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Schwarze Blüte, sanfter Tod

Schwarze Blüte, sanfter Tod

Titel: Schwarze Blüte, sanfter Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Thürk
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Mutter, sobald die Gruppe Tienchao in Hongkong auftrat, darüber beriet, daß es höchste Zeit war, mit Wei Wen-tang offen über die Vergangenheit zu sprechen, zumal sie beschlossen hatten, zusammenzubleiben. Keng Do-lin hatte nämlich erfahren, was Yang Mou nicht wußte, vielleicht weil sie nie ins Kino ging und kein Fernsehen hatte, daß Ai Wu inzwischen auch in Hongkong gelandet war, beim Film. Und Keng Do-lin war dagegen, Ai Wu so einfach aus der Verantwortung für sein inzwischen zur Frau gewordenes Kind zu entlassen. Von ihm stammte die Idee, Ai Wu zu einer Vorstellung einzuladen, ihn mit Yang Mou zu konfrontieren und an seine Moral zu appellieren, damit er seiner erwachsenen Tochter gegenüber wenigstens bekannte, ihr Vater zu sein ... Nur daß die Sache schief ging. Yang Mou ertrug die Spannung nicht. Sie klappte auf der Bühne zusammen, noch bevor sie auch nur ein Wort mit Ai Wu gesprochen hatte.
    Â»Was dann kam, kennen Sie.«
    Â»Nicht alles«, wandte ich ein. »Da sind diese Ereignisse um Ai Wu – wer hat sein Haus angezündet? Wer kidnappte ihn? Und wer ... war da oben, über dem Reservoir, wo er zu Tode kam, mit ihm ...? Ich war dabei, das bis zum Ende aufzuklären, allerdings ist es jetzt, durch den Todesfall, Sache der Polizei geworden ...«
    Leise gab sie zurück: »Fragen Sie Keng Do-lin.«
    Â»Ich weiß, daß er diesen Killer engagiert hat. Aber warum? Haß?«
    Sie bewegte ratlos die Schultern. Die Augen füllten sich wieder mit Wasser, als sie leise wiederholte: »Fragen Sie Keng Do-lin ...«
    Was macht man, nachdem eine Frau einem eine solche Geschichte erzählt hat? Mir fiel nichts ein, was ich im Wagen von Wei Wen-tang noch tun könnte.
    Am besten ging ich jetzt. Aber es bestand die Gefahr, daß diese Wei Wen-tang, die mit ihrer so plötzlich lebendig gewordenen Vergangenheit haderte, etwas tat, was ich verhindern konnte, wenn ich bei ihr blieb ... oder?
    Sie schien meine Gedanken zu erraten, denn sie forderte mich nochmals auf: »Fragen Sie Keng Do-lin. Bitte. Sie müssen mit ihm reden ...«
    Ich konnte auf keinen Fall durchblicken lassen, daß da draußen im Zuschauerraum einer mit einem Haftbefehl in der Tasche saß, der Keng mitnehmen würde. Für lange Zeit wohl.
    Â»Kann ich im Augenblick etwas für Sie tun?« fragte ich vorsichtig.
    Sie lächelte. Dann gab sie, wieder als hätte sie meine Gedanken erraten, zurück: »Sie können mich allein lassen, jetzt. Ich hoffe, wir sehen uns wieder. Nachdem Sie das alles wissen ...«
    Ich beeilte mich, ihr zu versichern, daß ich selbstverständlich bald einmal wiederkommen würde, wobei mir unklar war, wie es mit dem Ensemble weitergehen konnte, nachdem Bobby nun den Chef mitnahm.
    Und dann bezwang ich mein Verlangen, ihr sanft über das Haar zu streichen, zum Trost. Ein Erbteil meines amerikanischen Vaters wohl. Die Chinesin Wei Wen-tang würde es als eine zu intime Geste empfinden. Deshalb winkte ich ihr auch nur von der Tür des Wagens noch einmal zu.
    Als ich mich neben Bobby niederließ, tobte auf der Bühne der Krieg der verfeindeten chinesischen Reiche.
    Auch ich kannte seit meiner Schülerzeit die Geschichte, die mir immer so spannend vorgekommen war wie ein englischer Gangsterroman, und die es bei uns in Hongkong sogar als Comic gab.
    Gerade sprang Dschugo Liang, im prächtigen Kostüm eines Generals, von Keng Do-lin souverän dargestellt, mit der Laute in der Hand auf die Stadtmauer von Hsitscheng und begann, ein Trinklied zum Saitenspiel zu schmettern, während ihm von unten immer wieder Becher mit Wein gereicht wurden, um den Eindruck zu erwecken, hier vergnüge sich ein siegessicherer Kommandeur angesichts der ahnungslos heranziehenden Gegner, weil er das Geheimnis kennt, wie sie gleich zu vernichten sind.
    Â»Ich kenne jetzt die ganze Geschichte«, flüsterte ich Bobby zu. »Sie spielt für mein beendetes Engagement keine Rolle mehr, aber du solltest sie kennen, weil du Keng Do-lin vor dir auf dem Stuhl haben wirst ...«
    Er wandte seinen Blick von der Bühne ab, als er zuhörte. Hatte er zuvor leicht belustigt dem Täuschungsmanöver des Generals zugeschaut, das der auf der Bühne abzog, wurde er nun zunehmend besorgter, während ich ihm mitteilte, was ich erfahren hatte.
    Keng Do-lin, auf der Stadtmauer von Hsitscheng herumtanzend, machte sich über die heranrückenden Truppen

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