Schwarze Blüte, sanfter Tod
Arzt. Obwohl der doch damit öfters zu tun hatte als ich.
»Wer weië, meinte Bobby, »möglicherweise hat er Magengeschwüre.« Dann verschwand er für kurze Zeit in einem Dienstzimmer und kam mit einem Haftbefehl für Mià Hsu Kwan zurück, den er vor Tagen bereits hatte ausstellen lassen. Er habe, sagte er, nur noch mit dem Vollzug gewartet, bis er ganz sicher war, daà er keinen Fehler machte.
Wir lieÃen uns in einem dieser Etablissements in der Hollywood Road nieder, die während der Nachtstunden nicht schlossen. Nur daà der Barmann eben, wenn niemand mehr drin saÃ, hinter der Theke ein Stündchen döste, bis die Glocke am Eingang neue Kunden ankündigte.
Aus dem groÃen Fenster, das der StraÃe zu lag, hatten wir freies Blickfeld auf den Eingang des Hochhauses, in dem Mià Hsu Kwan ihre Galerie Opal betrieb.
Der Bartender servierte uns überraschend schnell einen Kaffee, der anständig gemacht war, nicht abgestanden, heiÃ, stark und bitter. Dazu gab es Gebäck, das sogar noch knusprig war, und als wir diese Errungenschaften der westlichen Zivilisation hinter uns hatten, störte mich zwar der Qualm von Bobbys Bastos , aber eigentlich war ich â besonders seitdem ich wuÃte, daà mein Honorar unterwegs war und die Chefin des Tongs der San Tien Hui vor der Festnahme stand, ziemlich mit dem Leben zufrieden, trotz der Brutalität, mit der ich aus dem Schlaf gerissen worden war, was mir immer ein Greuel ist, auch wenn ein Tong-Vollstrecker in seinem eigenen Blut den Anlaà dafür liefert. Ich konnte mich von der Sache langsam verabschieden: Wer Yueh Po-chai ermordet hatte, war aufgeklärt. Der Killer war tot. Die Frau, die ihn angestiftet, und die ihm wohl auch den von Yueh Po-chai erschlichenen Schlüssel geliefert hatte, würde Bobby in einer Stunde, wenn die Sonne aufgegangen war und die Polizei solche Dinge tun durfte, verhaften.
Der Tong-Vollstrecker hatte keine Chance mehr, noch jemandem zu schaden. Und aus seinem Versteck oben in Kowloon würde Bruder Yueh Lo-tsin, dieser smarte Jackie-Chan-Verschnitt, anreisen, um die Pacific Voice zu übernehmen. Er würde Mià Alma Tsao mitbringen, die auf Bobbys Veranlassung ebenfalls da oben Sicherheit genossen hatte. Rechtsanwalt Bu Yon würde bald das Krankenhaus verlassen können ... Ich sprach den Wunsch nicht aus, aber wenn es noch mehr Fälle dieser Art gab, würde ich sie gern übernehmen. Abgesehen von der Sache im Keller, gab es gefährlichere Aufträge!
»Ein schöner Witz wäre, wenn Dr. Bu Yon die Verteidigung der eleganten Dame Hsu Kwan übernähme!« Ich lachte über meinen eigenen Scherz, eine Fehlleistung, die mir nicht so oft unterlief, es muÃte wohl an dieser frühen Stunde liegen. Aber Bobby schmunzelte. Wenn es nicht der Qualm seiner Bastos war, der ihm in die Augen stieg. â
Und dann, als die auf der Hollywood Road entlangpreschenden Morgenautos die Scheinwerfer löschten, betraten wir die Empfangshalle des Luxusbaues gegenüber, die um diese Zeit wie ein Mausoleum ohne einen liegenden Helden wirkte.
Es hätte uns warnen sollen, daà der forsche Chak Sam nirgendwo zu sehen war. Hinter dem Auskunftstisch stand ein älterer Herr, der uns nur fragte, ob wir eine Verabredung mit Mià Hsu Kwan hätten. Als wir nickten, wies er uns den Weg, den wir auch ohne ihn gefunden hätten.
Mit dem Paternoster fuhren wir gleich zur siebzehnten Etage hoch. Ich war gespannt, wie Mià Hsu Kwan wohl wohnen würde. Ihre äuÃere Eleganz lieà vermuten, daà sie jedes einzelne Einrichtungsstück nach ihren eigenen Angaben hatte anfertigen lassen.
Die Tür war nicht verschlossen. Während ich mich zurückhielt, zog Bobby, als nach dem dritten Knopfdruck-Jaulen nichts passierte, seine archaische Pistole, von der er mir erzählt hatte, sie gehöre jetzt zu der neuen, vom Mutterland gelieferten Ausrüstung, aber er finde sie zur Abwechslung mal ganz brauchbar. Mit der freien Hand drückte er die Tür auf.
Nichts geschah. Kein Schrei, kein SchuÃ, nicht einmal der unwillige Ruf einer Dame, daà sie, zum Teufel, im Bad sei. Die Dame war einfach nicht da. Ãberhaupt nicht.
So früh schon in der Galerie, dachte ich, und dann noch die Wohnung unverschlossen â ist das jetzt in?
Aber ich sagte es nicht. Erst als wir die nicht einmal sonderlich mondäne Welt der Lady Hsu Kwan durchstreift
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