis sie antwortete. Sie sagte mit dem nicht ganz überzeugenden Versuch, gleichmütig zu erscheinen: »Wie könnte ich die Tätowierung eines mir unbekannten Mannes kennen?«
Ich bewunderte die Schauspielkunst Jerome Blondels. Mit ihm hatte der Island Guardian einen echten Fang gemacht. Aber auch jedes Theater hätte ihn gut und gern engagieren können. Er brachte es sogar fertig zu lächeln, als er charmant sagte: »Ich habe übrigens auch eine Tätowierung, Mylady!« Das klang, wie wenn ein Schuljunge seiner Freundin eröffnet, er hätte eine besonders rare Briefmarke in seiner Sammlung und würde ihr die gern zeigen. Wir hatten viel Zeit darauf verwandt, das Vorgehen auszutüfteln, was jetzt hier lief, und die Mühe schien nicht umsonst gewesen zu sein, denn als Blondel in diesem Augenblick den Ãrmel seines verrückt karierten Jacketts zurückstreifte und Mià Hsu Kwan seinen linken Unterarm zeigte, freundlich lächelnd, während sie mit eisiger Miene auf das blickte, was sie da sah, wurde deutlich, daà unsere Provokation ihr Ziel erreichte.
»Lao Hu«, sagte Blondel feierlich. Er tippte auf die Zeichnung eines Tigers, die er sich gemäà unserer Vereinbarung auf der Haut hatte anbringen lassen.
»Wir stehen unter dem Zeichen des stärksten aller Tiere. Und unser Prinzip ist das der San Ho Hui. Der drei Harmonien ...«
Er wies auf drei winzige Punkte, die sich in der Tigertätowierung befanden.
Daà die ganze Tätowierung nicht echt war, sondern aus einem Abdruck in Permanentfarbe bestand, den ein Spezialist für derlei Spielereien mit Hilfe einer Schablone aufgebracht hatte, erkannte Mià Hsu Kwan nicht.
Man konnte eine solche Pseudo-Tätowierung mit einer Tinktur, die der Künstler selbst vertrieb, in wenigen Minuten einfach wieder abwaschen. Das würde Blondel damit auch tun. Nachher. Vorerst nutzte er den Umstand, daà die Galerie-Dame die Dreifach harmonischen Tiger wohl nicht kannte. Er belehrte sie leutselig: »Wir haben unser Auslandszentrum übrigens in Paris. Belville. Waren Sie mal dort?«
»Ich frage Sie erneut, was ich
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