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Schwarze Blüte, sanfter Tod

Schwarze Blüte, sanfter Tod

Titel: Schwarze Blüte, sanfter Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Thürk
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erledigt zu haben, erkundigte ich mich zunächst nach dem Honorar. Und zog eine gute Nummer.
    Â»Es liegt schon da. Bin bloß noch nicht dazu gekommen, es dir zu überweisen.«
    Â»Wer zahlt da eigentlich?«
    Â»Mutterland«, brummte er. »Behörde für die Bekämpfung krimineller Vereinigungen.«
    Â»Muß ich es versteuern?«
    Â»Deshalb kriegst du es ja auch nicht auf die Hand, wie von irgendeinem Gauner, sondern ordnungsgemäß per Bankanweisung!«
    Er wartete meinen gehässigen Kommentar nicht ab, sondern fragte, während er den Wagen auf die Gloucester Road hinaus lenkte: »Hast du eine Ahnung, ob dieser Chao Yan Familie hatte?«
    Â»Hatte?«
    Â»Glaubst du, ich hole dich zu nachtschlafener Zeit aus dem Bett, nur um eine Spazierfahrt mit dir zu machen?«
    Â»Auch Polizisten haben manchmal romantische Anwandlungen«, sagte ich. »Aber – was ist denn nun wirklich los?«
    Â»Hatte der Kerl Familie oder nicht?«
    Â»Der Tanzschuppenboß? Keine Ahnung. Oder doch – eine Schwägerin ist da. Mexikanerin. Singt. Was ist mit ihm?«
    Â»Ich habe dich geholt, um es dir zu zeigen!« Er fuhr schneller. Es war die Zeit, in der wenig Verkehr herrschte. Meist Reinigungsfahrzeuge, Spritzwagen, Oberleitungsservice, Abfallsammler. Es ging in Richtung Polizeigefängnis. Aber Bobby sagte nicht, was so wichtig war, daß er mich dabei brauchte, er blies nur Bastos -Qualm in meine Richtung und ließ mich mit meinen Vermutungen allein.

    Der Zellentrakt, den ich noch einigermaßen aus meiner Dienstzeit kannte, war seltsam belebt. Für diese Nachtzeit außergewöhnlich. Ich behielt recht mit meiner düstersten Ahnung. Der Posten vor der Tür tippte an den Mützenrand und machte Bobby aufmerksam: »Arzt ist drin.«
    Der Patient war Chao Yan. Er lag in einer Blutlache. Der Arzt muffelte mürrisch einen Gruß. Seine Hände steckten in Gummihandschuhen. Blutig. Bobby hielt er ein Plastiktütchen mit einer der altmodischen Rasierklingen hin. Murmelte: »Und das vor dem Frühstück! Hat vorsichtshalber an beiden Handgelenken Einschnitte gemacht. Keine Fremdeinwirkung wahrscheinlich.«
    Â»Gute Nerven«, kommentierte Bobby.
    Der Arzt klärte ihn auf: »Wenn du mich fragst, der Mann hat nicht zum ersten Mal Blut gesehen. Und – der wollte unbedingt zu den Göttern. Auf sicher gehen.« Er war ein kleiner Mann mit Glatze und traurig hängendem Schnurrbart. Als Bobby fragte: »Wer war der letzte Besucher?«, antwortete einer der Beamten, die hinter uns standen: »Der Wärter. Kontrollierte zu Nachtbeginn. Nichts Besonderes aufgefallen.«
    Â»Ich meine Besucher von draußen.«
    Der Beamte hüstelte. Dann klärte er Bobby höflich auf: »Der Mann hatte keine Erlaubnis, Besuche zu empfangen. Lediglich einen Anwalt. Der war vor zwei Tagen da. Name im Büro.«
    Das wird nichts bringen, dachte ich. Anwälte sind wie Gummimännchen. Man kann ihnen eine Menge Beschuldigungen um die Ohren hauen, daß sie nur so zittern müßten, eigentlich. Tun sie aber nicht. Fragen nur immer wieder: »Beweise?«
    Auch Bobby wußte das natürlich. Er machte sich gar nicht erst die Mühe, den Namen des Anwalts festzustellen. Wer sich im Untersuchungsknast umbringen wollte, fand immer einen Weg dazu.
    Â»Hat wohl keine Chance mehr gesehen«, bemerkte ich, als wir wieder draußen waren.
    Bobby meinte: »Da hast du sicher recht. Bloß – so was macht man in seinen Kreisen nicht aus eigener Entscheidung. Da kriegt man einen Befehl ...«
    Im Falle von Chao Yan hieß das, die Chefin des Tongs hatte entschieden, daß es für ihn Zeit war, die Reisschüssel abzugeben.
    Bobby sah auf die Uhr. »Gehen wir was essen?«
    Ich warf einen letzten Blick auf die Schlafpritsche, wo Chao Yan in seinem Blute lag und zwei Sanitäter inzwischen versuchten, ihn auf eine Trage zu zerren, ohne allzuviel von dem roten Lebenssaft auf ihren Hosen zu verkleckern.
    Der Arzt, der Bobbys Aufforderung mitgehört hatte, verzog das Gesicht und sagte: »Danke!«, obwohl ihn Bobby gar nicht gemeint hatte. Ich fand, daß ein Frühstück das beste war, was einem um diese Zeit widerfahren konnte, zu der sich der Tag noch nicht mit dem ersten hellen Streifen am Osthorizont angekündigt hat. Deshalb stimmte ich Bobby zu.
    Vielleicht war ich auch gegen Blutlachen nur abgebrühter als der

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