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Schwarze Blüte, sanfter Tod

Schwarze Blüte, sanfter Tod

Titel: Schwarze Blüte, sanfter Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Thürk
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benötigte auch früher nie lange Erklärungen, er war ein cleverer Mann. Unverheiratet, einigermaßen gut aussehend und recht sparsam, weil er sich für die alten Tage eine Kneipe in den Kopf gesetzt hatte.
    Â»Schlag was vor«, verlangte er ohne lange Zusatzfragen.
    Ich bot ihm das Hibiskus an, die Burg meiner Mutter in Wanchai. Es war ohnehin Zeit, wieder einmal bei ihr hereinzuschauen. Nelson Quok schien das zu gefallen. Aber er wollte wissen: »Was hat denn deine alte Dame so auf der Speisekarte?«
    Â»Freund!« warnte ich ihn, »sag nie zu ihr ›alte Dame‹! Sie drischt dir ein Tablett über die Rübe! Es gibt im Hibiskus alles was die Magensäfte fließen läßt. Du kannst sogar australische Heuschrecken haben, geröstet, mit Pistazien garniert. Oder Affenhoden in holländischer Sauce ...«
    Â»War schön, wieder mal von dir zu hören!« Ich hatte seinen Nerv getroffen, Nello war ein konservativer Esser, der exotische Ausflüge nicht so sehr schätzte. Am liebsten muffelte er zu unserer gemeinsamen Zeit McDonald-Fritten an der Bude. Schnell besänftigte ich ihn: »Komm, komm, Junge, meine Mutter kocht dir auch ein Irish Stew, wenn du darauf bestehst! Um sechs?«
    Ob er sich denken konnte, was ich von ihm wollte? Denn nur um unsere alte Freundschaft aufzufrischen, würde ich ihn nicht einladen, so einfältig war er nicht, das anzunehmen. Bobby Hsiang, bei der gleichen Behörde, mit dem ich öfters einmal zu tun habe, offenbart beispielsweise ein phänomenales Gespür, was das angeht: Er überrascht mich immer wieder damit, daß er mir sogar voraussagt, weshalb ich ihn treffen will, noch bevor ich hervorgedruckst habe, um was es mir geht.
    Â»Also um sechs!« quittierte Nello schließlich mein Angebot. Ich war erleichtert.
    Mit knapper Not schaffte ich es durch den Tunnel von Kowloon nach Victoria hinüber, bevor der Abendverkehr so richtig anlief. Am Excelsior bekam ich sogar einen Parkplatz, und als ob mein Glück nicht abreißen wollte, hatte Pipi eine Laune wie an einem Feiertag – Edward Toole, der Manager von Happy Valley , ein alter Stammgast des Hotels, hatte ihr vor einer halben Stunde aus Freude über ein schnell von ihr herbeizitiertes Taxi eine Halbjahreskarte für sämtliche Pferderennen geschenkt.
    Â»Zwei Personen!« Sie strahlte mich an. Toole, damit keine Mißverständnisse aufkommen, hatte den Lenz seines Lebens etwa fünfzig Jahre hinter sich, war also in zumindest einer Hinsicht jungen Damen gegenüber unverdächtig.
    Ich erkundigte mich vorsichtig, wann meine unersetzliche Freundin Feierabend machen könne, und – ein Glückstag eben – sie winkte einer Kollegin, die sich abseits mit einer Lady unterhielt. Griff unter die Rezeptionstheke nach ihrer Umhängetasche, und noch bevor mir etwas Gescheites einfiel, war sie in die Garderobe geflitzt, um Farbe aufzulegen.
    Ihre Ablöserin nahm ihren Platz ein. Lächelte mich an: »Pläne für den Abend, Mister Lim Tok?«
    Â»Berge davon!« konnte ich gerade noch sagen, da flitzte Pipi schon herbei. Ich griff ins Jackett. Holte den Packen Dollars hervor und ließ sie einen Blick darauf werfen.
    Wie die junge Afro-Dame am Ausgang der Bank vorhin, machte sie: »Wow!« Schien sich um eine Mode zu handeln.
    Nach einer Weile, während wir zum Parkplatz gingen, neckte sie mich: »Hast einen Maharadscha erschlagen?«
    Â»Seinen Buchhalter«, gab ich im gleichen Tonfall zurück. Sogar der Toyota schien guter Laune zu sein, er sprang ohne die zuweilen nötige Leierei sofort an.
    Meine Mutter ist eine seelengute Frau. Nur daß ich nicht mehr Polizist bin, ärgert sie gelegentlich immer noch. Aber wenn ich Pipi mitbringe, ist sie wunschlos glücklich. Mit ihr versteht sie sich so gut, daß sie mich ständig ankratzt, weshalb ich sie nicht endlich offiziell heirate.
    Diesmal fiel das aus, denn Nello war inzwischen eingetroffen. Mutter hatte ihn an einen Tisch in einer Nische plaziert und ein schwarzes englisches Bier vor ihn hingestellt. Daß sie damit genau seinen Geschmack traf, ahnte sie nicht. Nello war ein Bier-Freak, besonders wenn es sich um Ale handelte.
    Pipi winkte mir zu: »Mach mal mit deinem Untersheriff, ich habe was mit Mutter zu bereden ...«
    Der Herrscher über die vermißten Personen trug die Haare etwas kürzer als früher. Sah gut genährt aus, machte aber

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