Schwarze Blüte, sanfter Tod
Säle, in denen auf einem Podium Musik gemacht wurde und ringsherum Paare jeder Altersgruppe tanzten. Man ging in solch einen Bau, um einen einsamen Abend möglichst angenehm totzuschlagen, aber auch um eine Frau kennenzulernen. Es war nämlich für Frauen nicht unschicklich, allein in solch ein Etablissement zu gehen. Man sagt, daà eine Menge Leute aus so einem Schuppen die Frau fürs Leben abschleppten.
»Wie erkenne ich Herrn Bao An?«
Chuan riet mir: »Am Eingang, wo Sie das Ticket kaufen, sitzt ein Mann, der ihn kennt. Es gibt im Durstigen Fisch wenige Bedienstete, die Bao An nicht kennen. Man wird Sie zu seinem Stammplatz geleiten wie einen Ehrengast ...!«
Als ich Herrn Chuan versicherte, ich würde mich in seiner Schuld fühlen und wäre froh, wenn ich mich einmal für seine Freundlichkeit erkenntlich zeigen könnte, lachte er nur und versprach mir, wenn er wieder einmal in Hongkong sei, würde er sich von Bobby Hsiang und mir zu einem vergnügten Abend einladen lassen, ich möchte Bobby das jetzt schon ankündigen. Um den Rest solle ich mir keine Gedanken machen.
Ein Mann, der dem Bild, das wir Hongkonger so lange von unseren Landsleuten im groÃen Reich der Mitte gehabt hatten, eine neue Facette anfügte ...
Bevor ich zum Durstigen Fisch aufbrach, legte ich eine Stunde Schlaf im Hilton ein. Der Taxifahrer, der mich dann in die Ta Ming Lu brachte, schmunzelte, als ich ihm die Adresse sagte, und nach dem Grund befragt, verriet er mir, daà sein Sohn dort Saxophon spielte, in der Kapelle.
Der Lärm, den diese zwei Dutzend Musikanten veranstalteten, konnte es mit jeder Hongkonger Disco aufnehmen, auÃer daà die Musik noch mehr Melodie hatte als der technische Radau in den meisten unserer Etablissements. Altmodisches war keinesfalls immer unerträglich. Das wuÃte ich zwar, aber es war eben ganz gut, wenn man gelegentlich wieder einmal daran erinnert wurde. Jedenfalls kam mir die Horde Saxophonspieler, die da auf dem glitzernden Podest Sail along silvery Moon schmetterten, als wollten sie die Wolken vom Himmel blasen, wie eine Galatruppe in der Music Hall vor, bei einer Darbietung, der mindestens drei Angehörige der königlichen Familie beiwohnten.
Bao An, zu dessen Stammplatz mich eines der Mädchen führte, sah aus wie ein nicht ganz zu Ende gemachter Hippie in reifen Jahren mit seinem schulterlangen Haar und dem vielen Glitzerschmuck. Er war nicht mehr so jung wie seine Aufmachung es vermuten lieÃ, und schon nach den ersten Worten merkte ich, daà ich eben nicht einen dieser mit Flitter behängten Gecken vor mir hatte, sondern einen Mann, der gewissermaÃen eine Art Kriegsbemalung trug, die in seinem Job üblich und vielleicht erforderlich sein mochte.
»Ich bin Regisseur«, stellte er sich vor, orderte Shanghai-Bier, Erdnüsse, und wollte unbedingt wissen, ob ich in Hongkong beim Film arbeitete. Als ich ihm gestand, ich sei Detektiv, schien er ein biÃchen enttäuscht. Aber er faÃte sich schnell wieder.
»Bei der Polizei?«
»Privat.«
»Das ist gut«, sagte er bedächtig. »Die Polizei richtet sowieso mehr Unsinn an, als sie hilft!« Er prostete mir zu. Wir saÃen in gebührender Entfernung von der Kapelle. Konnten die sich einander nähernden Pärchen beobachten und uns dabei immerhin unterhalten, ohne schreien zu müssen.
Es war lustig, sich mit diesem Filmmann zu unterhalten. Anders als etwa Ai Wu war er der Typ, der seine eigene Arbeit mit einer gewissen Ironie sah und nicht als etwas empfand, das ihn von allen anderen Geschöpfen dieser Welt abhob.
Er kannte Ai Wu. Als ich von ihm zu sprechen begann, zeigte er Interesse. Hörte mir zu, ohne mich zu unterbrechen. Nahm nur gelegentlich einen Schluck Bier, knabberte Erdnüsse oder winkte jemandem zu, der ihn über Distanz begrüÃte. Er nickte nachdenklich, als ich meine Mitteilungen beendete.
»Stehen Sie ihm persönlich nahe?« wollte er wissen.
Ich verneinte das. »Er ist mein Klient, sonst nichts.«
Wieder nickte er. »Hat er denn in Hongkong eine Familie gegründet?«
Wahrheitsgemäà sagte ich ihm, daà Ai Wu allein lebte, gelegentlich wohl eine Freundin besuchte, mir im übrigen aber nicht als Familientyp vorkam.
Das veranlaÃte Bao An zu einem milden Lächeln. Und dann erfuhr ich, während die Musiker sich abmühten, Stimmung zu erzeugen, während hundert Pärchen auf
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